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Die OIG-Gesetzesnovelle

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Der heftige innenpolitische Streit um die geplante Novellierung des ÖIG-Gesetzes ist leider eine Fortsetzung der beinahe schon klassisch zu nennenden Diskussionen um die verstaatlichte Industrie in den vergangenen zwanzig Jahren. Die Problematik dieses Diskussionsstils sehe ich vor allem darin, daß die eigentlichen industriepolitischen Fragen in der Diskussion überhaupt nicht behandelt, ja sogar von den Nebelschwaden emotionaler Argumente noch verdeckt werden. Als sich die ÖVP 1966 zur Holding-Lösung für die verstaatlichte Industrie entschloß, wurde die neue Konstruktion gleich mit mehreren Hypotheken belastet. Zunächst einmal wurde die neue ÖIG als Tauschobjekt für die Verlängerung der sogenannten Wirtschaftslenkungsgesetze benützt, deren Verfassungsbe- stimmungen eine Zweidrittelmehrheit im Parlament erforderten; Ende 1968 geschah das übrigens noch ein zweites Mal, weil die Wint- schaiftsüenkungsgesetze 1966 nur für zwei Jahre verlängert wurden. Die innerparteiliche Diskussion um die zu gründende Holding wurde nicht zuletzt von der Angst beeinflußt, die verstaatlichte Industrie könnte zu einer starken Gruppe in der österreichischen Wirtschaft werden. Dies und die Verhandlungen mit der SPÖ, die darauf bedacht war, ihren Besitzstand an Spitesnpoaitlanie in dar varstaatlichten Industrie zu halten, führte neben einer Reihe von anderen Fragen zu dem ÖIG- Gesetz, wie es sich heute darstellt. Eine Treuhand-Holding mit relativ starkem Einfluß der politischen Parteien und ohne das Führungsinstrumentarium einer Eigentums-Holding, wie es in der westlichen Welt üblich ist: Perso- nalhoheit und Finanzierungspotential. Die Personalhoheit fehlt, weil die Aufsichtsräte der Töchter der ÖIG, jene Organe also, die die Vorstände dieser Töchter zu bestellen haben, nur über Vorschlag der politischen Parteien ernannt werden dürfen, die Finanzierungsmöglichkelten wiederum fehlen, weil der ÖIG als Treuhand-Holding eigenes Vermögen, in welcher Form immer, fehlt, um kreditwürdig zu sein. Obendrein fließen ihr nicht einmal die Dividenden der Töchter zu, sie hat lediglich eine vom Verkehrsministerium geduldete Mitsprachemöglichkeit bei der Verwendung der von den verstaatlichten Unternehmungen ausgeschütteten Dividenden. Ihre Ausgaben bestreitet sie durch eine umsatz- abhängige Umlage.

Der logische nächste Schritt

Trotzdem: Ich wiederhole, was ich von Anfang an betont habe. Die ÖIG mit ihrer derzeitigen gesetzlichen Basis ist ein arbeitsfähiges Instrument und hat das auch bewiesen. Von Anfang an alber, noch bevor der ÖIG- Gesetzentwurf vom Parlament beschlossen wurde, ist auf Schwächen der Konstruktion aufmerksam gemacht worden. Die jetzigen Bemühungen, das ÖIG-Gesetz zu novellieren, sind daher weder etwas Neues noch gar eine Relform der ÖIG, sondern lediglich der Versuch, die seinerzeitigen Überlegungen, die aus politischen Gründen nicht Gesetz geworden sind, nun doch noch durchzusetzen. Die Novelle ist daher nichts anderes als ein logisch nächster Schritt, eine Verbesserung der durchaus arbeitsfähigen derzeitigen Konstruktion, aber keine Reform. Es mutet ein wenig eigenartig an, wenn nach mehr als zwei Jahren harter und nicht erfolgloser Arbeit mit dieser ÖIG nunmehr von einer Reform gesprochen wird, so, als bedeute die Novelle eine totale Umkrempelung der bisherigen Konstruktion. Eine bemerkenswerte Fehlleistung. Das Argument der Sozialisten, daß die ÖIG ein Weisungsrecht erhalten sollte, ist deshalb problematisch, weil damit für die österreichische verstaatlichte Industrie das eingeführt werden soll, was sich Wirtschaftstheoretiker in den Oststaaten seit Jahren abzuschaffen bemühen, um klare Verantwortlichkeiten zu bekommen. Überdies ist meines Erachtens eine so diversifizierte Untemeh- mensgruppe wie die verstaatlichte Industrie mit Weisungen nicht zu führen. Audi das Argument, erstBranchen-Holdings au schaffen, halte ich nicht für zielführend. Einmal, weil, wenn überhaupt, so nur eine einzige Brarn- chen-Holding nötig ist. Wichtig ist das Eigen- tumsargument: Die Konstruktion, daß Verfügungen über die Aktien oder die Geschäftsanteile von Betrieben nur mit Zweidrittelmehrheit des Aufsichtsrates der ÖIG durchgeführt werden dürfen, ist faktisch stärker als die bisherige Konstruktion.

Gegen das Argument, man vertraue den in die ÖIG entsandten Personen nicht, gäbe es kein Gegenargument. Trotz allem: Vernünftige Kompromisse scheinen mir möglich zu sein, und jeder Schritt in Richtung einer echten Holding ist zu begrüßen, und sei er noch so klein.

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