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Sicherheit in Europa

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Das tat wieder einmal wohl: Staats- und Ministerpräsidenten, Minister und Botschafter von 32 Staaten drängten sich in Austria-Center, Hofburg und Schönbrunn, drückten österreichische Hände und raspelten (diesmal vor allem "auf Französisch) Süßholz sonder Maß. Wir waren wieder einmal jemand. Gipfelsonne lag über Wien.

Der Minderheitenschutz ist nach dem Europarats-Treffen deshalb noch nicht perfekt gesichert, aber der Wert der Begegnungen lag wieder einmal in der Atmosphäre. Auch Absichtserklärungen sind nicht wertlos: Sie fesseln ihre Urheber so lange, bis es kein Entrinnen mehr gibt.

Für Österreich lohnt sich eine nachträgliche Denkbilanz. War der Monstergipfel der Tribut an ein neutrales Land, wie es in Zeiten des Kalten Krieges zweifellos der Fall war? Die Antwort lautet heute sicher anders.

Gemeinschaft, Solidarität, Zusammenrücken sind angesagt. Man will eine zweite Balkan-Katastrophe unmöglich machen. Rußland soll durch gemeinsame Mühen stabilisiert werden. Auch die Ränder Europas sollen sicher werden: durch Rechtskultur, notfalls auch durch Verteidigung. ~]v" "eutralität ist in diesem Kon-

zept nicht länger Tugend L 1 ausweis. Der Artikel 103 der UN-Charta verlangt kategorisch den Vorrang der Mitgliedspflicht vor anderen (auch neutralitäts-rechtlichen) Bindungen. De facto hat Österreich ihn immer, de jure spätestens seit dem Golfkrieg anerkannt.

Laut UN-Charta ist jeder Angriffskrieg verboten. Zur Verteidigung ist jedes Land berechtigt, ja verpflichtet - ein neutrales ganz besonders. Hat Österreich dies je wirklich ernstgenommen? Bei-standssicherheit aber erwächst allein aus einem Bündnisbeitritt.

Wenn wir nicht totale Konsequenzen wollen, müßten wir eher der NATO als der Westeuropäischen Union (WEU) beitreten. Auf diesen logischen Umstand hat eben der Politikwissenschaftler Heinrich Schneider aufmerksam gemacht: Der WEU-Vertrag verlangt sofortigen Kriegseintritt jedes Mitgliedslandes gegen einen Aggressor, der NATO-Vertrag nur „alle geeigneten Maßnahmen"..

Die ehrliche Sicherheitsdebatte muß erneut eingemahnt werden.

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