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Bitte um eine Handvoll Reis
Ein bittere Pille verabreichre der indische Botschaften in Bonn seinen Gastgebern. Däs dieser Tage -vierj öffentlichte Jahrbuch „Indien 1961“ enthält einen Abschiedsartikel des : Botschafters Badrud -din Tyabji, der 1 nach zweieinhalbjähriger Tätigkeit in Bonn nunmehr in das indische : Außenministerium zurückberufen wor- 1 den ist. Sein „Testament“ ist nicht ' sehr schmeichelhaft. „Die Deutschen sind“ — so steht's darin zu lesen — „im großen und ganzen von einer bemerkenswerten T eilnahmslosigkeit oder, vielleicht besser, Trägheit Fast sieht es so aus, als sei Deutsch- 1 land noch immer nicht über das Ge- : fühl hinaus, ihm müsse geholfen wer- , den, anstatt daran zu denken, daß es . seinerseits nunmehr anderen Ländern helfenmußr traf men .„..Wie ist,. es;.-gp erklären,daß.:) der grÖß'te“Nutzhießef''des1 Mafshäff-' Planes, nunmehr in vollem Genuß eines noch nie dagewesenen wirtschaftlichen Wiederaufstiegs, es verabsäumt, die Führung zu übernehmen bei der Ausarbeitung eines ähnlichen Planes zur Beseitigung der entsetzlichen Armut in Ländern wie Indien, die nach dem Krieg freiwillig auf ihre Reparationsansprüche Deutschland gegenüber verzichteten, weil sie die damals dort herrschende Not für größer hielten als ihre eigene, obwohl der durchschnittliche Lebensmittelverbrauch in Deutschland selbst zu dieser Zeit höher war als das, was dem indischen Bauern im günstigsten Fall zur Verfügung steht? Ich bin der Meinung, es handelt sich hier um die Nachwirkungen einer düsteren Vergangenheit oder eines Angsttraumes, aus dem das deutsche Volk noch nicht ganz erwacht ist um ruhig schlafen zu können, ohne die Furcht, daß morgen bereits die Scharen der Hungrigen
und Besitzlosen Feuer und Schwefel über die Erde ausgießen könnten — möchte ich vorschlagen: daß die Deutschen nun, da sie ihren eigenen Garten nach Herzenslust bestellt haben, ihre Aufmerksamkeit darauf richten sollten, wie eigentlich die Winde außerhalb Deutschlands wehen “
Nun, der Vorwurf betrifft gewiß nicht die christlichen Kirchen, die nicht aus Angst, sondern aus christlicher Verpflichtung, aus dem Gebot ihres Glaubens heraus, große, erfolgreiche Aktionen gegen den Hunger in der Welt unternommen haben. Aber er betrifft ganz gewiß die Millionen Lauwarmen, die sich in ihrer Wunderwelt abschließen.
Der Vorwurf geht auch den Durchschnittsösterreicher an. Die Seelenlage ist hier ähnlich. Immer wieder fallen auch bei uns Sattheit, Trägheit und nicht zuletzt auch Ressentiments jenen Einsichtigen in die Arme, die das Gebot der Stunde erkannt und aus unserem Überfluß anderen, Hungernden und Verzweifelten, geben wollen.
Scharf geschossen
Für die kommenden Monate hat die sowjetzonale „Gesellschaft für Sport und Technik" (GST) vom SED-Zentralkomitee die Planauflage erhalten, hunderttausend Jungen und Mädchen zu Scharfschützen auszubilden. „Wir brauchen 1961 nicht tausende, wir brauchen 100.000 Scharfschützen“, appellierte der GST-Vorsitzende, Polizeigeneral Richard Stainer, an die Zonenjugend. „Dieser Sport ist nicht nur schön“, so offenbarte er, „sondern hat vor allem auch für die Verteidigung unserer Arbeiter- und Bauernmacht große Bedeutung.“
Die Forderung verstärkter vormilitärischer Ausbildung haben sich vor allem die Hallenser Funktionäre zu Herzen genommen. Bis zum 31. März soll im Bezirk Halle die Aufstellung fester Ausbildungsformationen beendet sein. Dann wird scharf geschossen, der Friedenstaube.,
Die Fahne nieder
In verschiedenen Städten der Ostzone ist es in der letzten Zeit zu Ausschreitungen auf den Fußballplätzen gekommen; so in Halle, Magdeburg, Zwickau, Leipzig, Zeitz. In Halle begann der Krawall, als nach einem Spiel des SC Chemie gegen den neuen Zonenmeister Vorwärts-Berlin, die Elf der „Volksarmee“, ein Berliner Anhänger mit der roten Vereinsfahne ins Stadion lief. Die rote Vereinsfahne stand auch im Mittelpunkt der Ausschreitungen in Leipzig nach dem Lokalderby zwischen Rotation und Lokomotive, wobei die Schlägereien von den Zuschauern aufs Spielfeld getragen wurden. Und um die rote Vereinsfahne des SC Dynamo-Berlin ging es auch in Zwickau; die Fahne wurde zerrissen, verbrannt, und eingreifende „Volkspolizisten" bekamen Prügel.
Die rote Fahne scheint mancherorts wie ein rotes Tuch zu wirken.
Der arme Krupp und der reiche Bundeskanzler
Die Schularbeiten mit dem Thema: „Was würden Sie tun, wenn Sie reich wären?“ gehen in die Legion. Kein Lehrer aber hat noch seinen Schülern die viel näher liegende Frage vorgelegt, was sie denn eigentlich unter „reich“ verstehen. Und doch würden viele bedeutsame Lichter (und Schatten) auf den Charakter der Befragten fallen!
Die Lücke ist im übrigen in diesen Tagen von einem der unentbehrlichen westdeutschen Meinungsforschungsinstitute geschlossen worden. Es hat nicht die Kinder, sondern einen „repräsentativen Querschnitt“ von Erwachsenen danach gefragt, und die Kinderlein hörten es gerne, zumindest antworteten sie recht zahlreich: Das Ergebnis ist zwiespältig.
Erfreulich ist die Antwort auf die Frage, welcher Betrag genauer denn für den Beantworter einen Reichtum darstelle. Es ergab sich, daß die Mehrheit bereits den Besitz von 5000 DM (etwa 30.000 Schilling) als Reichtum empfindet. Das unterstreicht den sprichwörtlichen Sinn der Deutschen fi
geldliche Bescheidenheit und Sparsinn. Recht entmutigend fielen dagegen die Antworten auf die Frage aus, in welcher Hand denn eigentlich die Befragten die größten Reichtümer des Landes vermuten. Etwa 25 Prozent tippten auf Krupp und bewiesen damit die Unausrottbarkeit auch überholter alter Mythen. Daß, wenn auch mit Abstand, Bundeskanzler Adenauer zum
Zweitreichsten in Westdeutschland deklariert wurde, zeigt indes jene gehäufte Vorstellungsprimitivität — mitten im hochpolitischen und wirtschaftspolitisch aufgeladenen Deutschland! —, die solchen Fragen, Umfragen und Antworten nun einmal grundsätzlich eignet. Es wäre wohl abwegig, davon mehr und anderes abzuleiten.
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