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Einmal ist dreimal - bei Sondersteuem

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„ln (Jen Himmel kommen wir mit diesem Wirtschaftsplan nicht. Aber wir werden dafür sorgen, daß wir nicht in der Hölle landen!” Dänemarks Staatsminister Anker Jörgensen hat keine Illusionen mehr. Wenn die dänischen Steuerzahler vom kommenden Herbst an wieder einmal kräftig zur Kasse gebeten werden, dann bedeuten diese Staatseinnahmen keinen Ausweg aus der Krise. Sie können im besten Fall verhindern, daß Arbeitslosenzahlen und Staatsverschuldung noch weiter wachsen.

Die Sozialdemokraten haben den übrigen Parteien ihren Plan vorgelegt, der zusätzliche Einnahmen in der Höhe von sieben Milliarden Kronen erbringen soll. Am Tag nach dem Ausspiel der Regierungspartei reiste Anker Jörgensen nach Grönland. Während er dort die Probleme der Grönländer studiert, haben die übrigen Parteien Zeit, ihre Antwort an den Staatsminister zu formulieren. Ende August soll dann ein neuer „Krisenpakt” geschlossen werden, der vierte, seit Anker Jörgensen an der Macht ist.

Vor einem Jahr hatten dem „Augustpakt Nr. 1” nur drei kleine bürgerliche Parteien zugestimmt, so daß sich die Regierung auf keine Mehrheit im Parlament stützen konnte. Diesmal setzt Jörgensen auf einen Konsens mit möglichst vielen Parteien. So wird diesmal wohl auch die bäuerlich-liberale „Venstre” mitmachen, wenn sich auch ihr Leiter Poul Härtling in den ersten Stellungnahmen zum sozialdemokratischen Vorschlag recht zurückhaltend zeigt. Aber die Wähler haben im letzten Februar die zusammenarbeitsfeindliche Haltung ‘ der „Venstre” mit einer Halbierung ihrer Mandatszahl beantwortet, so daß man diesmal wohl einen milderen Kurs einschlagen wird.

Der „Augustpakt Nr. 2” wird den Kampf an zwei Fronten aufnehmen. Einerseits sollen das Budget-Defizit und die Staatsverschuldung bekämpft werden, anderseits sollen etwa 20.000 neue Arbeitsplätze pro Jahr geschaffen werden. Da geschätzt wird, daß in den nächsten drei Jahren auch die Zahl der arbeitsfähigen Bevölkerung um je 20.000 wachsen wird, ist ein Sinken der Zahl der Beschäftigungslosen nicht zu erwarten.

Finanziert soll der Plan in erster Linie durch höhere Steuern und Abgaben werden. Genaue Informationen werden geheimgehalten, um Hamsterkäufen vorzubeugen. Vor einem Jahr war der Regierung ein Lapsus passiert: Die Einführung einer Zuk- kersteuer war zwei Wochen vor dem Inkrafttreten bekanntgegeben worden. Die Regale füllten sich in Dänemarks Haushalten mit Zuckersäcken. Und die Abgabe erbrachte in den ersten drei Monaten nicht die geschätzten 20 Millionen, sondern nur 150.000 Kronen.

Solche Fehler sollen diesmal vermieden werden. Aber daß die Zigarettenpreise bis auf 20 Kronen klettern und auch die Alkoholika weiter verteuert werden, steht fest. Einen Großteil der benötigten Summe soll eine „Einmalsteuer”, als Arbeitslosigkeitsabgabe deklariert, einbringen. Arbeitnehmer, die jährlich 60.000 Kronen und mehr verdienen, sollen mindestens ein Prozent ihres Einkommens abliefern. 60.000 Kronen sind in Dänemark ein unteres Durchschnittseinkommen. Diese Steuer, die „Einmalsteuer” heißt, soll übrigens drei Jahre hindurch eingehoben werden. Dann wird man sich wohl daran gewöhnt haben und vergessen, daß sie als Sonderabgabe vorgesehen war.

Dem vorgelegten Plan wird man sicherlich noch leichte Änderungen angedeihen lassen, um ihm eine breite Mehrheit zu sichern. Aber eine durchgreifende Reform wird wieder nicht in Angriff genommen, weil man sie für unrealistisch hält. Man rettet sich von Krisenpakt zu Krisenpakt.

Eine Statistik des Nordischen Rates, die in der dänischen Presse kaum beachtet wurde, zeigte kürzlich ganz deutlich das Dilemma der dänischen Krisenbekämpfung auf. Dänemark war das skandinavische Land, das im Vorjahr das meiste Geld in den Arbeitsmarkt steckte. Aber von den 6,2 Milliarden Kronen wurden 5,4 Milliarden zur Auszahlung des Arbeitslo-

sengeldes benötigt. Schweden hingegen verwendete 19 von 20 „Arbeitsmarktkronen” für Förderungsmaßnahmen. In Dänemark wird den Arbeitslosen nur für den Augenblick geholfen; die hohe Unterstützung - im Normalfall 90 Prozent des Letzteinkommens - verhindert materielle Not. Doch die Chance des Arbeitslosen, neue Arbeit zu finden, bleibt sehr, sehr klein. Einige wenige nützen das aus. Die meisten leiden darunter.

Doch deT neue Augustpakt wird daran wieder nichts ändern. Er wird den Lohnempfängern zwar spürbare Mehrausgaben bringen - durchschnittlich 3400 Kronen jährlich pro Haushalt, haben die Tageszeitungen errechnet -, aber er wird ohne Langzeitwirkung bleiben. Dänemarks Ökonomen empfehlen dem Staatsminister andere Schritte: eine Abwertung der Krone um 25 Prozent und eine scharfe Lohn-Preis-Gesetzgę- bung, die sichern soll, daß diese Abwertung auch voll wirksam wird. Doch für Roßkuren haben die lebensfrohen Dänen nichts übrig.

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