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Dicke Luft aus dem Osten

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Oberösterreich ist mit vielfältigen grenzüberschreitenden ökologischen Problemen konfrontiert, weil es sowohl geograf isch als auch wirtschaftspolitisch ein „offenes“ Land ist. Neben den vor Ort zu lösenden Umweltproblemen, wie beispielsweise die Sanierung der Altlasten oder die Gewässerreinhaltung, sind es zunehmend die globalen Gefahren, die uns zeigen, daß ökologische Gefahrenpotentiale heute mehr denn je in grenzüberschreitenden Programmen gelöst werden müssen. Das Bundesland Oberösterreich versucht deshalb im direkten Kontakt mit seinen Nachbarn Lösungswege aufzuzeigen, wobei hier insbesondere Bayern und Südböhmen Gesprächspartner sind.

Das am längsten bekannte grenzüberschreitende Umweltproblem Oberösterreichs sind die Fern Verfrachtungen von Luftschadstoffen aus der CSSR, Polen, der DDR und der Bundesrepublik. Es sind hier insbesondere die hohen Schwefeldioxidanteile, die aus den kalorischen Kraftwerken dieser Länder stammen und die aufgrund der zumeist vorherrschenden Nord-West-Wetterlage nach Oberösterreich eindringen. Der Nachweis dieser Fernverfrachtungen erfolgte in den Luftmeßstellen in ausgesprochenen Reinluftgebieten, die beispielsweise im nördlichen Mühlviertel aufgestellt wurden und wo bei bestimmten Wetterlagen relativ hohe Werte gemessen wurden.

Emissionsprobleme müssen an ihrer Quelle gelöst werden. Dabei sind die weitestmögliche Vermeidung sowie die bestmögliche Reinigung von Abgasen auf der Grundlage länderübergreifender einheitlicher Rechtsnormen und Schadstoffgrenzwerte herbeizuführen. Viele Länder verfügen jedoch noch nicht über jene hochentwickelten Umwelttechnologien, die eine Ausbreitung von Schadstoffen schon an der Quelle erfolgreich verhindern. Hier sollten technisch und wirtschaftlich hochentwickelte Staaten die Initiative ergreifen, ob nicht gerade sie ihre Umweltschutztechnologie jenen weniger weit fortgeschrittenen Ländern zu günstigsten Bedingungen zur Verfügung stellen sollten. Dies könnte, insgesamt betrachtet, billiger sein, als die Sanierung der sonst entstehenden Umweltschäden. Oberösterreich, das gerade auf dem Gebiet der Luftreinhaltimg besondere Erf ahrungen und auch Herzeigprojekte besitzt, hat dieses Angebot seinen nördlichen Nachbarn unterbreitet. In diesem Zusammenhang muß auch auf eine Verbesserung gegenseitiger Informations- und Kontrollmöglichkeiten eingegangen werden, was Oberösterreich sowohl gegenüber dem Freistaat Bayern bei der geplanten Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf, als auch gegenüber der CSSR beim Atomkraftwerk Temelin vehement forderte.

Ein für Oberösterreich relativ neues grenzüberschreitendes Umweltproblem ist der Transitverkehr. Dieses Problem wird man, international gesehen, nur mit einem gesamteuropäischen Verkehrskonzept lösen können, das einerseits weiterhin die sinnvolle Mobilität für Personen und Güter ermöglicht, andererseits aber auch die Bedürfnisse der betroffenen Bevölkerung nach gesunden Lebensbedingungen respektiert.

Ein als selbstverständlich erachteter Anspruch auf die unbeschränkte Benützung der Umwelt anderer Länder für Verkehrszwecke ist sicherlich zurückzuweisen. Andererseits darf es bei der Entwicklung des europäischen Verkehrsnetzes auch nicht dazu kommen, daß einzelne Staaten oder Bundesländer auf Kosten anderer jede Belastung durch Transitverkehr zurückweisen und damit einen verstärkten Umweg-Transit durch Nachbarländer bewirken. Oberösterreich, das mit seiner Innkreis- und Pyhrnrou-te ebenfalls eine internationale Transitstrecke besitzt, sieht vor allem im Ausbau der Bahnstrecken einen ersten notwendigen Schritt zur Verringerung dieser Umweltbelastungen. Die Landesregierung hat sich deshalb auch sowohl für den Ausbau der Autobahn, als auch für den gleichzeitigen Ausbau der Pyhrnbahnstrecke ausgesprochen.

Eine nicht unbeträchtliche Verlagerung insbesondere des Güterverkehrs wird darüber hinaus mit der Inbetriebnahme des Rhein-Main-Donaukanals eintreten.

Ein grenzüberschreitendes Umweltproblem ist auch der Mülltourismus. Aufgrund derzeit noch fehlender geeigneter Entsorgungseinrichtungen muß Oberösterreich verschiedene Sonderabfälle ins Ausland exportieren, was jedoch vom Standpunkt des Verursacherprinzips unbefriedigend ist und darüber hinaus auch große Unsicherheiten beinhaltet. Völlig abzulehnen ist ein Abschieben von Abfällen in Länder, die über keine ordnunsgemäßen Behandlungsund Entsorgungseinrichtungen verfügen. Eine verstärkte internationale Überwachung der Abfallströme sowie die bevorzugte umweltgerechte Behandlung von Abfällen nach dem Verursacherprinzip am Entstehungsort sind daher notwendig.

Die Grundproblematik grenzüberschreitender Umweltpolitik besteht wohl darin, daß alle Maßnahmen nur auf Basis einer freiwilligen Kooperation der einzelnen Länder erfolgen können. Dadurch sind internationale Umweltschutzabkommen oft nur Kompromißlösungen, die in manchen Fällen eher die volkswirtschaftliche Interes-senslage der Vertragspartner als ökologische Notwendigkeiten widerspiegeln.Die Umweltschutzpolitik des Landes Oberösterreich zielt darauf ab, im eigenen Bereich für ökologisch gerechtes Verhalten zu sorgen. Es gilt das Motto: Wer vor der eigenen Türe kehrt, hat auch das Recht, Umweltbelastungen jenseits der Grenzen aufzuzeigen.

Der Autor ist Landesrat für Umweltfragen in Linz

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