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Eine Woche der Fragezeichen
Die Vorwoche geht als eine der innenpolitischen Wende in die österreichische Nachkriegsgeschichte ein. Allerdings sind die eingeleiteten Entwicklungen noch zu unausgereift, um eine klare Analyse, geschweige denn eine zuverlässige Prognose zu ermöglichen. Doch auch jenseits dessen, was man für wünschenswert und wahrscheinlich hält, lassen sich Fragen auflisten, auf die erst die kommenden Tage, Wochen und Monate verläßliche Antworten geben werden.
Angesichts der Erklärung von Bundespräsident Kurt Waldheim, nicht mehr zu kandidieren, erhebt sich die Frage, ob sich in der gegenwärtigen prekären innen- und außenpolitischen Situation die Vernunft durchsetzen und zur Aufstellung eines gemeinsamen Kandidaten der beiden Großparteien führen wird. Oder ob es zu einer Polarisierung zwischen den Koalitionsparteien kommt, die zur Staatsräson kontraproduktiv wäre. Auch die Frage, ob ein gemeinsamer Kandidat im Hinblick auf ein mögliches Antreten Jörg Haiders erst recht oder weniger empfehlenswert wäre, muß sich stellen.
Das führt zu weiteren Fragezeichen in bezug auf den FPÖ-Parteiobmann und seine politische Zukunft. Kann und soll der Mißtrauensantrag, der den Landeshauptmann Jörg Haider traf, auch einen von der FPÖ nominierten Landeshauptmann-Stellvertreter treffen oder würde eine solche Wiederholung nicht den Verdacht nähren, ein demokratisches Instrumentarium zu mißbrauchen? Läßt sich der Aufstieg Haiders, den die Koalitionsparteien mit Recht fürchten, am besten dadurch stoppen, daß er in Kärnten bleibt, oder dadurch, daß man ihn nach Wien ablenkt?
Schließlich gibt auch noch die Burgenlandwahl Fragen auf, die einer Antwort harren. Werden sich ÖVP und FPÖ, trotz aller Distanzierungen, zur Installierung eines nicht-sozialistischen Landeshauptmannes verbünden oder wird die SPÖ durch Nominierung eines anderen Kandidaten den anderen Parteien die Möglichkeit geben, der stärksten Partei das einzuräumen, was ihr gewohnheitsrechtlich zusteht?
Die Beantwortung dieser und anderer Fragen hängt wiederum mit der offenen Entscheidung in bezug auf den neuen Obmann der ÖVP zusammen. Denn ein neuer Obmann ist sehr wohl in der Lage, in allen genannten Fragen Weichen zu stellen und Vorgaben zu machen.
Jedenfalls ist für Spannung gesorgt, die Innenpolitik ist in Bewegung geraten. Es bleibt nur zu hoffen, daß die Bewegung kein Leerlauf, sondern eine schöpferische Entwicklung nach vom und zu gemeinsamen Lösungen werden wird.
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