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Selbstmanipulierte Jugend
Wirft die Jugend ansonsten der Gesellschaft vor, von ihr manipuliert zu werden, dann ist das in Österreich anders: hier manipuliert die Jugend sich selbst am stärksten — und zwar durch den Bundesjugendring. Dieses Forum, das nach den Intentionen der Gründer die Interessen der Jugend im Staat vertreten sollte, ist in Tatsache eine arbeitsunfähige Körperschaft, hinter der alles andere als jugendlicher Elan steht. Schon die Zusammensetzung — gleich viel „rote“, gleich viel „schwarze“ und dazwischen unabhängige „konfessionelle“ Gruppen — ist Garant dafür, daß das Leben der großen „parteipolitischen Bühne“ sich auch in diesem Ring widerspiegelt.
Wirft die Jugend ansonsten der Gesellschaft vor, von ihr manipuliert zu werden, dann ist das in Österreich anders: hier manipuliert die Jugend sich selbst am stärksten — und zwar durch den Bundesjugendring. Dieses Forum, das nach den Intentionen der Gründer die Interessen der Jugend im Staat vertreten sollte, ist in Tatsache eine arbeitsunfähige Körperschaft, hinter der alles andere als jugendlicher Elan steht. Schon die Zusammensetzung — gleich viel „rote“, gleich viel „schwarze“ und dazwischen unabhängige „konfessionelle“ Gruppen — ist Garant dafür, daß das Leben der großen „parteipolitischen Bühne“ sich auch in diesem Ring widerspiegelt.
Noch mehr als diese Zusammensetzung lähmt aber der Umstand der Überalterung die Arbeit im Bundes- jugeradring. Die meisten Organisa- ttonsvertreter sind aus ihren Verbänden herausgewachsen, haben selbst keinen — oder ruur wenig — Kontakt mit der Jugend, die sie zu vertreten haben, und verdienen somit im wahrsten Sinne des Wortes das Prädikat „Berufsjugerudliche“. Die Ideen, die sie vor zehn oder mehr Jahren gefaßt haben, ssind noch heute das Um und Auf ihrer Bemühungen.
Aus diesem „Dornröschenschlaf der Untätigkeit“ ist der ÖBJR erst erwacht, als der Mittelschüler-Kartell- Verband einen handfesten Skandal auf deckte: bei der Nominierung der Ringvertreter für die beim Bundes- ministerium für Unterricht eingerichteten Schulreformkommission setzte sich das Präsidium des Ringes
— also jene Mannen des „ÖBJR- Jungbrunnens“, die kaum mehr Kontakt zur Jugend haben — über die Statuten hinweg und nominierten, wer ihnen einflel. Es waren das der Sprecher des (sexuelle Freizügigkeiten propagierenden) Verbandes Sozialistischer Mittelschüler und — mit einer gewissen „Amtskappelmentalität“ — der zweite Sekretär des ÖBJR.
Damit erklärte sich aber der MKV nicht einverstanden und pochte auf die Statuten widrige und damit undemokratische Vorgangsweise des Präsidiums. Um seiner Meinung zum Durchbruch zu verhelfen, veröffentlichte der Verband in seiner Zeitschrift „couleur“ die Vorfälle und richtete gleichzeitig scharfe Angriffe gegen den VSM, der sich in seiner schulpolitischen Aktivität von einer konstruktiven Mitarbeit durch seine Praxis und Aussagen weit distanziert bat.
„Ruhestörer MKV“
„Ihr könnt doch nicht gleich alles, was im Ring vorgeht, bevor es im Vorstand behandelt worden ist, veröffentlichen", reagierte man in der ÖBJR-Zentrale und verlangte vom MKV eine Zurücknahme der Anschuldigungen.
So hart von der als konservativ angeschriebenen Farbstiudentenschaft bedrängt zu werden, hieß für die Bundesjugendringgewaltigen einen neuen Weg finden, der auf die einfache Formel hinausläuft, den „Ruhestörer MKV“ aus dem ÖBJR zu eliminieren. Zu diesem Zweck wurde die für den 29. November anberaumte Jahreshauptversammlung auf den 14. Februar verschoben, um den Mitgliedsorganisationen Zeit zu lassen, einen Ausschlußantrag zu stellen.
Soll nun auf der einen Seite die Tür zum „Hinauisschmiß“ geöffnet werden, so begehren zur gleichen Zeit zwei andere Organisationen Einlaß: die „österreichische Jungarbeiterbewegung“ und die „Europäische Jugend“. Nicht etwaį daß sie nicht um die Arbeit des Bundesjugendringes und ihre Schwerfälligkeit wüßten, scheint es auch für sie nur darum zu gehen, am „Kuchen“ der Bundesjugendplanmittel mitzunaschen. Wurden bisher 17 Millionen Schilling des Staatshaushaltes in die außerschulische Jugenderziehung des ÖBJR investiert, so sind es im Jahr
1970 um 4 Millionen Schilling mehr. Und diese 21 Millionen Schilling halten auch den Ring zusammen: keine andere Debatte wird mit so viel Ernst und Nachdruck geführt wie die, wenn es gilt, einen Verteilerschlüssel für die Bundes juigendplanmdttel zu finden.
Auch im Ministerium am Minoriten- platz weiß man um diese Situation. Wie aus gut informierten Kreisen verlautet, will man diesem Treiben auch nicht länger Zusehen. Eine Ein- eisung der Mittel bis zur Beilegung der Streitigkeiten wild ins Auge gefaßt.
Damit ist aber der Bundesjugendring in eine Zeitnot geraten, die wahrscheinlich eine Schlichtung seiner Auseinandensetzung mit dem MKV zur Folge haben wird. Denn jeder im Präsidium müßte um seinen Sessel bangen, wenn durch seine Ver- handlungsweise die Ringorganä®atio- nen finanziell ausgehungert würden.
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