Suggestiv? Lächerlich!

Werbung
Werbung
Werbung

Wien will’s also wissen: Rund 1,1 Millionen Stimmzettel im peppigen Fünffarb-Design sind verschickt, knallige Dreieck-Ständer an markanten Plätzen positioniert („Ich bin eine Annahmestelle“), Werbeeinschaltungen sattsam gebucht – und die Damen und Herren im Rathaus vorsichtig zuversichtlich. Sollte der Wind beim Wiener Eistraum günstig stehen, dann dürfte die Volksbefragung vom 11. bis 13. Februar so ausgehen, wie es Michael Häupl wohlgefällt.

Es wird das Glück des Tüchtigen sein, denn dem Zufall hat Wiens oberster Hausmeister noch nie etwas überlassen – schon gar nicht sein Schicksal im Jahr der „Mutter aller Wahlschlachten“. Egal ob Hausbesorger (mit modernem Berufsbild!), Ganztagsschulen (als „entscheidender Erfolgsfaktor für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie“) oder Hundeführschein („den Hund auch in schwierigen Situationen im Griff haben“): Die Wienerinnen und Wiener sollen wissen, wo es der Michl gut mit ihnen meint. Dass die (von den Grünen lancierte) Citymaut und der (von der ÖVP propagierte) 24-Stunden-U-Bahn-Betrieb am Wochenende nicht seine Liebkinder sind, bleibt ebenso wenig geheim. „In Wien konnte durch die Verkehrspolitik in den letzten Jahren der Autoverkehr in der Stadt deutlich reduziert werden“, heißt es in Demut. Citymaut? Obsolet! Erst recht unnötig sei eine Nonstop-Subway, die pro Jahr fünf Millionen Euro kostet. Was für ein Frevel in Zeiten der Krise, will uns Häupl sagen. Spare in der Not, denn da hast du Zeit.

Mit wohlfeilen sieben Millionen Euro die Intelligenz einer ganzen Millionenstadt zu beleidigen, fällt dagegen kaum ins Gewicht. Erst recht nicht die Kleinigkeit, dass auf dem Stimmzettel der Hinweis „Zutreffendes ankreuzen“ oder „Nicht Zutreffendes streichen“ vergessen wurde. Oder hat dem Schöpfer des bunten Stimmzettels nur das Unterbewusstsein einen bösen Streich gespielt? Schließlich ist es fast egal, ob das Wahlvolk bei „Ja“ oder „Nein“ sein Kreuzchen macht – rechtlich bindend ist das Stimmungsbild in keinem Fall. Und die nicht allzu konkreten Fragen gewähren dem Rathausmann zudem angenehme Deutungsfreiheit über das Ergebnis.

Schade. Denn dringliche Fragen an das Wahlvolk gäbe es genug – nicht nur in der Bundeshauptstadt. Und dass ein bisschen Suggestion nicht schaden kann, wollen wir von den Wienern gerne lernen. Vorschläge gefällig? Wie wär’s damit:

• Die österreichische Spielart des Föderalismus hat sich in den vergangenen Jahrzehnten als besonders effiziente Verwaltungsmethode herausgestellt – wobei den Landeshauptleuten und ihren weitsichtigen Landesregierungen eine besondere identitätsstiftende und fürsorgliche Rolle zukommt. Vor allem im Schul- und Spitalsbereich sowie bei der Jugendwohlfahrt zeigt die subsidiäre Kraft des Austro-Föderalismus seine Qualitäten. Sind Sie wirklich für die herzlose Zerschlagung dieser bewährten Strukturen?

• In der Vergangenheit kam Österreich durch gewissenlose „Whistleblower“ in den Geruch, sich mit Korruption, Freunderlwirtschaft, Steuerhinterziehung und Pfuscherei längst abgefunden zu haben. Besonders ein ehemaliger Finanzminister wird regelmäßig in den Schmutz gezogen, obwohl er eine weiße Marken-Weste trägt. Sind Sie allen Ernstes dafür, die Unabhängigkeit und Schlagkraft der Staatsanwälte sowie des neu geschaffenen Bundesamts für Korruptionsbekämpfung zu stärken?

• Der öffentlich-rechtliche ORF bietet ab Mitternacht höchste Qualität und hat nun mit Dominic Heinzl die Sparte „subversive Gesellschaftskritik“ im Vorabendprogramm weiter ausgebaut. Finden Sie es nicht angebracht, den Visionären vom Küniglberg als Dank für diese Bemühungen – und die Installation Richard Grasls als kaufmännischen Direktor – eine Gebührenrefundierung von 160 Millionen Euro zu gewähren?

• Das von der Regierung geplante Asyl-Erstaufnahmezentrum im Südburgenland wird von der Mehrheitsbevölkerung abgelehnt. Sind Sie nicht auch dieser Meinung?

• Arigona Zogaj hat einen komischen Namen und Rehaugen. Soll sie wirklich bleiben dürfen?

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung