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Dornröschen auf dem See
Höhepunkt d.er heurigen Bregenzer Festspiele und eine der schönsten Leistungen, die man jemals auf dem nächtlichen Bodensee bewundern konnte, war „Dornröschen” von Peter Iljitsch Tschai- kowsky. Hier offenbarte der dunkle See mit den Lichtern von Lindau und auf dem Pfänder im Hintergrund die ganze Vielfalt seines Zaubers, die von der Regie Wazlaw Orlikowskys und dem Bühnenbild von Walter Hoeßlin mit einem unvergleichlichen Geschick eingefangen wurde. Das waren zwei Stunden im Märchenland, gesteigert durch die zarte, von Franz Bauer-Theußl dirigierte Musik der Wiener Symphoniker und durch die in allem Aufwand niemals die Diskretion durchbrechende Bildwirkung. — Es war eine Glanzidee, den Teil des Strandbades mit der großen Trauerweide in die Handlung einzubeziehen und die Jagdszene auf das Festland zu verlegen. So gab es Beifallsstürme, die am See ungewohnt sind. — Christi Zimmerl als Fliederfee und Edeltraud Brgxner als Prinzessin wirkten flrie .Gesjąlteiį, aus deqt Mwheflland. Die Figuren aus der Sagenwelt, tyie der Georodėl ließen für geraume Zejft die Wirklichkeit vergessen. Die drei Iwans sorgten mit ihrer Komik für die notwendige Auflockerung. So offenbarte dieser wundervolle Abend die Möglichkeit der Seebühne, höchste Bild- und Klangwirkung zu einer optisch-akustischen Symphonie zu vereinen.
Dem „Anatol” des Wiener Burgtheaters sah man mit einiger Besorgnis entgegen, doch glitt die Darstellung über das Fragwürdige des Stoffes elegant hinweg — Paula Wessely und Käthe Gold wurden auf offener Szene begrüßt; leider schenkten sie nur der Premiere die Ehre ihres Mitwirkens. Robert Lindner als Anatol vergaß ein wenig, daß er in den fünf Rückblendungen um 20 Jahre jünger sein soll als im „Epilog als Prolog”. Gut gelang ihm der Kontrast zwischen der eigenen Schwärmerei und der Skepsis seines Alter Ego, des Max (Wolf Albach-Retty), eines ungläubigen Thomas gegenüber der Weiblichkeit. Die „Episode” wirkte durch ihre Drastik und Unmittelbarkeit. Erfreulich war auch das Wiedersehen mit Richard F.ybner als Kellner und Hausdiener. Das Milieu einer gewissen leicht vertrottelten Wiener Schicht um 1890 war glaubhaft. Je weiter die Weltgeschichte vom alten Österreich abrückt, desto sympathischer wird dieses scheinbar…
Mit der „Cenerentola” von Gioacchino Rossini beschlossen die heurigen Bregenzer Festspiele die Reihe ihrer Premieren. Und schon rüstet Direktor Ernst Bär für das kleine Jubiläum des Jahres 1965, wenn die Bregenzer Festspiele zum 20. Male in Szene gehen.
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