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Strafrechtsreform

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Im Zusammenhang mit den Diskussionen um die Strafrechtsreform veröffentlichen wir folgende offizielle Stellungnahme der Katholischen Aktion Österreichs:

„Anläßlich einiger in letzter Zeit geführter Diskussionen und verschiedener Äußerungen zur gegenwärtigen Strafrechtsreform wurde die Kirche bezichtigt, zur Durchsetzung der Sittenordnung das Strafrecht zu Hilfe zu rufen. Diese verzerrte Darstellung des Problems veranlaßt die Katholische Aktion, im Einvernehmen mit den Mitgliedern der Juristenkommission der österreichischen Bischofskonferenz für die Strafrechtsreform, einige klärende Worte zu sagen.

Das Strafrecht eines Staates hat die Aufgabe, durch seine Strafrechtsdrohung jene Wertordnung der Güter aufzuzeigen, die in der Sittenordnung enthalten ist. Das Strafrecht erstreckt sich jedoch niemals auf jedes Verhalten, das gegen die Sittenordnung verstößt. Das Wesen der Sittenordnung liegt im vertikalen Verhältnis des Menschen zu Gott und in der Regelung der inneren Haltung der Menschen. Das Strafrecht hingegen bezieht sich nur auf das äußere Zusammenleben der Menschen und ist ein Mittel zur Verwirklichung des Gemeinwohls in einem Staate. Die Sittenordnung m.uß daher vom Gesetzgeber bei der Erstellung des Strafrechts nur dort beachtet werden, wo es zum allgemeinen Wohl der Gesellschaft notwendig erscheint, wo ein kriminalpolitisches Bedürfnis besteht. Diese Auf-

gabe bleibt immer aktuell und wird zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten zu unterschiedlichen Lösungen führen. Allerdings darf der Zusammenhang zwischen Recht und Sittenordnung nicht verlorengehen.

Auf Grund der grundsätzlichen Zusammenhänge zwischen Sittengesetz und Strafrecht sowie auf Grund ihrer praktischen Erfahrungen als Fachleute fühlen sich katholische Juristen verpflichtet, auf verschiedene Probleme der Strafrechtsreform hinzuweisen. Es erscheint jedoch als Mißverständnis, zu glauben, daß katholische Juristen das Strafrecht dazu benützen wollen, mit den Sanktionen des Strafrechts Sünden zu bestrafen. Vielmehr geht es darum, bei Anerkennung der angestrebten Reform des österreichischen Strafrechts einen Beitrag zu leisten, wie das Gemeinwohl am besten gesichert werden kann.

Der Kreis der Juristen der Katholischen Aktion hat auf die wesentlichen Probleme nicht nur die österreichischen Bischöfe, zu deren Beratung er geschaffen wurde, sondern auch die Öffentlichkeit in der jeweils geeigneten Form hingewiesen. Diese Informationstätigkeit ist ein Ausdruck des demokratischen Rechtes auf Meinungsäußerung und der Pflicht, bei der Verwirklichung eines möglichst guten Strafrechtes mitzuwirken; nicht zuletzt geschieht dies auch im Gespräch mit den verschiedenen an der Strafrechtsreform interessierten Gruppen.“

Ständige Erneuerungen

Dem Außenstehenden mag nun die ganze Angelegenheit doch als eine recht introvertierte Auseinandersetzung zwischen innerkirchlichen Lehrmeinungen erscheinen. Doch zeigt die eigentliche Zielangabe der Aktion 450, die Glaubwürdigkeit der evangelischen Verkündigung in unserem Lande, daß es um viel mehr geht: Um die Freiheit des Christen, nach seinem Glauben zu handeln, wobei die Bindung an die biblische Botschaft zur Ausbildung und Prägung eines mündigen Gewissens angeboten wird.

Dazu gehört notwendigerweise, daß der Pfarrer selbst beidem untersteht und in diesem Sinn Rechenschaft ablegen muß. Man könnte es vielleicht auch schärfer so ausdrücken, daß die Menschen keinen anonymen Kirchenapparat brauchen, dessen Verantwortlichkeit im üblichen weltlichen Amtsschema verborgen bleibt.

Wenn ich mir zum Schluß noch eine persönliche Bemerkung ertaube, so diese: Es ist gut biblisch, bei der Beurteilung einer solchen Aktioms-gemeiraschaft den Maßstab anzulegen, ob damit Christus gedient wird. Ale anderen Argumente, etwa, daß es in der Kirche doch keine Gruppen geben solle, daß die Anwendung der Wahrheit in schwierigen Zeiten vor dem Bekenntnis zu ihr den Vorrang haben müsse, daß die Kirche sich gegenüber zu vielen Widersachern behaupten müsse usw., also lauter Argumente der Angst, sind unchristlich. Die Aktion 450 war deshalb gut beraten, als sie — wie man erfährt — ihre Gemeinschaft auch zeitlich befristet hat: sie wird auseinandergehen, wenn ihr Ziel erreicht ist. Nur so kann vermieden werden, daß jene ständige Erneuerung wieder so institutionalisiert wird, daß sie unter das Gericht des Veralteten fällt

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