Ukraine-Krieg: Kein Frieden ohne Waffen!
Richard David Precht hat sich im letztwöchigen FURCHE-Interview einmal mehr gegen Waffenlieferungen an die Ukraine ausgesprochen. Wie er glauben nicht wenige, dass ein russischer „Sieg“ geradewegs zu Frieden führen würde. Wenn es nur so einfach wäre. Eine Replik.
Richard David Precht hat sich im letztwöchigen FURCHE-Interview einmal mehr gegen Waffenlieferungen an die Ukraine ausgesprochen. Wie er glauben nicht wenige, dass ein russischer „Sieg“ geradewegs zu Frieden führen würde. Wenn es nur so einfach wäre. Eine Replik.
Kaum jemand, der sich kein möglichst schnelles Ende des Krieges in der Ukraine wünscht. Weniger Einigkeit besteht freilich darüber, wie ein solches Ende aussehen soll – und wie man es am besten herbeiführt.
Gegner von Waffenlieferungen – wie etwa Richard David Precht im letztwöchigen Interview mit der FURCHE – machen hier eine simple Gleichung: Russland ist der Ukraine militärisch haushoch überlegen. Die Unterstützung müsste also so massiv ausfallen, dass man damit einen dritten Weltkrieg riskiert. Alles darunter zögert wiederum die unvermeidliche Niederlage bloß hinaus – was tausende (mutmaßlich) vermeidbare Todesopfer und Zerstörung mit sich bringt, ohne etwas am finalen Ausgang zu verändern; zumal die rücksichtslose Vorgangsweise des russischen Militärs mittlerweile hinlänglich bekannt sein dürfte. Manchmal gebiete es die Verantwortungsethik, bittere Pillen zu schlucken. Besser lebendiger Feigling als toter Held, wie der Schriftsteller Franzobel im April noch (sinngemäß) schrieb, um eine Kapitulation der Ukraine zu fordern.
Allein, Frieden ist mehr als die Abwesenheit von Krieg. Wie Precht im FURCHE-Gespräch selbst einräumt, haben ethische Kalkulationen zu einem ehestmöglichen Kriegsende mehrere unbekannte Variablen. Mehr als Mutmaßung ist also nicht drin.
Endpunkt Ostukraine?
So scheinen einige davon auszugehen, dass der Angriff auf Kiew nur eine Art Ablenkungsmanöver gewesen sein soll und Russland sich mit der Eroberung der Ostukraine zufriedengeben würde. Hier leben schließlich viele russischsprachige Menschen, die – wie Russland seit Jahren behauptet – von einem Völkermord betroffen sind; ein eindeutiger Missbrauch dieses Begriffs, der den Internationalen Gerichtshof, das Hauptrechtsprechungsorgan der Vereinten Nationen, bereits Mitte März dazu veranlasste, Russland zu einem Ende der Kampfhandlungen aufzufordern (müßig zu sagen, dass Wladimir Putin diese Verpflichtung ignoriert hat).
Zum einen entbehrt der Vorwurf des Genozids jeglicher Grundlage. Es steht vielmehr der Verdacht im Raum, dass umgekehrt Russland die Ukrainer zumindest teilweise auslöschen will und damit diesen Tatbestand erfüllt.
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