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Keine Repräsentation
Weg von der Repräsentation. Weg vom Konsumdenken. So läßt sich die Haltung beschreiben, mit der die Designerin Tricia Guild ihr Buch über den Landhausstil geschrieben hat. Sie geht dabei von ihrem Haus und Häusern von Freunden in der Toskana aus. Wer sich Einrichtungsbücher kauft, um Anregungen fürs eigene Wohnen zu finden, wird zwar kaum ein Feriendomizil in der Toskana haben, was aber im konkreten Fall wenig macht.
Denn „Mein Landhausstil” („Painted Country”) kann geradezu als Schule für Farbempfinden gelten. Oder als Medizin gegen die Angst vor der Farbe, die oft dazu führt, daß Menschen langweiliger wohnen, als es ihnen entspräche, und daß dieses ihr Wohnen nicht den Beitrag zur Lebensqualität leistet, den es leisten kann.
Für Menschen, die in kreativen Berufen tätig sind oder in ihrem Heim Kraft für eine besonders fordernde Tätigkeit tanken, spielt die Farbe im Wohnbereich eine besonders wichtige Rolle.
Die Autorin hat es gerne besonders bunt. In Stadtwohnungen wird man sich bei ihr nur bedingt Anregungen holen können (in vielen Details ist dies aber durchaus der Fall). Doch Eigentümer alter Bauernhäuser oder sonstiger Feriendomizile in der heimischen Landschaft, etwa im Burgenland, finden bei ihr manchen wertvollen Tip.
Sie hat zum Beispiel die Wände ihres Hauses in verschiedenen Pastelltönen, zum Teil aber auch in sehr kräftigen Farben, bemalt. Das große Schlafzimmer etwa prangt in einem kräftigen Blau.
Doch Wandfarben, vor allem aber Tapeten, in reinen oder gebrochenen, aber kräftigen Tönen sind auch hierzulande, und gerade auch in der Stadt, keineswegs immer Kennzeichen eines betont „popigen” Wohnens, sondern haben auch ihren Platz im Stilinventar repräsentativer
Innenarchitektur. Und zwar seit langem. Wer jemals in einem Bildband das berühmte Aquarell der Zimmerflucht in der Weimarer Wohnung eines Herrn namens Johann Wolfgang Goethe gesehen hat, weiß, wovon die Rede ist.
Tricia Guild vermittelt nicht nur einige Grundbegriffe des Umganges mit Farbe in der Innenarchitektur, sondern auch Tricks, darunter den einen oder anderen von der eher kühnen Sorte. Zu letzterer Kategorie zählt die Anregung, einem Schrank durch das Übereinanderlegen mehrerer flüchtig aufgetragener Farbschichten mit Rißlack-Oberfläche so etwas wie Patina zu verleihen.
Durchaus seriös und auf der Höhe der Zeit ist der Rat, natürliches Licht und künstliche Lichtquellen zusammenspielen zu lassen, um einen freundlicheren Raumeindruck zu erreichen, oder ein altes Bauernhaus wirklich ein altes Bauernhaus sein zu lassen und es nicht auf Stadtwohnung zu trimmen.
Sogar vielversprechende Kochrezepte serviert die Autorin, trotzdem ist und bleibt das beste an ihrem Buch, sein wahrer Reiz, die Bebilderung. Sie ist ein einziger Farbenrausch auf 192 Seiten, wobei der sorgfältige Druck auf halbmattem Papier auch eine wichtige Rolle spielt.
Wer Augen hat, wird in diesen Bildern eine Fülle von Anregungen finden und den Text weniger beachten. Sie reichen vom farbig umrandeten Rundfenster über das alte, windschiefe Gestell mit bemalten Tellern an der Wand bis zur diskreten Fortführung der Landschaftsfarben im Hausinneren, von der uneinheitlichen Verlegung alter Bodenfliesen bis zum Arrangement von allerlei Trödel, der heute leider meistens auch schon seinen stolzen Preis hat.
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