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Bleiben die Katholiken Österreichs stumm?

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Seit Monaten steht die Forderung nach Schaffung eines Nationalkomitees der österreichischen Katholiken im Raum. Dieses Nationalkomitee, das das Zentralkomitee der deutschen Katholiken zum Vorbild hat, soll dem Bedürfnis nach besserer und schlagkräftigerer Artikulation der Katholiken des Landes Rechnung tragen. Skeptiker indessen befürchten, daß damit im Zusammenhang ein „Resolutionskatholizismus“ mit wenig Resonanz entstehen könnte. Die FURCHE veröffentlicht zu dieser Diskussion drei Beiträge aus der Steiermark.

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Seit Monaten steht die Forderung nach Schaffung eines Nationalkomitees der österreichischen Katholiken im Raum. Dieses Nationalkomitee, das das Zentralkomitee der deutschen Katholiken zum Vorbild hat, soll dem Bedürfnis nach besserer und schlagkräftigerer Artikulation der Katholiken des Landes Rechnung tragen. Skeptiker indessen befürchten, daß damit im Zusammenhang ein „Resolutionskatholizismus“ mit wenig Resonanz entstehen könnte. Die FURCHE veröffentlicht zu dieser Diskussion drei Beiträge aus der Steiermark.

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Die lähmenden Selbstreflexionen überwinden!

Seit der Generaldirektor des Verlages Styria, Dr. Hanns Sassmann, vor einem Jahr den höchst bemerkenswerten Gedanken eines Nationalkomitees österreichischer Katholiken in die Debatte warf, stand und steht dieses Thema auf der Tagesordnung vieler Sitzungen diverser Gremien. Den letzten Stand der Diskussion referiert der Chefredakteur der Grazer Kleinen Zeitung Dr. Fritz Csoklich in der Mainummer der Herder-Korrespondenz in einer sehr instruktiven und auffallend wertenden Zusammenfassung. Aus dieser erfahren wir, daß dem Embryo Nationalkomitee bereits jetzt Etiketten aufgeklebt werden, die ihm mehr als abträglich sind. Integralismus, Vergatterung, Machtstreben von CV-Finsterlingen und der alte KA-Marsch-tritt der „acies ordinata“ heißen die Aufschriften. Während so ein weiterführender Vorschlag mit Ubereifer schlecht gemacht wird, wird nichts Gleichwertiges an Alternative angeboten - es sei denn, man wertet den Gedanken auf Wiederbelebung des so schwerfälligen Synodalen Vorganges als solchen.

Wie sollen sich die Katholiken dieses Landes artikulieren und wie sollen sie agieren? Darum geht es im Prinzip.

Daß manche vorhandene Gremien für die heutige Situation weder installiert wurden noch ihr genügen, liegt wohl auf der Hand. Nicht Unmaßgebliches von dem, was vorhanden ist, beruht nämlich noch auf der Katakombenmentalität der NS-Zeit oder auf der euphorischen Aufbruchs- und Hochstimmung der fünfziger Jahre. Mit Ernennung von oben oder mit Mandatserteilungen von der gleichen Richtung wird man auf Dauer kaum glaubwürdig die Katholiken in einer demokratisch strukturierten Gesellschaft repräsentieren beziehungsweise deren Repräsentanz ersetzen können.

Nur ein Gremium, ein Komitee -oder wie immer man die ins Auge zu fassende Instanz nennen mag -, das von unten herauf gewählt wurde, nicht allzugroß und schwerfällig ist, das naturständische oder berufsständische Zusammensetzungsmodelle hinter sieh gelassen hat, wird sowohl effizient wie auch glaubhaft das Wollen der Katholiken Österreichs artikulieren können.

Wir haben nur die Wahl, weiterhin stumm zu bleiben und, wie gehabt, mehr oder minder schweigend zur Kenntnis zu nehmen, wie eine dünne Mehrheit kaltschnäuzig das größte Volksbegehren vom Tisch wischt, oder wir gehen daran, unsere Wertvorstellungen und unsere Weltanschauung virulent und klar einzubringen. Sich auf Einzelorganisationen oder gar nur auf Einzelkämpfer zu verlassen, fördert das Nichtstun auf unserer Seite.

Was muß denn noch alles passieren, bis Initiatoren über Gräben von gestern hinweg sich an einem Tisch finden, sich gegenseitig die Skepsis von der Seele reden und das dahinterlie-gende gleiche Grundanliegen stimulierend wirken lassen? Abschaffung des Religionsunterrichtes, Streichung der Gelder für Privatschulen, Aufhebung des Konkordates, sind das nicht konkrete Kampfansagen? Es geht aber keineswegs nur um diese gesellschaftspolitischen Belange. Wo ist die Stimme der österreichischen Katholiken in puncto Armut in Österreich, Menschenrechte, Dritte Welt, Ökumene und dergleichen?

Bleiben wir stumm und verdächtigen wir uns womöglich noch gegenseitig oder beenden wir unsere lähmenden Selbstreflexionen und reden wir? Das ist die Kernfrage!

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