Karl Schwarzenberg: "Da wirken uralte Vorurteile"
Er war Präsidentschaftskandidat und Außenminister Tschechiens: Karel Schwarzenberg spricht über Zeman, Kurz und nationale Ressentiments.
Er war Präsidentschaftskandidat und Außenminister Tschechiens: Karel Schwarzenberg spricht über Zeman, Kurz und nationale Ressentiments.
Den zum Interview nach Prag gereisten Gast begrüßt Fürst Karel Schwarzenberg mit den Worten: "Ich glaube, ich bin mittlerweile der längst dienende FURCHE-Leser!" Das kann durchaus sein, gehört Schwarzenberg doch seit den 1950er-Jahren zur Leserschaft und hat schon die Leitartikel von FURCHE-Gründer Friedrich Funder gelesen. Das Gespräch findet in Schwarzenbergs Büro im tschechischen Parlament statt. Ein passender Ort um über tschechische, österreichische und europäische Politik zu reden.
DIE FURCHE: Herr Schwarzenberg, auf meinem Weg ins Parlament habe ich gesehen, dass die astronomische Uhr am Prager Rathaus wegen Reparaturarbeiten für ein halbes Jahr angehalten wurde. Passt das Bild auch als Symbol für die Politik in Tschechien - steht auch hier die Zeit still?
Karel Schwarzenberg: Nein, denn am Rathaus wird die Uhr repariert, in der tschechischen Politik gehört die ganze Maschine ausgetauscht. Die kann man nicht mehr reparieren.
DIE FURCHE: Nach Austausch und Wechsel schaut es bei den Präsidentenwahlen aber nicht aus...
Schwarzenberg: Genau, und dieses Zusammenspiel zwischen Präsident Zeman und Premier Babis ist einer der Alpträume, die wir derzeit hier in Tschechien haben. Und wenn sich die Amtszeit von Präsident Zeman verdoppelt, würden sich die negativen Auswirkungen natürlich noch verstärken.
DIE FURCHE: Die Zustimmung zur EU ist in Tschechien laut Eurobarometer mit 33 Prozent der niedrigste Wert in allen Mitgliedsländern - auch eine Folge der Zeman-Ära?
Schwarzenberg: Der psychologische Einfluss des Staatsoberhauptes ist in jedem Land größer als seine verfassungsmäßigen Befugnisse. Die tschechischen Präsidenten nach Havel haben eine EU-kritische Linie vorgegeben. Václav Klaus war und ist der größte EU-Gegner. Zeman hat zwar mit einer pro-europäischen Geste angefangen und auf der Burg die europäische Fahne aufgezogen. In der Praxis ging seine Politik aber Richtung Moskau und Peking. Und in Wirklichkeit hat er sogar noch mehr anti europäische Politik gemacht als Klaus. Natürlich zeigt das Wirkungen beim Volk.
DIE FURCHE: Heißt, der Fisch fängt beim Kopf an zu stinken?
Schwarzenberg: Immer.
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