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Broschüren zu den Arbeitsthemen des ÖBJR geben Auskunft über die gemeinsamen Überlegungen der 1 österreichischen Jugend. Die Probleme der Jugend auf dem Lande wurden nicht nur in einer solchen Broschüre publiziert, sondern auch vorher in einer Enquete gemeinsam diskutiert und erarbeitet. In einer Kommission wurden vor kurzem Richtlinien zur Vereinheitlichung der Jugendschutzgesetzgebung zusammengestellt, um etwa dem Mißstand abzuhelfen, daß für Jugendliche für Alkoholgenuß in Klosterneuburg andere Bestimmungen gelten als im nahe gelegenen Kahlenbergerdorf.

In bester Erinnerung sind noch die Aktionen gegen die VII. Weltjugendfestspiele (1959) des kommunistisch gelenkten Weltbundes der Demokratischen Jugend. Es gelang, den erstmals außerhalb des Eisemen Vorhanges stattfindenden Propagandazirkus der kommunistischen Jugend zu stoppen und durch internationale gezielte Gegenaktionen besonders der Jugend aus den Entwicklungsländern zu zeigen, daß es in Österreich echte demokratische Alternativen gibt.

Der Bundesjugendplan war eine weitere Forderung des ÖBJR, die nun seit vier Jahren realisiert ist. Um den Organisationen die Ausbildung ihrer Mitglieder, deren staatsbürgerliche Erziehung, den Ausbau der Heimstätte und den Erwerb von Erziehungsmaterial zu erleichtern und diese Organisationen nicht von Jahr zu Jahr um Mittel der öffentlichen Hand bangen lassen zu müssen, forderte man einen sicheren Anteil für die Jugendarbeit unseres Landes im Bundeshaushalt. Begonnen wurde mit 15 Millionen Schilling; heute sind es 20 Millionen Schilling, die nach einem bestimmten Schlüssel auf die Mitgliedsorganisationen verteilt werden.

Mit der Zuteilung öffentlicher Mittel an den Jugendring traten auch einige Probleme in der Verfassung dieser Einrichtung deutlicher zutage. Trotz besten Einvernehmens war es nicht immer gelungen, allen österreichischen Jugendorganisationen den Weg in den ÖBJR zu eröffnen. Ansatz für die Kritik war hier meistens der Abstimmungsmodus im Vorstand, der beim Zustandekommen eines Beschlusses nur eine Gegenstimme zuläßt. Da die großen weltanschaulichen Gruppen meistens über eine Kinder- und Jugendorganisation verfügen, ist diesen damit die Chance eines Vetos sicher.

Die Einführung des einfachen Mehrheitsbeschlusses im Vorstand wäre sicher wünschenswert, doch ist dabei zu bedenken, daß von jeder Mitgliedsorganisation die Erfüllung der gefaßten Beschlüsse erwartet wird. Das Abstimmungsmodell ist also ähnlich jenem in der Bundesregierung; auch die Ministerverantwortlichkeit läßt nur einstimmige Beschlüsse des Ministerrates zu. Mit zunehmendem Vertrauen der Partner zueinander wird vielleicht einmal eine Abänderung dieser Bestimmung möglich sein.

Zweifellos wird der ÖBJR in Zukunft noch das Problem der Aufnahme einiger Organisationen, wie zum Beispiel der österreichischen Alpenvereinsjugend, zu lösen haben. Sicher ist das aber kein Grund, die bisherigen Bemühungen des Jugendringes um die Frage der jungen Generation und die gemeinsam erbrachten Leistungen zu schmälern oder als ungeschehen zu betrachten. Die obenerwähnten offenen Probleme sind politischer Natur. Niemand wird von der Erwachsenengeneration verlangen, daß sie über ihren eigenen Schatten springt, Gleiches kann man auch nicht von der Jugend erwarten. Schließlich stehen die meisten Jugendorganisationen in engem Kontakt mit gesellschaftlichen Großgruppen und können daher nicht ohne Rücksichtnahme auf deren Stellung handeln.

Bisher ist es gelungen, Uber die verschiedensten politischen Krisen hinweg eine Basis für die Zusammenarbeit zu erhalten. Die Repräsentanten der Jugend zwischen den beiden Weltkriegen haben diesen Weg in der Freiheit nicht gefunden; erst KZ, Verfolgung und Krieg haben eine Gemeinsamkeit hergestellt, die in der Wirkung heute freilich schon im Verblassen ist Aus diesem Grund muß der Jugendring staatsbürgerliche Erziehung in seinen eigenen Reihen fördern; nur wenn es gelingt, die gemeinsame Grundlage möglichst breit zu halten, ist das Forum des Gesprächs gesichert.

In Veranstaltungen, Sitzungen und gemeinsamen Studien lernen die Vertreter der verschiedensten Richtungen einander kennen. Sie diskutieren miteinander nicht nur über den Weg der Propaganda und des Prestiges, sondern mit echten Argumenten und praktischen Vorschlägen.

In der Arbeit des Ringes hat sich eine Form herausgebildet, die auch die Kontakte von geistig benachbarten Organisationen entstehen ließ oder gefördert hat. Die gemeinsamen Bemühungen um die Ökumene zwischen Evangelischer Jugend und Katholischer Jugend haben in der persönlichen Begegnung im ÖBJR ihren Ausgang genommen. Ebenso gelang es den drei katholischen Organisationen an den Höheren Schulen (Katholische Studierende Jugend, Mittelschülerkartellverband, Verband Marianischer Studentenkongregationen) über formelle Kontakte hinaus eine Zusammenarbeit zu erreichen.

Neben den weltanschaulichen tiberverbandlichen Gruppierungen müssen auch noch die Kontakte quer durch alle Gruppen genannt werden, die manche offene Frage beseitigen halfen. Gezielte Aktionen wurden auf kurzem Weg vereinbart; das Einschreiten einiger Jugendorganisationen gegen die eindeutig neonazistisch ausgerichtete Schiller-Feier des Jahres 1958 war eine dieser Initiativen.

Seit der Gründung sind die katholischen Jugendorganisationen bemüht, dem Bundesjugendring zu einem starken Leben zu verhelfen. Die Katholische Jugend Österreichs stellte den Ersten Vorsitzenden des ÖBJR; auch gegenwärtig wird der Vorstand durch einen ihrer Vertreter präsidiert. War es am Anfang die Einstellung, daß die Katholische Jugend immerhin die stärkste Jugendorganisation unseres Landes ist, so wird sich heute im Verhältnis zum ÖBJR auch noch eine andere Überlegung anstellen lassen. Es kann nicht allein darum gehen, den Katholiken auf dieser Ebene eine ihnen entsprechende Vertretung zuteil werden zu lassen, sondern es muß dabei auch die Rolle der Kirche in der Gesellschaft bedacht werden.

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