6895005-1980_07_19.jpg
Digital In Arbeit

Bei geregelten Preisen wird nichts billiger

19451960198020002020

Die Diskussion um die Freigabe des Dieselpreises sowie die Preissteigerungen bei Benzin haben die wirtschaftliche Problematik der amtlichen Preisregelung vor Augen geführt. Die jüngste Entwicklung zeigt, daß die bei einzelnen politischen Gruppierungen bestehende Hoffnung, im Wege der administrativen Preispolitik die Preise und damit die Inflation in den Griff zu bekommen, sich als Illusion herausgestellt hat. Die Grenzen einer auf behördliche Preisregelung vertrauenden Stabilitätspolitik haben sich deutlich gezeigt.

19451960198020002020

Die Diskussion um die Freigabe des Dieselpreises sowie die Preissteigerungen bei Benzin haben die wirtschaftliche Problematik der amtlichen Preisregelung vor Augen geführt. Die jüngste Entwicklung zeigt, daß die bei einzelnen politischen Gruppierungen bestehende Hoffnung, im Wege der administrativen Preispolitik die Preise und damit die Inflation in den Griff zu bekommen, sich als Illusion herausgestellt hat. Die Grenzen einer auf behördliche Preisregelung vertrauenden Stabilitätspolitik haben sich deutlich gezeigt.

Werbung
Werbung
Werbung

Die in das Preisgesetz eingebaute Preisregelung sieht vor, daß für bestimmte Waren oder unter bestimmten volkswirtschaftlichen Voraussetzungen vom Handelsminister Höchstpreise festgesetzt werden können. Der gesetzliche Tatbestand für die ministerielle Preisregelungskompetenz wurde in zahlreichen Novellierungen des Preisregelungsgesetzes in den letzten Jahren laufend erweitert, davon sozialistischer Seite behauptet wurde, man brauche ein „wirksames" Preisregelungsinstrumentarium, um der Inflation Herr zu werden.

Mit dieser Argumentation hat man vor allem in der ersten Hälfte der siebziger Jahre, als die Inflation die 10-Prozent-Marke erreichte und überschritt, versucht, eine Ursache für fehelnde Stabilitätserfolge in fehlenden Lenkungsgesetzen zu suchen.

Von verschiedenen Seiten wird jedoch ein derartiges Konzept mit Recht kritisch betrachtet. Vor allem zeigte sich, daß die preisgeregelten Waren im Verbraucherpreisindex stärkere Steigerungen aufzuweisen haben als die nicht preisgeregelten. Ein weiteres Problem der Preisregelung liegt darin, daß sie zwar Höchstgrenzencharakter hat, daß aber diesen Höchstgrenzen die Wirkung eines Preiskartells zukommt. Das heißt, die Anbieter orientieren ihren Preis einheitlich an der höchstzulässigen Genze. Änderungen im Marktgeschehen, wie Erhöhung des Angebotes bzw. Rückgang der Nachfrage widerspiegeln sich so gut wie nie in einem Herabsinken der Preise unter die Höchstgrenze.

Erwähnt sei an dieser Stelle die Entwicklung des Benzinpreises im Sommer 1974, als zwar international die Einstandspreise zurückgingen, jedoch der preisgeregelte Benzinpreis in Österreich keinerlei Tendenz in dieser Richtung erkennen ließ. Der Höchstwertcharakter der Preisregelung führte auch allgemein zu der Meinung, daß die ölfirmen ohne Preisregelung des Ministers keinen niedrigeren Preis verlangen könnten.

Verallgemeinert man diese Situation, so kann man feststellen, daß die Preisregelung den Konsumenten wegen ihrer kartellartigen Wirkung mehr Nachteile als Vorteile bringt. Bei der Festlegung der Höchstpreise orientiert man sich, da der Preisregelung keine Ausschlußfunktion zwecks gezielter Verminderung der Anbieter zukommt, an der Kostenkalkulation der Grenzanbieter. Deren Preisgrenzen werden genommen, damit auch diesen noch eine Existenz auf dem Markt möglich ist.

Anbieter, die aus ihrer Kostenstruktur heraus einen niedrigeren Preis ansetzen könnten, sehen sich so gut wie nie veranlaßt, dies zu tun, sondern orientieren sich an den festgesetzten Preisgrenzen. Eine dem Konsumenten zugute kommende Preiskonkurrenz bzw. eine damit zusammenhängende Rationalisie-rungs- und Kostensenkungsstrategie in den Unternehmungen unterbleibt.

Bei den der Preisregelung unterliegenden Waren entwickelt sich das Bewußtsein, in einem geschützten Sektor zu agieren. Verstärkt wird die mangelnde Konkurrenzbereitschaft noch durch den Umstand, daß die Preisregelung meist homogene Produkte, die der Befriedigung eines unelastischen Grundbedürfnisses dienen, betrifft. Die kartellartige Anpassung an den preisgeregelten Preis ist für alle Anbieter die bessere Strategie als der Versuch, Marktanteile über die Preiskonkurrenz zu vergrößern.

Läßt die administrative Preispolitik bei Angebotüberschüssen keine Vorteile für die Konsumenten erkennen, zeigt sich erst recht bei Angebotengpässen die Wirkungslosigkeit dieses Instrumentes. So vor allem auch in der momentanen Situation bei den Preisen für Erdölprodukte. Unter dem Druck angedrohter Versorgungsengpässe mußten einzelne Erdölprodukte aus der Preisregelung ausgenommen bzw. laufende Erhöhungen zugestanden werden.

Deutlich tritt zutage, daß das Spiel von Angbot und Nachfrage durch Preisfestsetzungen nicht beeinflußt werden kann. Theoretisch ließe sich zwar im Wege der Preisregelung ein niedrigerer Preis festsetzen, doch hätte dies wohl den völligen Versorgungszusammenbruch oder das Entstehen „schWarzer" Märkte zur Folge.

Die vielgepriesene Waffe der administrativen Preispolitik versagt bei den Produkten, denen eine große Nachfrage gegenübersteht und die von einer kartellartigen Anbietergruppe auf den Markt gebracht werden. Den ökonomischen Zwängen der Angebotsverknappung kann auch nicht durch verordnete Höchstpreise begegnet werden. Aus Angebotsengpässen resultierende inflationäre Prozesse sind sicher nicht über Preisregelungen in den Griff zu bekommen.

Obwohl das Versagen der Preisregelung erkennbar ist, wurde gerade in den letzten Tagen eine Regierungsvorlage für eine Änderung des Preisgesetzes zur Begutachtung versendet, welche ein „effektiveres Instrumentarium" für die Preisbehörde zum Ziel hat. So werden beispielsweise Regelungsmöglichkeiten für Importgüter, Verschärfungen bei den Bestimmungen über die Preistreibereien sowie verstärkte Einsichtrechte in die Kalkulationen und Unterlagen der Betriebe verlangt

Wenn auch gemäß der oben gemachten Ausführungen die generelle Wirksamkeit derartiger Normierungen zweifelhaft ist, bleibt doch zu beachten, daß auf Grund der gesetzlichen Ermächtigungsbestimmungen einzelnen , Unternehmungen oder Wirtschaftssektoren erhebliche Schwierigkeiten bereitet werden können. Dies kann für die Konsumenten und für die allgemeine inflationäre Entwicklung ein gewisser Vorteil sein, kann jedoch genauso zu erheblichen Beeinträchtigungen einzelner Teile des Wirtschaftslebens führen.

Das Preisgesetz enthält darum auch eine Reihe rechts- und ordnungspolitischer Probleme. Die Möglichkeiten des Staates zur Einflußnahme auf einzelne Betriebe ist in ihrer Bedeutung nicht zu unterschätzen. Durch die Fassung der Gesetzesnormen, welche erst durch entsprechende Verordnungen oder tatsächliche Ausführungen konkrete Gestalt annahmen, wird dem Rechtsschutzbedürfnis der im Wirtschaftsleben Stehenden nicht entsprochen, da diesem Gesetz ein allgemein, abstrakt-verbindlicher Charakter fehlt.

Besteht auf Grund dieses Gesetzes die Möglichkeit, Gebote und Verbote nur in einzelnen Betrieben bzw. Branchen wirksam werden zu lassen, kann das Inkraftsetzen derartiger Maßnahmen- in den Dienst einer Wirtschaftspolitik gestellt werden, die auf mehr Abhängigkeit und staatlichen Einfluß abstellt und die nicht einem generell bemängelten Mißstand entgegenwirken will. Die Gefahr, daß das effizientere Instrumentarium nur in Bereichen voll eingesetzt wird, wo man es für politisch opportun hält und daß andere Bereiche davon ausgeklammert werden, soll nicht übersehen werden.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung