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Einmal im Jahr...

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Einmal im Jahr hält der Film auf seltsame Art Gewissenserforschung: es sind die „Reprisen“ der Sommerzeit, von der Industrie wohl nur als Kunststopferei an dem saisonmäßig stark durchlöcherten Programm gedacht, vom Publikum aber immer mehr als Bilanz der letzten Jahre und Jahrzehnte empfunden.

Es ist ein gefährliches Experiment, doppelt gefährlich in diesen Tagen, da sich eben eine wohl ziffernmäßig überreich beschickte, hinsichtlich der Güte der Filme aber eine Saison von beispielloser Ramschhaftigkeit neigt. Denn in solcher Situation verwandelt sich die Parade von Spitzenfilmen aus den dreißiger Jahren wie von selbst zu einer vernichtenden Anklage gegen die künstlerische Ausleerung des Films in den letzten zwanzig Jahren. Und es wird erschütternd klar: wir haben in dieser Zeit gelernt, rascher und billiger Filme herzustellen, wir haben auch frisch gewaschene und geschneuzte Farben hineingerührt, wir haben auch noch ein Beträchtliches darin zugelernt, wie man auch im Film Völker und Nationen verächtlich machen, ja einander hassen lehren kann — aber Werke von einer solchen künstlerischen Erlebnis- und Formkraft, von einer solchen filmischen Dichte und Poesie wie die „Dreigroschenoper“ (trotz allen geistigen Vorbehalten) und „Traumulus“ (um nur zwei der hervorragendsten aus der letzten Zeit zu nennen), hat das Cowboy-, Perversions- und Haßtendenzzeitalter unserer Tage nicht mehr zustande gebracht. Und das sowohl im Gesamtwerk wie auch ausnahmslos auf allen Linien des filmischen Details: der Kamera wie der Schauspielkunst, des Dialogs wie der MusJk. Leistet sich dazu da6 Programm noch so blutige Witze wie: fast gleichzeitig den „Traumulus“ und ein Nachkriegslustspiel desselben Regisseurs zu zeigen, dann ist das Debakel offensichtlich: einmal schlugen Löwenklauen zu, heute scharren Hahnenfüße auf dem gackernden Hof. Und das muß gesagt werden — wenigstens einmal im Jahr ...

F i 1 m s c h a u (Gutachten der Katholischen Filmkommission für Osterreich), Nr. 24 vom 12. Juni 1951: II (für alle zulässig): „Des Teufels Pilot“, „Wenn Junge sich verlieben“; III (für Erwachsene und reifere Jugend): „Traumulus“, „Der Fünfminutenvater“; IV (für Erwachsene): „Maffia“; IVa (für Erwachsene mit Vorbehalt): „Fünf unter Verdacht“, „Tanger, die Stadt der sieben Sünden“, „Die Teufelsfratze“; IVb (für Erwachsene mit ernstem Vorbehalt): „Der Täter meldet sich“; V (abzuraten): „Die Goldräuber von Tromb-stone“.

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