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Das Comeback der alten Parteien

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Nach wochenlangen, oft aussichtslos’ scheinenden Verhandlungen hat Dänemark sein Krisenprogramm doch noch unter Dach und Fach gebracht. Sozialdemokraten, Konservative, die bäuerlichliberale „Venstre” und die Sozialliberalen einigten sich auf einen Wirtschafts- und Beschäftigungsplan, der als „Augustpakt Nummer 2” in Dänemarks Geschichte eingehen wird. Er eint erstmals die vier ältesten Parteien des Landes, nachdem seit den Dezemberwahlen 1973 immer wieder Neugründungen das politische Bild bestimmt haben. Nicht sosehr der Inhalt des Krisenprogramms als die Tatsache, daß sich nun die vier Parteien gefunden haben, von denen man ehesten eine verantwortungsbewußte Langzeitpolitik erwarten kann, läßt Dänemarks Zukunftsbild wieder etwas günstiger aussehen.

Das Programm selbst hat bestenfalls Sofortwirkung und ist nicht dafür geschaffen, die beiden großen Probleme - Arbeitslosigkeit und Außenhandelsdefizit - ernsthaft zu bekämpfen. Das wissen auch die Väter des „Augustpaktes”. Er soll innerhalb von drei Jahren 18 Milliarden Kronen einbrin- gen, in erster Linie durch eine Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes von 15 auf 18 Prozent.

Auf der Ausgabenseite steht der Beschäftigungsplan, der acht Milliarden Kronen kostet und jährlich 20.000 neue Arbeitsplätze schaffen soll. Als Anreiz für Dänemarks Wirtschaft enthält das Krisenprogramm eine Verbesserung verschiedener Abschreibungsmöglichkeiten. Außerdem übernimmt der Staat das Krankentagegeld ab der dritten Krankheitswoche. Bisher hatten die Arbeitgeber fünf Wochen bezahlen müssen.

Es war in den letzten Wochen kein attraktiver Job, Spitzenpolitiker in Dänemark zu sein. Die Verhandlungsrunden endeten oft um zwei Uhr nachts und gingen um acht Uhr morgens weiter. Die Verhandlungspartner wechselten ständig, ehe sich der „alte Kern” dänischer Politik gefunden hat te. Die Zusammenarbeit ist allerdings auf das soeben beschlossene Notprogramm beschränkt. Eine Regierungskoalition, die der konservative Parteichef Poul Schlüter vorgeschlagen hatte, wurde nicht weiter in Erwägung gezogen. Zumindest nicht im Augenblick. Doch es gibt zahlreiche ernst zu nehmende Stimmen, die meinen, Dänemark müsse mit den Minderheitsregierungen Schluß machen, wenn es politisch endlich wieder langsichtig arbeiten wolle. In den letzten sechs Jahren hat Dänemark zwar vier Wahlen, drei Staatsminister, aber keine Mehrheitsregierung erlebt.

Die Kritik an diesen Plänen kommt vom Gewerkschaftsflügel der Sozialdemokraten. Ihm scheint der sehr zusammenarbeitswillige Anker Jörgensen viel zu sehr an das bürgerliche Lager gebunden. Die gegenwärtige Krise scheint den Gewerkschaftern jedenfalls nicht ernst genug, um eine „nationale Sammlung” zu rechtfertigen. „Wir haben ja weder Krieg noch Hungersnot”, klang es als Antwort auf die Koalitionswünsche aus dem Gewerkschaftshaus.

Hinter dem Krisenprogramm steht jedenfalls nach langer Zeit wieder eine stabüe Mehrheit. Die vier Parteien zählen gemeinsam 107 Mandatare; 179 sitzen insgesamt im Folketing. Zwei weitere bürgerliche Parteien, die Zentrumsdemokraten und die Christliche Volkspartei, unterstützen in großen Zügen den vorgelegten Plan. Die Opposition kommt nur mehr von den Extremen: von den drei Parteien der äußersten Linken und von Mogens Gli- strup, für den die neuen Rekordsteuern Wasser auf die Mühlen sind.

Es war übrigens im buchstäblichen Sinn im letzten Augenblick, daß der „Augustpakt” abgeschlossen wurde. Am 31. August um 23.30 Uhr verkündete Anker Jörgensen den wartenden Presseleuten das Resultat der Verhandlungen. Eine halbe Stunde später, und es wäre ein „Septemberpakt” geworden.

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