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Sorgen für Heath
Die konservative Regierung will den Staatsapparat verkleinern, verbessern und die Zahl der Staatsbeamten verringern. In Verfolgung dieses Ziels hat sie jetzt eine weitgehende Neuordnung bekanntgegeben: Fünf Ministerien wurden in zwei Super-ministerien zusammengefaßt: in das Ministerium für Handel und Industrie unter John Davies, dem früheren Generaldirektor des britischen Industrieverbandes und einem Neuling im politischen Leben, und in das Ministerium für Umweltplanung unter dem 38jährigen Peter Walker, mit Wohnraumbeschaffung; Kommunalwesen, Verkehrs- und Transportwesen und öffentlichen Arbeiten als Ressorts. Das Ministerium für Entwicklung in Ubersee wurde dem Ministerium für Auswärtige und Commonwealthbeziehungen unterstellt. Überdies soll innerhalb der Kabinettskanzlei ein Beirat geschaffen werden mit der Aufgabe, bei der politischen Planung Alternativmöglichkeiten zu prüfen. Durch die Neuordnung ist die Zahl der Kabinettsminister auf 17 verringert worden (zur Zeit Wilsons waren es 21). Allerdings bedeuten die Reformen an sich noch nicht, daß auch die Zahl der Staatsbeamten zurückgeht.
Im großen und ganzen sind die Neuerungen als logisch und vernünftig begrüßt worden, wenn man auch der Ansicht ist, daß sich erst im Laufe der Zeit herausstellen kann, ob sie ihren Zweck wirklich erfüllen werden. Kritik wird hier und da an der Abschaffung des Ministeriums für Technologie geübt und an dem Entschluß, für Fragen der Entwicklung in Ubersee das Außenministerium verantwortlich zu machen. Auch ist man der Meinung, der Beirat des Kabinetts müßte sorgfältig unter die Lupe genommen werden, um zu verhüten, daß sich die Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber dem Parlament verringere oder daß sich so etwas wie «in Präsidialsystem herausbilde. In den letzten Jahren hat der Staatsapparat manche Störung durch Neuerungen erfahren, und die konservativ« Regierung hofft jetzt, daß das Staatsbeamtentum nach Einführung der grundlegenden Reformen einer Zeit der Stabilität entgegensehen kann.
Inzwischen hat der Gewerkschaftsbund beschlossen, jeden Gedanken an weitere Besprechungen mit der Regierumg uber deren greplante arbeitarechiffche Vorlage aufzugeben. Anfang nächsten Jahres soll auf einem Kongreß entschieden werden, wie der Kampf gegen diese Vorlage zu führen ist. Der Gewerkschaftsbund ist der Ansicht, daß die vorgesehene Neugestaltung der Beziehungen zwischen den Sozialpartnern eine ungebührliche Beschränkung gewerkschaftlicher Rechte bedeute. Bisher hat der Vorschlag, als Protest gegen die Pläne der Konservativen zur Aktion in den Betrieben aufzurufen, nur wenig Unterstützung gefunden.
Die Regierung Heath hat bereits Näheres darüber gesagt, wie die arbeitsrechtliche Vorlage aussehen wird, die zur Eindämmung von Streiks beitragen soll, und sie hat jetzt ihre administrativen Reformen bekanntgegeben. Der nächste Schritt wird es sein, die Pläne für eine Verringerung der Staatsausgaben zu verkünden, worin die Regierung eine unerläßliche Vorbedingung für Steuersenkungen sieht. Das akuteste Problem für die Regierung ist die inflationäre Entwicklung. Der Gouverneur der Bank von England hat der Regierung gerade erklärt, daß sich diese inflationäre Entwicklung nach seiner Meinung nicht bremsen lasse ohne Preis- und Einkommenspolitik. Die Labour-Regierung hatte eine Zeitlang eine solche Politik verfolgt, war dann aber unter gewerkschaftlichem Druck davon abgegangen. Die Konservativeft haben von Anfang an betont, daß sie keine Einkömmentskontrolle auf dem Gesetzeswege im Sinne haben. Aber man fragt sich jetzt weithin, ob die Maßnahmen zur Inflationsbekampfung, die von der Regierung geplant sind, ihren Zweck ohne direkte Kontrolle über Preise und Einkommen erfüllen werden.
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