Papst - © APA / AFP / Tiziana Fabi

Kritik am Synodalen Weg: Elite à la Franziskus

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Rom untersagt per Brief von drei Dikasterienleitern im Kardinalsrang die Einrichtung eines Synodalen Rats in Deutschland. Papst Franziskus legt in einem Interview nach: Der Synodale Weg in Deutschland sei „nur dem Namen nach ein synodaler Weg“.

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Rom untersagt per Brief von drei Dikasterienleitern im Kardinalsrang die Einrichtung eines Synodalen Rats in Deutschland. Papst Franziskus legt in einem Interview nach: Der Synodale Weg in Deutschland sei „nur dem Namen nach ein synodaler Weg“.

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Was im November beim Ad Limina-Besuch der deutschen Bischöfe in Rom noch als Dialog inszeniert wurde, hat sich nun als römisches Verbot verdichtet. Auf Anfrage von fünf deutschen Bischöfen haben die Kardinäle Parolin, Ladaria und Ouellet mit ausdrücklicher Zustimmung des Papstes erklärt, dass die Einrichtung eines Synodalen Rats in Deutschland nicht zulässig sei. In einem solchen Format, das vom Synodalen Weg mit Zweidrittelmehrheit auch der anwesenden Bischöfe beschlossen wurde, gebe man das Bestimmungsprofil, sprich: das Entscheidungsmonopol bischöflicher Verantwortung preis. Zudem dürfe man keine Strukturen schaffen und Entscheidungen treffen, die aus dem kirchenrechtlichen Rahmen und aus den lehramtlichen Bestimmungen der Universalkirche fielen. Letzteres zielt vor allem auf das Votum des Synodalen Wegs, die Möglichkeit einer Frauenordination zu prüfen, aber auch die katholische Sexualmoral beziehungsethisch umzustellen. Dass dies die Einschätzung von Homosexualität als Sünde betrifft und gendertheoretische Fragen einschließt, forciert römisches Unbehagen.

Vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken wie auch von Bischofskonferenzvorsitzenden Georg Bätzing folgte eine Replik, die inhaltlich bekannt ist: Kein Eingriff ins Kirchenrecht. Keine eigenständige Veränderung katholischer Lehre. Wohl aber: Vorschläge, Erfahrungen, die in den weltweiten synodalen Prozess eingebracht werden sollen. Das aber geschieht mit der mehrheitsgetragenen Autorität einer Versammlung, die das Volk Gottes in Deutschland mit Bischöfen und gewählten Vertretern aus dem Laienkatholizismus und seinen Verbänden, aus Orden und geistlichen Gemeinschaften sowie aus Priesterräten und verschiedenen Handlungsfeldern der Kirche vertritt.

Der Bischof entscheidet allein. Basta.

Das freilich beeindruckt im Vatikan nicht. Bätzings Argument, dass die apostolische Dignität des bischöflichen Amtes zur Geltung kommt, wenn sich Bischöfe in Wahrnehmung ihrer Verantwortung auf synodale Beratungs- und Entscheidungsprozesse festlegen, wird auch im jüngsten Schreiben der hochrangigen Dikasterien-Chefs nicht theologisch aufgenommen.
Zum Amt des Bischofs gehört die alleinige Entscheidungskompetenz. Dieses Basta bestätigt Papst Franziskus durch ausdrückliche Unterstützung. In einem Interview legt er nach: Der Synodale Weg in Deutschland sei „nur dem Namen nach ein synodaler Weg; keiner, an dem das Volk Gottes als ganzes beteiligt ist, sondern einer, der von einer Elite veranstaltet wird“.
Dieser Hinweis ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Laut Wikipedia bezeichnet Elite „soziologisch eine Gruppierung (tatsächlich oder mutmaßlich) überdurchschnittlich qualifizierter Personen (Leistungseliten, Funktionseliten) oder die herrschenden bzw. einflussreichen Kreise (Machteliten, ökonomische, juristische Eliten) einer Gesellschaft“.

Während der Synodale Weg in Deutschland von Bischöfen und Laienvertretern gemeinsam beschlossen wurde und die Synodalversammlung durch geordnete Wahlverfahren das Volk Gottes in seinen unterschiedlichen Gliedern am Synodalen Weg beteiligte, hat der Papst den weltweiten synodalen Prozess beschlossen und Mitglieder in den vorbereitenden Gremien ernannt. Die Rolle des Volkes Gottes als Akteur unterscheidet sich vom deutschen Ansatz erheblich. Man darf insofern gespannt sein, wer von den Synodalen der römischen Kirchenversammlung nicht unter den Eliten-Begriff des Papstes fällt.

Der führt im Übrigen zu einer ironischen Volte. Wenn Bischöfe im Sinne der vorgesehenen kirchlichen Auswahlverfahren überdurchschnittlich qualifizierte Personen sind und zugleich in ihren Diözesen herrschen sollen, erfüllen sie alle Merkmale katholischer Elite. Sind sie nicht Teil des Volkes Gottes? Sollten sie auf dem Synodalen Weg nicht bestimmend wirken, um dem Verdacht zu entkommen, es handle sich um ein Unternehmen, das „von einer Elite veranstaltet wird“?

Dann muss man aber aus römischer Sicht auch nicht davor warnen, dass Bischöfe ihre apostolische Macht verlieren. Im Gegenteil: Elitentheoretisch wäre dies im Sinne des Papstes geboten.

Papst Franziskus legt keinen gehobenen Wert auf semantische Klarheit und theologische Begründungen. Der Charme seiner pastoral-pontifikalen Einlassungen von fliegenden Pressekonferenzen über markante Zeichen der Zuwendung zu Menschen in Not bis hin zu seinen eindrücklichen Predigten besteht gerade darin, dass er Grenzen überschreitet. Sollte er dies auch in diesem Fall getan haben? Handelt es sich um eine paradoxe Intervention ersten Ranges?

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