6729819-1965_46_04.jpg
Digital In Arbeit

Informationskanal als „Einbahn

Werbung
Werbung
Werbung

Das Funktionieren unserer modernen Demokratie hängt in bedeutendem Maße von der Intensität des Kontaktes zwischen Regierenden und Regierten ab. Dieser Kontakt hat

• die Regierung mit den Sorgen und Nöten der Bevölkerung zu konfrontieren und

• das Verständnis der Regierten für auch unpopuläre Maßnahmen der Regierung zu fördern.

Wer einmal einen Sprechtag der Mitglieder der niederösterreichischen Landesregierung miterlebt hat, wird kaum daran zweifeln, daß man im Landhaus über die Wünsche und Sorgen der niederösterreichischen Bevölkerung ausreichend informiert wird. Doch dieser Informationskanal funktioniert nur in einer Richtung.

Viele für das Land lebenswichtige Reformen — wie zum Beispiel die Verbesserung der Schulorganisation oder die Gemeindezusammenlegungen — kommen nur langsam voran, weil die Bevölkerung nicht darüber aufgeklärt wird.

Derzeit stehen für die Behandlung der Lebensfragen eines Landes von 1,4 Millionen Menschen im Rundfunk nur die alle 14 Tage ausgestrahlte 10-Minuten-Sendung des Landeshauptmannes und ein wöchentlicher 3-Minuten-Kommen-tar „Aus dem niederösterreichischen Landhaus zur Verfügung. Jeder Interessenverband hat mehr Sendezeit zur Verfügung.

Die durch die Regierungsdemission nun gescheiterten Rundfunkverhandlungen im Nationalrat, die von den Hoffnungen so vieler unzufriedener Radiohörer begleitet waren, haben nur zu einem einzigen Parlamentsbeschluß in Sachen Rundfunk geführt. Am 15. Juli wurde die Bundesregierung in einem gemeinsamen Antrag aller drei Parteien aufgefordert, für die Einrichtung von selbständigen Länderstudios in allen Bundesländern zu sorgen, und zwar auf Antrag der Landesregierungen. Die Geldmittel, hieß es in dem Beschluß weiter, sollten aus den Hörergebühren des betreffenden Landes zur Verfügung gestellt werden.

Bei oberflächlicher Betrachtung mag dieser Entschluß, vom niederösterreichischen Standpunkt aus betrachtet, als zwar mageres, aber immerhin durchaus erfreuliches Ergebnis erscheinen. Kennt man die Hintergründe, die zu diesem Antrag führten, vergeht einem leider die Freude daran. Der Antrag wurde im Nationalrat von sozialistischer Seite entriert und von der Volkspartei, um einen Koalitionskrach in der Frage des Rundfunkvolksbegehrens in letzter Sekunde doch noch abzuwenden, akzeptiert. Die Sozialisten wollten damit die taktische Möglichkeit in die Hand bekommen, die Volkspartei durch die Drohung mit einem eigenen Wiener Landesstudio gefügiger zu machen.

Die Schaffung eines eigenen Wiener Lokalsenders würde bedeuten, daß sich auch Niederösterreich zu einem eigenen Studio entschließen müßte, will es rundfunkmäßig nicht vollkommen leer ausgehen. Eine solche Entwicklung wäre aber mit einer Reihe von bedeutenden Nachteilen für Niederösterreich verknüpft. Der größte ist wohl der, daß für Niederösterreich gar keine Frequenz im Mittelwellenbereich mehr verfügbar wäre. Da kaum anzunehmen ist, daß der Großteil der Niederösterreicher heute schon über ein UKW-Empfangsgerät verfügt, würden die Sendungen dieses Studios nur einen kleinen Teil der Hörer erreichen. Die meisten Niederösterreicher würden um so eifriger auf der Wiener Wellenlänge mithören. Dies schon deshalb, weil der Niederösterreicher, je näher er bei der Großstadt wohnt, desto stärker mit ihr verbunden ist und daher auch wissen möchte, was in Wien vorgeht.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung