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Warum nicht runder Tisch?
Bundespräsident Klestil ist dagegen, Kardinal König ist dagegen. Bundeskanzler Vranitzky ist dagegen. Vizekanzler Busek ist dagegen. Weihbischof Kuntner ist dagegen. Die Dritte Nationalratspräsidentin Heide Schmidt ist dagegen. Warum ist dann die Haider-FPÖ so leidenschaftlich für das Stoppt-die-Ausländer-Volksbegehren?
Das ist die besorgte Frage, die viele ernsthaft bewegt. Bei so viel Widerstand gewinnt das Festhalten an einer Zielsetzung demonstrativen Charakter: Wenn alle gegen mich sind, dann erst recht! In solchen Situationen pflegen Sicherungen durchzubrennen und irrationale Verhaltensweisen auszubrechen. Genau das aber sollte nicht passieren, wenn es um die Ausländerproblematik geht. Das sieht sogar, folgt man seinen eigenen Worten, Jörg Haider ein und verspricht, die Thematik nächstes Frühjahr emotionslos an die Stimmbürger heranzutragen.
Es wäre gescheiter, noch vorher emotionslos darüber nachzudenken, wie man das Problem entschärfen könnte, ohne es zu verniedlichen. Daher ein paar Anmerkungen zu den Fakten. Ein Volksbegehren muß die Erlassung oder Änderung eines Gesetzes zum Ziel haben. Österreich hat in letzter Zeit mehrere gesetzliche Neuregelungen der Ausländerproblematik getroffen, die nach Meinung vieler schon zuwenig liberal ausgefallen sind. Es war halt der zumutbare gemeinsame Nenner für die Koalition. Neue Gesetze sind nicht notwendig, würden nur die notwendige Flexibilität verringern und schematische Lösungen (etwa in der Schulklassenzusammensetzung) erzwingen.
Einige der von der FPÖ angepeilten Formulierungen („Österreich ist kein Einwanderungsland" oder „Ausweispflicht für ausländische Arbeitnehmer") wären in dieser Form EG-widrig und würden vor dem Europäischen Gerichtshof nicht bestehen.
Ein Volksbegehren ist also schon rein rechtstheoretisch kein der Situation optimal entsprechendes Instrument. Aber einige der Aspekte, die Haider behandelt sehen möchte, sind wirklich diskussionswürdig. Sie werden in der Regierung ja auch immer wieder erörtert, aber Regierungsdebatten allein befriedigen naheliegenderweise die Opposition nicht. Warum nicht einen Weg wählen, den der neue Obmann der Wiener ÖVP, Bernhard Görg, gleich nach seiner Wahl vorgeschlagen hat, ohne auf viel zustimmendes Echo zu stoßen?
Der „runde Tisch" war gar keine schlechte Idee. Hier könnten sich Vertreter von Regierung und Opposition, von Kirchen, Sozialpartnern, Gewerkschaften, Kulturvereinen zu einer umfassenden Aussprache über das Thema „Ausländer in Österreich" treffen. Ein unparteiischer Vorsitzender (es könnte, müßte aber nicht der Bundespräsident sein), würde dem Kreis Autorität und den Beschlüssen auch ohne Sanktionsgewalt Geltung verschaffen. Alle könnten das Gesicht wahren und den betroffenen Menschen wäre mehr als mit Parteipolitik gedient.
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