Sicher surfen lernen

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Über die Notwendigkeit pädagogischer Begleitung von Kindern im Internet.

Bis Mitte der neunziger Jahre galt das Internet noch als Medium für Erwachsene. Als das World Wide Web schließlich auch in Familien und Schulen Einzug hielt und auch die Kinder es für sich entdeckten, wurde der Ruf nach Schutzmaßnahmen vor jugendgefährdenden Internetseiten immer lauter. Zu Recht, wie eine Umfrage im Rahmen des Internet-Aktionsplanes der EU im Dezember 2001 ergeben hat: Ein Drittel der 673 befragten Kinder aus Österreich gab demnach an, schon gewalttätige Webseiten gefunden zu haben. Neben gewalthaltigen Seiten können auch Glückspiele oder pornographische Inhalte verstörend wirken.

Um die Gefahren für Kinder im Internet zu reduzieren, werden seit 1995 entsprechende Filter-Schutzprogramme entwickelt, die den Kindern den Zugang zu gefährlichen Seiten blockieren sollen. Neben dem Konzept des "Page-Labelings" nach dem PICS-System (Platform for Internet Content Selection), bei dem die Seiten von den Anbietern selbst nach bestimmten Kriterien klassifiziert werden, oder dem "Keyword-Blocking", das die Adressen nach ausgewählten verbotenen Wörtern sperrt, nutzt das Konzept des "Site-Blocking" zum Filtern eine Liste mit unerlaubten Netzadressen, die das Kind nicht öffnen kann. Die Filterprogramme haben aber auch ihre Tücken: Aufgrund des immens schnellen Wachstums des Internetangebots gestaltet sich vor allem die Erstellung und Pflege der Blocking-Liste als sehr aufwendig.

Bei den aktuellen Zuwachsraten im Internet von 20 Prozent monatlich müssten 10 bis 20 Millionen Seiten gesichtet und klassifiziert werden. Zudem können sich die Eltern mit einem Filter am Familien-PC auch selbst stark behindern, wenn sie immer wieder das Passwort eingeben müssen.

"Ich gehe mit den Kindern ja auch in die Kinderbuchabteilung und nicht in die Nationalbibliothek": Für Ingrid Geretschläger, Mitarbeiterin bei der Medienpädagogischen Beratungsstelle an der niederösterreichischen Landesakademie , ist pädagogische Begleitung der Kinder im Internet unabdingbar. Filtersysteme allein machen nämlich aus dem Internet noch lange keinen kindersicheren Raum. Ein bewusster und sicherer Umgang mit dem Internet muss in der Familie und parallel dazu in der Schule erlernt werden.

Geretschläger hält als Medienpädagogin den Zeitpunkt für eine vernünftige Auseinandersetzung mit dem Internet dann für sinnvoll, wenn im Alltag der Familie bereits ein PC vorhanden ist und das Kind daran Interesse zeigt. Ihr Tipp zum Einstieg: "Eine gute Möglichkeit ist, sich selbst ein Kinderportal zu schaffen, indem das Kind über seine Lieblingsseite einsteigt und gar nicht auf die Idee kommt, nach etwas anderem zu suchen. Bei Problemen gibt es immer noch den Filter."

Ahnungslose Eltern

Die Medienpädagogische Beratungsstelle in St.Pölten hat in einer Sozialforschungsstudie vom Juni 2001 fast tausend 8- bis 15-jährige Schüler und deren Eltern zur Internetnutzung befragt. Das Ergebnis, das soeben veröffentlicht wurde, zeigt, dass die niederösterreichischen Haushalte zu fast 90 Prozent mit Computern ausgestattet sind, fast jeder zweite hat auch schon Internet. In Computerhaushalten verdrängen das Internetsurfen und Computerspielen sogar das Fernsehen vom Platz eins der beliebtesten Freizeitbeschäftigungen.

Besonders frappierend am Untersuchungsergebnis ist, dass die Eltern im Gegensatz zur eigenen Einschätzung nur "im Wesentlichen" oder gar nicht darüber Bescheid wissen, was ihre Kinder im Internet machen. Ein weiteres Problem für die Eltern ist die Verweildauer der Kinder vor dem Bildschirm.

Bei der Frage nach den elterlichen Computerkompetenzen zeigt sich, dass vor allem die Mütter weniger Ahnung vom Internet haben als die Kinder. 67 Prozent von ihnen stuften ihre Computerfertigkeiten als schlecht ein. "Besonders die Mütter müssen geschult werden, damit sie die Kinder beim Umgang mit dem Internet begleiten können", weiß Geretschläger. "Ab März wird es in fünf niederösterreichischen Städten spezielle Computer- und Internetkurse für Mütter geben, um dieses Manko zu beseitigen."

Bewussteinsbildung beginnt schon in der Schule: Fortbildungen für Kindergärtnerinnen und Lehrern, sowie Diskussionen bei Elternabenden über die Gefahren und Chancen des Internets gehören zur medienpädagogischen Praxis. Das CISA (Consumer Internet Safety Awareness-Förderungsprogramm der EU) setzt sich auch dafür ein, Sicherheitstipps zu verbreiten und Kindern mit altersspezifischen Internetangeboten vertraut zu machen.

Im Rahmen dieses EU-Projekts hatten die 6- bis 12-Jährigen während der Semesterferien bei der "Sicher Surfen Woche" in Niederösterreich die Möglichkeit, spielerisch ihre Internetkenntnisse unter Beweis zu stellen. "Internetfitte Kinder kennen die ihrem Alter entsprechenden Kinderseiten und wissen, wie sie sich gegenüber Internetbekanntschaften verhalten sollen", weiß Geretschläger: "In Kürze wird außerdem "Safer Kids Online", ein 64-seitiger Elternratgeber herauskommen."

Dann steht dem sicheren Surfen nichts mehr im Weg.

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