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Ohne Paragraphenpfeife
Von den landschaftlichen Schönheiten Oberösterreichs führte Primarius Dr. Wiesinger die Teilnehmer der ÖKOPOL-Enquete der ÖVP in Strobl rasch in die graue Wirklichkeit zurück; der Umweltschutzexperte der ÖVP warnte in seinem Einleitungsreferat vor der Gefahr der Verharmlosung und Simplifizierung der Problematik, eine Taktik, die leider auch von Seiten der Bundesregierung geübt werde.
Von den landschaftlichen Schönheiten Oberösterreichs führte Primarius Dr. Wiesinger die Teilnehmer der ÖKOPOL-Enquete der ÖVP in Strobl rasch in die graue Wirklichkeit zurück; der Umweltschutzexperte der ÖVP warnte in seinem Einleitungsreferat vor der Gefahr der Verharmlosung und Simplifizierung der Problematik, eine Taktik, die leider auch von Seiten der Bundesregierung geübt werde.
Es existiert bereits umfassendes Material, das den naturwissenschaftlichen Aspekt des Problems beleuchtet. Gleichzeitig damit hat die Volkswirtschaftslehre begonnen, die notwendigen kalkulatorischen Überlegungen anzustellen, die Zeit ist aber nun reif für eine Transponierung dieser Erkenntnisse in die politische Realität. Vor allem muß die Gießkannenmethode .— vereinzelt durchgeführte Symptomkuren — einer umfassenden und öffentlich glaubhaften gesamtstaatlichen Konzeption weichen.
Konflikte werden hier nicht zu vermeiden sein, bildet doch die Polarisierung „Wirtschaftswachstum oder Umweltschutz“ in den internationalen Diskussionen das Zentralproblem. Es müssen jedoch Verallgemeinerungen, die die ökonomischen Entwicklungen der Länder nicht berücksichtigen, ebenso wie regionale Unterschiede innerhalb Österreichs in einem Umweltkonzept Berücksichtigung finden.
Schweizer Beispiele
In diesem Zusammenhang scheint ein Blick über die Grenzen angebracht: fast zur gleichen Zeit wie die Tagung der ÖVP in Strobl fand in St. Gallen das Gießbaoh-Seminar des Redressement National statt, welches insbesondere den volkswirtschaftlich-politischen Bereich der Problematik behandelte. Einerseits kam dabei das System der Marktwirtschaft ins Schußfeld linker Kritik; etwa in Form der provokanten Frage „ob Profit, Umsatzsteigerung, von der Wirtschaft künstlich geschaffene Bedürfnisse und eine geplante Produktveralterung die Regulatoren für die Nutzung unserer Ressourcen bleiben könnten“.
Das artikuliert auch Wiesinger für Österreich: „Die Frage nach der politischen Gestaltung des Umweltschutzes ist eine Frage nach den politischen Grundsätzen — eine Frage nach der ideologischen Placierung der Beteiligten und der Betroffenen. So gesehen-,- hatte Bundeskanzler Kreisky nicht so unrecht, wenn er von einem neuen Klassenkampf sprach, der durch den Umweltschutz und die dafür erforderlichen Maßnahmen entstehen kann.“
Die ÖVP bekennt sich zum Verursacherprinzip, das Problem kann jedoch nicht durch Reduzierung der Fragestellung auf die Formel „Wer verschmutzt, soll zahlen“, gelöst werden. Nicht nur, weil die technische Feststellung verschiedener Verschmutzungsanteile oft nicht möglich sein wird, sondern auch in Hinblick auf die Berücksichtigung einer Reihe anderer politisch und wirtschaftlich relevanter Faktoren.
Wiesinger unterstreicht die Unterschiede zwischen den Aktivitäten der
ÖVP und der Regierungspartei. Einerseits habe die ÖVP durch eine umfassende Problemschau eine erste Bestandsaufnahme vorgenommen, anderseits gehe die große Oppositionspartei von anderen Prämissen aus. Gerade an der Frage des Umweltschutzes müsse ein Bekenntnis zur Stellung zum Menschen abgelegt werden; in diesem Sinn sei Umweltschutz ein Spiegel der gesellschaftlichen Ziel Vorstellungen: „Steht der Mensch im Mittelpunkt einer umwelterhaltenden und schonenden Politik oder hat er nach der Paragraphenpfeife des Ordnungsstaates zu tanzen und das zu akzeptieren, was ihm dieser Staat an Umweltqualität vorsetzt und vorschreibt? Oder ist Umweltschutz nur ein Vorwand, das Vehikel Klassenkampf in Bewegung zu setzen?“
Vorschläge für das Vorgehen in der nächsten Zeit liegen von Seiten Wiesingers vor:
• Dringlichkeit einer intensiven Aufklärungskampagne in den Massenmedien, um einen Prozeß weitreichender Bewußtseinsbildung in Gang zu setzen;
• Durchführung einer Volksabstimmung — denn nur eine „breite Basis“ vermag die Durchführung konkreter Initiativen zu garantieren;
• Einrichtung eines Nationalinstitutes für Umweltschutz;
• schließlich eine Reihe weiterer legistischer Maßnahmen, wie etwa der Entwurf eines Luftreinhaltege-setzes.
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