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Die Chance

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Die Nominierung Dr. Adolf Schärfs zum offiziellen Kandidaten der Sozialistischen Partei für das höchste Amt im Staate hat in der Frage „Bundespräsidentenwahr die ersten Klärungen gebracht. Nicht unwesentliche Klärungen. Die Chance, durch eine Einigung auf einen Kompromißkandidaten dem Land einen Wahlkampf zu ersparen, der nur allzu leicht die Form einer „Revanchepartie“ für die Nationalratswahlen 1956 annehmen kann, wurde, aus wessen Schuld immer, nicht genützt. Und noch eine zweite Entscheidung ist gefallen: die Volkswahl des Bundespräsidenten ist gesichert. Dr. Schärf geht keinem leichten Gang entgegen. Von seiner Fraktion gewiß wegen seiner staatspolitischen Verdienste, aber nicht nur allein ihretwegen aufgestellt, tritt er als prononcierter Parteimann ins große Rennen um die hohe Würde. Zweifelsohne gibt es Männer in der Sozialistischen Partei, die — wie man in solchen Fällen heutzutage etwas salopp sagt — mehr „politischen Glamour“ haben. Den Katholiken gegenüber und ihren Wünschen hat sich der Parteiobmann Dr. Schärf stets sehr verschlossen gezeigt. Er darf sich nicht wundern, wenn der Bundespräsidentschaftskandidat Doktor Schärf aus ihren Reihen keinen Sukkurs bekommen wird. Im Lager der Volkspartei sieht man den Kandidaten Dr. Adolf Schärf lieber als etwa den Innenminister Helmer oder den Gewerkschaftsbundpräsidenten Böhm, die vielleicht — wer weiß es? — rein persönlich Wähler angesprochen hätten, die ansonsten in der Nachbarschaft der Volkspartei politisch siedeln. Dennoch ist alles andere am Platz als schönfärberischer Optimismus und heitere Sorglosigkeit. Beide haben sich schon einmal gerächt. Es ist jetzt genau sechs Jahre her.

Die Pläne der Volkspartei? Angesichts der sozialistischen Kandidatur Doktor Schärfs liegt die große Chance der Volkspartei stärker denn je in der Aufstellung eines parteiungebundenen Kandidaten, der deswegen noch lange kein „apolitischer Mensch“ sein soll.

Er ist es. den nicht wenige Oesterreicher, gleichgültig, ob sie der Volkspartei nahestehen, mit den „Freiheitlichen“ sympathisieren oder selbst — ja auch das — bei Nationalratswahlen den Sozialisten ihre Stimme geben, an der Spitze unseres Staates sehen wollen.

Während diese Zeilen in Druck gehen, spricht alles dafür, daß man in der Kärntner Straße einen für einen solchen Wahlgang völlig neuen Typus wagen will. Der Name von Universitätsprofessor Dr. Wolfgang Denk als Kandidat für das höchste Amt im Staat dürfte kaum mehr durch einen anderen ersetzt werden. Mit dem bekannten Chirurgen und Wissenschafter tritt ein erprobter Oesterreicher vor, ein Mann von Namen und internationalem Ansehen, ein lauterer Charakter.

Universitätsprofessor Dr. Denk wird nicht sosehr der Kandidat der Volkspartei für das höchste Amt im Staate seih. Er wird vielmehr darüber hinaus der Mann des Vertrauens breitester Volksschichten sein, die seit Jahren eine nicht parteigebundene Persönlichkeit an der Spitze des Staates sehen wollen.

Ein großes Experiment geht über die politische Bühne.

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