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Pönale für Tüchtigkeit

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Also sprach Bruno Kreisky, der zur Zeit damit droht, das Finanzressort interimistisch selbst zu führen: „Also schaun' Sie: Wenn die Japaner so billig produzieren, weil sie weniger soziale Belastungen zu tragen haben, dann werden wir uns halt einen Indikator einfallen lassen, der das anzeigt und die Differenz zu den österreichischen Sozialangaben an der Grenze einkassieren. Ist das klar, ja?"

Womit nun auch Bruno Kreisky seinen Beitrag zu dem kursierenden Mißverständnis leistete, man könne die eigene Konkurrenzfähigkeit auch dadurch wieder herstellen, daß man dem Konkurrenten verbietet, billiger zu produzieren. Wir haben nun einmal unsere hohen Steuern und Sozialabgaben, gesetzlichen Feiertage und Pflegeurlaub, wenn sich unsere Konkurrenten das ersparen sollen, sehen wir uns leider gezwungen, ihnen ein entsprechendes Pönale aufzubrummen!

Kreiskys Indikator-Protektionismus ist freilich zu absurd, als daß man sich lange mit ihm auseinandersetzen müßte. Er zeigt aber den tief sitzenden Glauben an das Heil protektio-nistischer Maßnahmen in der Handelspolitik - freilich nicht nur hierzulande.

Abgesehen von der Frage, ob ein auf den Außenhandel angewiesenes Land wie Österreich gut beraten ist, viel davon zu reden; und abgesehen davon, ob man es sich leisten könnte, das GATT-Abkommen. das derlei weltweit untersagt, derartig zu desavouieren, muß einem doch klar sein, daß man mit Schutzzöllen höchstens auf dem heimischen Markt den Nachteil der schlechteren Rahmenbedingungen für die eigene Wirtschaft (höhere Steuern, höhere soziale Lasten usw.) ausgleichen kann. Den Käufer im Ausland interessiert herzlich wenig, auf Grund welcher Rahmenbedingungen ein bestimmter Preis zustande kommt. Er kauft dort, wo er die gleiche Qualität zu einem besseren Preis bekommt. Die Frage, ob dem Arbeitnehmer dabei im Herstellerland vier oder fünf Wochen Urlaub zustehen, wird seine Kaufentscheidung in keiner Weise beeinflussen.

Oder will man zum Austria-Pickerl vielleicht eine Minisammelbüchse mit der Bitte um eine milde Gabe für die notleidende österreichische Sozialversicherung heften?

Ähnlich ist ja auch das Mißverständnis bei der Forderung nach Verkürzung der Arbeitszeit gelagert. Weil wir angeblich so produktiv sind, bleibe nicht genug Arbeit für alle übrig. Ein Blick auf die schwer defizitäre Handelsbilanz zeigt uns das Gegenteil: Wir produzieren ganz offensichtlich nicht zuviel (sonst würden wir nicht mehr ein- als ausführen), sondern wir produzieren zu nicht konkurrenzfähigen Preisen. Auf die Idee, daß das daran liegen könnte, daß wir zu tüchtig, zu fleißig sind, wird. hoffentlich niemand kommen.

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