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Arbeitsplätze aus den Ministerien?

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Pleitenrekord, Rekordarbeitslosigkeit - haben Österreichs Wirtschaftspolitiker ihre Hausaufgaben verpatzt? Der ökonomische Wunderwuzzi, der einem Land mit der Außenhandelsverflechtung Österreichs das Mitgerissenwerden vom weltweiten Rezessionsstrom erspart, wird wohl erst geboren werden müssen (und heißt sicher nicht Jörg Haider). Wie unsere wirtschaftliche Position innerhalb der europäischen Staatengemeinschaft am Ende der Krise aussieht, wird, ich schrieb es schon Mitte Dezember an dieser Stelle, in erster Linie vom Geschick unserer Unternehmer abhängen.

Ein Teil der österreichischen Wettbewerbsfähigkeit ist freilich der Disposition des Managements entzogen, wird von der Politik bestimmt. Und diese war leider, vorsichtig ausgedrückt, für eine Krisenvorsorge nicht gerade hilfreich. Zu einem Zeitpunkt, wo für die betrieblichen Praktiker das ganze Ausmaß der herankommenden Krise bereits Kontur hatte, startete die österreichische Bundesregierung noch hurtig eine Sozialoffensive, obwohl die Steuer- und Abgabenquote bereits die 43 Prozent-Marke überschritten hatte.

Wir haben nicht nur Rekorde bei Pleiten und Arbeitslosigkeit, sondern auch bei den Steuereinnahmen! Eine adäquate Maßnahme zur Stärkung der Unternehmen wäre daher, neben dem Verzicht auf eine neue Sozialoffensive, das Vorziehen der Steuerreform gewesen, die ja bekanntlich eine substantielle steuerliche Entlastung der Unternehmen bringen soll. Technisch wäre das zweifellos noch machbar gewesen. Aber erstens hat die Wirtschaftspolitik die heranziehenden Gewitterwolken sehr lange ignoriert - erst im Oktober wurde ein quantitativ völlig unbedeutendes Konjunkturbelebungsprogramm, „Impulse 1993", angekündigt. Und zweitens wollte man sich das Zuckerl „Steuersenkung" für das Wahljahr 1994 aufheben.

Jetzt besteht freilich eher die Gefahr, daß die Regierung, getrieben von der Opposition und den Medien, ihre anfängliche Untätigkeit durch einen Rückfall in den Staatsinterventionismus alter Prägung überkompensiert. Bislang hat sie zwar noch derlei Ansinnen erstaunlich mannhaft abgeschmettert; wird sie aber die Nerven behalten, wenn Jörg Haider auch bei den kommenden Landtagswahlen in Niederösterreich wieder zulegt?

Daß schon jetzt ein moderner, besonnener Politiker wie ÖGB-Präsident Verzetnitsch an eine Sozialversicherungsbeitragserhöhung (!) zwecks „Halten der sozialen Standards" denkt, muß jedenfalls stutzig machen.

Es erinnert verdammt stark an die Zeiten, als man glauben machen wollte, der Markt ist etwas fürs Lehrbuch und die Arbeitsplätze kommen aus den Ministerien...

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