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Image wichtiger als Politik

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Offensichtlich ist es nicht gelungen, der Öffentlichkeit ein Bild des Bundeskanzlers und seines Wirkens zu vermitteln, das den starken Eindruck aufrechterhielte, den Erhard jahraus, jahrein als der Inbegriff des Wirtschaftswunders auf die breite Öffentlichkeit gemacht hat. Man befaßt sich zwar auch in der Spitze der Regierenden viel mit Meinungsumfragen. Mancher ist ihnen geradezu hörig. DES Image wird beinahe wichtiger als die Politik. Aber was nützt ein noch so sorgfältig zurechtgeschmink- tes Image, wenn dem Wähler die Politik nicht gefällt? Die letzten Wahlen haben Beweise dafür erbracht, zu welchen Trugschlüssen Meinungsumfragen führen können, und welcher falsche Zauber ein Image sein kann. Er wirkt so viel und iso wenig wie etwa die Wunderkünste der Medizinmänner im afrikanischen Buisch.

Die Aufgabe der CDU besteht also schlicht darin, der Bevölkerung die Überzeugung beizubringen, daß in Bonn eine realistische, prakt: 'che, widerspruchsfreie Politik betrieben werde. Hierfür ist nicht allein — wenn auch in erster Linie — der Regierungschef zuständig, sondern das gesamte Kabinett, die gesamte CDU als die größte Regierungs; ,.cei und dies wird in den Reihen der CDU immer nachhaltiger empfunden. Die SPD ist bereits jetzt erneut zu dem Kampf um die Macht angetreten, der sie in Nordrhein-Westfalen schon um ein Haar an die Regierung gebracht hätte und der sie 1969 im Bund auf jeden Fall an die Regierung bringen soll.

Hoffnung auf „Genossen Trend“

Die SPD vertraut darauf, daß der „Trend“ jetzt endgültig zu ihren Gunsten verlaufe, daß sie die Entwicklung jetzt wirklich in den Griff bekomme, daß sie nicht zuletzt von den Fehlern und Schwächen der CDU leben könne wie die CDU jahrelang von den Fehlern und Führungsschwächen der SPD profitiert hat. Auch in den Reihen der CDU wird dies so gesehen. Deshalb der Ruf nach einer energischen Reform an Haupt und Gliedern, nach einer Straffung und klaren Ausrichtung der Politik. Deshalb auch der Ruf nach einer Wachablösung und der Ausblick nach dem „großen

Mann“ oder den großen Männern von morgen. Sie sollen die naturgegebenen Meinungsverschiedenheiten im Schoß einer so großen Partei durch ein profiliertes, , attraktives Programm überwinden.

Entscheidender Antrieb dabei ist die Überlegung, daß sich die CDU frühzeitig auf die Wahlen von 1969 vorbereiten müsse, denn, wenn nichts Unerwartetes geschehe, werde es diesmal wirklich ums „Überleben“ gehen, darum, ob sie nach 20 Jahren weiter an der Regierung bleibt oder vom Wähler in die Opposition verbannt wird. Die Maßnahmen im Hinblick auf diese Entscheidung können — dies ist allgemeine Überzeugung — nicht erst ein halbes Jahr vor den Wahlen in die Wege geleitet werden. Darum soll die Bundestagsfraktion der CDU/CSU in diesen Tagen eine grundlegende Bestandsaufnahme vornehmen, die sich auf sämtliche Gebiete erstreckt. Auf der Grundlage dieser Bestandsaufnahme soll sodann ein Programm aufgestellt werden, das zielklar und festgefügt ist und den Wähler zu überzeugen vermag, daß er um der Stetigkeit und Durchschlagskraft willen der CDU auch 1969 wieder die Verantwortung für die Regierung übertragen sollte.

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