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Erneuerung der Gesinnung
Der Zweite Präsident des Nationalrats und Bau- embundobmann Roland Minkowitsch wehrt sich im Gespräch mit Chefredakteur Hubert Feichtlbauer gegen Vorwürfe: „Parteischädlichkeit kann mir niemand nachweisen ..
Der Zweite Präsident des Nationalrats und Bau- embundobmann Roland Minkowitsch wehrt sich im Gespräch mit Chefredakteur Hubert Feichtlbauer gegen Vorwürfe: „Parteischädlichkeit kann mir niemand nachweisen ..
Sie waren in den letzten Monaten häufig Objekt auch innerparteilicher Kritik. Sind Sie ein Gegner der Parteireform?
MINKOWITSCH: Ich erinnere mich da einer schwierigen Phase in Vorarlberg, als manche glaubten, einem Herbert Kessler sogar einen Rücktritt nahelegen zu sollen. Derselbe Herbert Kessler hat dann hervorragende Wahlerfolge erzielt. Eine ähnliche Situation gab es einmal mit dem ebenso verdienten Salzburger Landeshauptmann Lechner, den man für ein schlechtes Wahlergebnis verantwortlich machen wollte und der später für die ÖVP den größten Wahlerfolg erzielen konnte. Wenn man immer gleich nach der Wurstmaschine ruft, wird man sie wegen Mangels an Ware bald nicht mehr betätigen können.
Bei allen Wahlen der letzten Monate hat die Volkspartei in überwiegend agrarischen Gemeinden schlechter als in Industriegebieten abgeschnitten. Was macht sie dort falsch?
MINKOWITSCH: Prozentsätze liaŤbeří liüf einen beschränkten Aussagewert. Je kleiner die Gemeinde, um so mehr wirkt sich der Abgang von wenigen Personen prozentmäßig aus. In einer IMAS-Umfrage haben 81% der Bauern die ÖVP als „die bessere Partei“ bezeichnet.
Und das trotz der Kritik, der Bauernbund orientiere seine Politik zu sehr an den Haupt- und zuwenig an den Nebenerwerbsbauern, die ja schon über 60% ausma- chßTi?
MINKOWITSCH: Wer so redet, ist schlecht informiert und uns nicht wohl gesinnt. Ich verwahre mich dagegen, so zu tun, als ob alle Pendler Nebenerwerbsbauern wären. Und auch bei diesen kommt es wieder darauf an, wohin sie pendeln. Im Montafon etwa bleiben sie auch im neuen Arbeitsbereich der ÖVP treu - in verstaatlichten Unternehmungen oder der Bundesbahn wird ihnen dies oft schwer genug gemacht.
Sind wirklich die Bauern mit ihrer Führung so zufrieden?
MINKOWITSCH: Ich muß endlich einmal sagen, daß auch die Bauernschaft ein Hoffnungsbund der ÖVP ist, um den man sich bemühen muß. Natürlich ist es für Nebenerwerbsbauern keine Selbstverständlichkeit mehr, politische Einstellungen unkritisch fortzusetzen, wenn sie sehen, wie man im Industriebetrieb mit weniger Arbeit einen höheren Lebensstandard und mehr Sicherheit erreichen kann. Und wenn sie erleben, wie ihre politische Einstellung für selbstverständlich genommen und das Geld anderswo in „Hoffnungsgebiete“ hingelenkt wird…
Auf Bauernbundseite wird oft über die Nachlässigkeit des OAAB bei der Erfassung von Pendlern und auf ÖAAB-Seite über die Nachlässigkeit des Bauernbundes bei deren Weitermeldung geklagt. Wer hat recht?
MINKOWITSCH: Wenn ein neuer Arbeitnehmer im Betrieb bei der Tür hereinspaziert, dann kann ein Betriebsrat unserer Seite ihn begrüßen und ihm seine Hilfe anbieten, ob der gemeldet ist oder nicht.
Soll der ÖVP-Obmann wissen, wieviel Geld die Bünde haben, und vielleicht sogar mehr als bisher davon auch für die Partei bekommen?
MINKOWITSCH: Daß die Gesamtpartei auf eine stärkere finanzielle Basis gestellt werden muß, ist jedem ÖVP-Verantwor- ‘tufttsträibf klar:Wie’mäh -e ärläi chen wird, ist eine Sache der Dis- ‘ktfsSiöffi’JederifällShbéF-haRďich’ nichts davon, von „mehr Bürgernähe“ zu reden und das Parteiinkasso dem Computer zu überlassen, so daß das einzelne Mitglied nicht mehr seine Sorgen dem Funktionär anvertrauen kann. Das persönliche Inkasso des Bauernbundes wäre wert, daß auch andere uber dessen Einführung nachdenken. So etwas setzt freilich die Aufrechterhaltung einer wirksamen territorialen Organisation voraus.
Also keine Auflassung der Bün- desekretariate auf Orts- und Be-’ zirksebene?
MINKOWITSCH: Wenn man von Subsidiarität und Föderalismus redet, muß man diese Grundsätze auch in der eigenen Partei emstnehmen. Es wäre eine Illusion, anzunehmen, daß Begeisterung für eine Sache und Tradition einfach verpflanzbar und delegierbar wären.
Sind Sie für eine Direktwahl der Bundesparteiobmannstellvertreter durch den Parteitag, ohne daß die Chefs der Teilorganisationen automatisch Stellvertreter des Obmanns sind?
MINKOWITSCH: Jede Lösung hat ihre Vor- und Nachteile. Man muß sich rechtzeitig darüber Gedanken machen, ehe auf irgendeinem Gebiet irreversible Entwicklungen eingeleitet werden. Es ist ja auch denkbar, daß nicht jeder der hündischen Obmänner als Stellvertreter kandidiert.
Was also ist Ihrer Meinung nach das Wichtigste für die Erneuerung des Volkspartei?
MINKOWITSCH: Die Erneuerung fängt bei der Gesinnung und im geistigen Bereich an, wo Grundsätze in die Tat umzusetzen sind. Man soll einander auch kritische Worte offen ins Gesicht sagen und nicht bei Presseheurigen giftige Bemerkungen fallen lassen …
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