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Grüne Zäune

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Als Baugewerkschaftsboß Roman Rautner im Herbst 1981 angesichts einer drohenden Winterarbeitslosigkeit verlauten ließ:

„Unsere Geduld ist zu Ende. Wir werden die Mehrheit der Bevölkerung mobilisieren und die Grünen von Mann zu Mann stellen — mit aller Konsequenz“, da lag urplötzlich die Gefahr von Barrikadenkämpfen in der Luft.

Angeheizt wurde die bisher eher unter der Oberfläche schwelende Kontroverse noch durch einige polemische Artikel in der „Solidarität“, wo zum Beispiel Günther Welser die Umweltschützer als „apokalyptische Geisterreiter“ apostrophierte.

Die Möglichkeit von rollenden Lastwagen, aus denen „Vertreter einer von den Gewerkschaften mobilisierten Mehrheit herausspringen, die zufällig irgendwelche zum Mann-Stellen geeignete Gegenstände in der Hand halten, um irgendwelchen Grünen zu zeigen, was eine Harke ist — mit aller Konsequenz“ (Jörg Mauthe) schien mit einem Mal greifbar nahe.

Trotzdem ist es zu keinem Pogrom gekommen — auch wenn manche Gewerkschaftsfunktionäre versucht haben, die Umweltschützer als grüne Sündenböcke anzuprangern und wortgewaltig niederzuknüppeln. Unsere Demokratie hat auch dieses verbale Spiel mit dem Feuer ausgehalten.

Statt Barrikaden haben der ÖGB und der österreichische Arbeiterkammertag ein „Institut für Wirtschaft und Umwelt“ errichtet. Als „Damm gegen die grüne Flut“? Adolf Czettel, Präsident des Arbeiterkammertags, hat das verneint. In einem Interview meinte er: „Analysen müssen ruhig und sachlich vorgenommen werden, und das Ergebnis dieser Analysen muß dann Grundlage der weiteren Entwicklung sein. Dabei darf es nicht zu Barrikadenkämpfen kommen.“ Das war eine deutliche Absage an die Radikalinskis in den eigenen Reihen.

In der Zwischenzeit schreibt auch die „Solidarität“ bereits von „Grünen Zäunen“, die gegen die Arbeitslosigkeit aufgestellt werden müssen. Denn das Argument vom „Jobkiller Umweltschutz“ zieht heute nicht mehr. Das US- Department of Commerce gelangt etwa in seinen Erhebungen zu dem Schluß, daß Betriebsschließungen, die angeblich aufgrund von Umweltschutzauflagen durchgeführt werden mußten, zu annähernd 80 Prozent nicht im Umweltschutz ihre Ursache haben. Diese Betriebe wären über kurz oder lang an ihren Strukturschwächen gescheitert.

Für Österreich kommt die vom Gesundheitsministerium in Auftrag gegebene Studie „Umweltschutz und Beschäftigung“ zu dem Schluß, daß in der Alpenrepublik durch den Umweltschutz jährlich 25.000 bis 30.000 Arbeitsplätze erhalten bzw. neu geschaffen werden können.

Die Gewerkschaften, deren Sorge um die Arbeitsplätze durchaus legitim und verständlich ist, werden also umdenken müssen. Und sie werden gut beraten sein, die anstehenden Probleme nicht „Mann für Mann“ zu lösen.

Wie schrieb Günther Nenning, Präsident der Journalistengewerkschaft, so schön: „Die Grünen, die den Politikern ständig lästig fallen mit ihrer Kritik, sollten eigentlich sämtliche Orden umgehängt kriegen. Die Grünfront quer durch alle Parteien muß für unsere Demokratie tätig werden, auch wenn die Politiker nichts begreifen.“

Der Autor ist Chefredakteur der Zeitschrift „Umweltschutz“.

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