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Fesseln lockern

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Stöhnen Sie nicht auch manchmal unter der Fülle von Vorschriften, Regelungen und Formularen?

Schon der Antrag an das Finanzamt zur Berücksichtigung von Sonderausgaben auf der Lohnsteuerkarte wird langsam zur Wissenschaft. Von der Einkommensteuererklärung gar nicht zu reden!

Eine Flut von Verordnungen und Gesetzen ergießt sich über den Staatsbürger. Niemand vermag dem auch nur annähernd noch zu folgen. Doch Unkenntnis schützt den Bürger bekanntlich nicht vor Strafe. Ist das nicht zynisch?

In vielen westlichen Industriestaaten hat sich in den letzten Jahren einiges verändert. Ein frischer Wind der Liberalisierung weht durch die Demokratien des Westens.

• In der Bundesrepublik Deutschland hat man, zielgerichtet in mehreren Etappen, die Steuern gesenkt, um die Wirtschaft zu beleben. Ergebnis: Diese kann auf hohes Wachstum, extrem hohe Exportüberschüsse und die stabilste Währung der Welt hinweisen.

• In den USA hat man die Steuern rapid gesenkt.

• In Skandinavien hat man die Möglichkeit zum Selbständigwerden erleichtert.

• In Italien und in der BRD, um nur einige Nachbarstaaten zu nennen, können auch Private Radiostationen betreiben oder private Fernsehsender installieren. Eine Nebensache? Aber typisch!

In vielen Ländern der westlichen Welt gibt es wesentlich liberalere Chancen und Möglichkeiten, auf die Wünsche der Konsumenten einzugehen. Zum Beispiel: Ladenschluß. Die Bundesrepublik Deutschland kennt einmal im Monat den langen Einkaufssamstag, die Schweiz den wöchentlich einmaligen späten Abendverkauf, und in den Mittelmeerländern orientieren sich die Geschäfte traditionell an den Bedürfnissen der Käufer und nicht an den Einflußsphären von zwangsbeglückenden Politikern.

Kleinigkeiten? Mag sein, aber gleichzeitig auch Indizien dafür, wie reglementiert und obrigkeitsgläubig in Österreich so manches noch funktioniert ...

Die vergangenen Jahrzehnte haben den Beweis dafür erbracht, daß der beste Regulator für eine gesunde Wirtschaft die Wettbewerbsfähigkeit und die möglichst optimale Befriedigung von Bedürfnissen ist.

Die Politik der allumfassenden Zwangsbeglückung des Bürgers ist in vielen Bereichen gescheitert. • Das Dogma von der absoluten Sicherheit des Arbeitsplatzes in Staatsbetrieben sollte das Land vor Arbeits-

losigkeit bewahren. Jetzt müssen wir für Milliardendefizite aufkommen, und die Arbeitslosenrate steigt dennoch.

• Möglichst viele Menschen sollten Zwangs- und pflichtversichert sein, um in der staatlichen Altersvorsorge beruhigt auf den Lebensabend zu warten. Jetzt zeigt sich mit aller Deutlichkeit: Der Sozialstaat ist so nicht finanzierbar, auf die Eigenleistung, auf die individuelle Spartätigkeit, auf die Verantwortlichkeit jedes einzelnen von uns kann auch die perfekteste Umverteilungsphilosophie nicht verzichten.

• Bildung sollte ein Instrument der persönlichen Selbstverwirklichung sein, hieß es in den letzten Jahren. Wer den Einwand wagte, man müsse bei der Wahl des Bildungsweges wohl auch auf die Berufschancen Rücksicht nehmen, der galt als Reaktionär, einer längst überholten Elitenbildung verpflichtet. Ergebnis: überfüllte Hochschulen und arbeitslose Akademiker sind das Menetekel.

In Österreich sind bei Bund, Ländern und Gemeinden mehr öffentliche Bedienstete beschäftigt als die österreichische Industrie an Mitarbeitern aufzuweisen hat.

Wir sind nach wie vor ein Land der hohen Steuern, der Überadministration, der Formulare und endlosen Behördenwege am Beginn der wirtschaftlichen Tätigkeit.

Rund um uns wird viel liberalisiert. Überall fallen Fesseln, überall kann freier geatmet werden ...

Müssen wir denn auch diesmal wieder im Westen die letzten sein?

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