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Feindbilder hinterfragen!

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Der „Fäll Kendöl“ hat viele Debatten ausgelöst. Wir haben Leopold Kendöl (Bild), den Präsidenten des Katholischen Familienverbandes Österreichs, und Kurt Hürbe, Bezirkshauptmann für Wien-Umgebung und Obmann der Katholischen Aktion der Erzdiözese Wien, um eine Stellungnahme zu der dähinterliegenden Sachfrage gebeten.

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Der „Fäll Kendöl“ hat viele Debatten ausgelöst. Wir haben Leopold Kendöl (Bild), den Präsidenten des Katholischen Familienverbandes Österreichs, und Kurt Hürbe, Bezirkshauptmann für Wien-Umgebung und Obmann der Katholischen Aktion der Erzdiözese Wien, um eine Stellungnahme zu der dähinterliegenden Sachfrage gebeten.

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Die Tatsache, daß fast 90 Prozent aller Österreicher Katholiken sind, weist uns auf das Selbstverständnis der Katholischen Kirche als einer offenen, weiten Gemeinschaft, in der viele Unterschiede und eine große Meinungsvielfalt toleriert werden, hin.

Die Katholische Kirche hat sich meines Erachtens nie als eine elitäre Gruppe mit hochgesetzten Eintrittsbedingungen verstanden. Wichtig war es ihr, die einmal Aufgenommenen immer wieder mit den hohen Zielsetzungen des Christentums zu konfrontieren, und ihnen zu helfen, eich diesen Zielen zu nähern.

Diesem Selbstverständnis entspricht eine pastorale Grundhaltung, die man mit Paulus am besten so umschreibt: „Allen alles werden, den Juden ein Jude, den Griechen ein Grieche“. Von daher gesehen, ist politisches Engagement ein Hindernis der pastoralen Arbeit, weil es notwendig Konfrontation und Konflikt einschließt.

Andererseits ist ein Christentum und eine Kirche unglaubwürdig, die nicht von ihren Grundsätzen zum Engagement für die Gesellschaft, die Not und Hüfsbedürftigkeit der Mitmenschen auch im politischen Bereich getrieben wird. Unter diesem doppelten, scheinbar widersprüchlichen Anspruch stand die Kirche immer. Heute sucht sie dem dadurch gerecht zu werden, daß Bischöfe und Priester das „allen alles werden“ artikulieren und katholische Laienorganisationen aus ihrer christlichen Uberzeugung Politik machen.

Welche Bedeutung hat dies nun für politische Parteien? Es ist sinnlos, wenn eine politische Partei immer wieder den mehr oder weniger versteckten Vorwurf erhebt, „die Kirche“ (sprich Bischöfe und Priester) hätten sie verraten, weil sie vor den Wahlen keine „klaren Stellungnahmen“ abgäben. Es ist sinnlos, katholische Laienorganisationen für irgendeine politische Partei vereinnahmen zu wollen, da ihre politische Tätigkeit Ausfluß ihres christlichen Engagements ist und dieses nicht selten parteipolitischen Interessen zuwider läuft.

Umgekehrt wäre es an sich denkbar, daß sich eine Partei als Instrument einer christlich motivierten Politik versteht, keinesfalls dürfte sie aber dann den politischen Monopolanspruch auf alle Kathoüken erheben.

Ganz untragbar aber schiene mir die Strategie einer politischen Partei, die im oben genannten Sinn sich zwar nicht als christliche Partei versteht, aber damit rechnet, daß alle anderen Parteien für Katholiken politische Feindbilder darstellen und daher unwählbar sind. Selbst wenn es gelänge, diese Feindbilder zu fixieren, müßten politisch engagierte Katholiken längerfristig die fehlende Wahlmöglichkeit und das Angewiesensein auf ein geringeres Übel als unbefriedigend empfinden.

Ganz zu schweigen davon, daß auch politisch tätige Kathoüken von ihrem Glauben her dazu verpflichtet sind, Feindbilder immer wieder zu hinterfragen. Die Instabilität dieser Strategie ist auch dann gegeben, wenn niemand in der Öffentlichkeit auf diese Problematik hinweist.

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