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Jüdischer Fuß in der Tür

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Die Zentrale der Arabischen Liga ist beunruhigt wegen der bei ihr einlaufenden Meldungen über arabische Rückschläge an der diplomatischen Front in Schwarzafrika. Auch in den Außenministerien Ägyptens, Saudi-Arabiens, Syriens, Iraks und Libyens häufen sich die Berichte der diplomatischen Missionen im dunklen Firdteil über die Verschlechterung der Beziehungen zu den Gastländern. Die Araber sind offenbar drauf und dran, den zwischenstaatlichen Goodwill, den sie kurz vor, während und nach dem Ramadan-Krieg im vorigen Oktober unter sanfter Nachhilfe vor allem des libyschen Staatschefs Mo’Ammer el-Gaddafi erwerben konnten, wieder zu verlieren. ‘

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Die Zentrale der Arabischen Liga ist beunruhigt wegen der bei ihr einlaufenden Meldungen über arabische Rückschläge an der diplomatischen Front in Schwarzafrika. Auch in den Außenministerien Ägyptens, Saudi-Arabiens, Syriens, Iraks und Libyens häufen sich die Berichte der diplomatischen Missionen im dunklen Firdteil über die Verschlechterung der Beziehungen zu den Gastländern. Die Araber sind offenbar drauf und dran, den zwischenstaatlichen Goodwill, den sie kurz vor, während und nach dem Ramadan-Krieg im vorigen Oktober unter sanfter Nachhilfe vor allem des libyschen Staatschefs Mo’Ammer el-Gaddafi erwerben konnten, wieder zu verlieren. ‘

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Noch bis zum Beginn der siebziger Jahre waren die Beziehungen der unabhängig gewordenen jungen Staaten Schwarzafrikas zu ihren direkten Nachbarn im Norden vornehmlich von den böS’en Erfahrungen mit den arabischen Sklaven- jägem und -händlern früherer Jahrhunderte geprägt und daher eher kühl. Verschiedene erwiesene Versuche des ägyptischen Geheimdienstes, sich in die inneren Angelegenheiten der Gastländer einzumischen, trugen nicht gerade zur Hebung des Klimas bei. Diese Lage erleichterte Israel die Anknüpfung enger freundschaftlicher Beziehungen zu Schwarzafrika. Der Judenstaat war bis vor dem Ramadan-Krieg überall in Schwarzafrika fest etabliert und leistete in vielen west- und ostafrikanischen Ländern mit denkbar geringem finanziellem Aufwand vorbildliche infrastrukturelle Entwicklungshilfe, wobei er auf die eigenen Erfahrungen zurückigreifen und echte Hilfe zur Selbsthilfe geben konnte. Die Israelis halfen außerdem beim Aufbau oder der Reorganisation ganzer Armeen, Polizeikorps und Geheimdienste. ; Zaires Staatschef Mobutu wurde ebenso in den israelischen Streitkräften ausgebilde’t wie

Ugandas exzentrischer Diktator Amin.

Dieses Bild änderte sich erst mit Zurmachtkommen des Obersten Gaddafi in Libyen. Dem „modernen Propheten“ gelang auf politischem Gebiet eine gewisse Wiederbelebung der muselmanischen Mission in Schwarzafrika. Er unterstützte „Be- freiungs“-Bewegungen und machte mehreren afrikanischen Regierungen großzügige Wirtschaftshilfeversprechungen. Als die Araber dann im Zusammenhang mit dem Ramadan- Krieg ihre Ölwaffe schärften, mußten die Afrikaner fürchten, ebenfalls von ihr getroffen zu werden und schwere wirtschaftspolitische und entwicklungstechnische Rückschläge zu erleiden. Im vorigen Jahr fielen sie reihenweise von Israel ab, kappten ihre diplomatischen Beziehungen zu Jerusalem, verwiesen die israelischen Entwicklungshelfer des Landes und schwenkten in der Un-Voll- versammlung ins arabische Lager.

Zwölf Monate später blieb nichts mehr übrig von diesen arabischafrikanischen Flitterwochen. Die Schwarzafrikaner sind verbittert darüber, daß vor allem Oberst Gaddafi viel versprach und wenig hielt. Seine Hilfsangebote seien ent weder überhaupt nicht oder nur schleppend und unzureichend konkretisiert worden. Seine Politik beschränke sich auch in Schwarzafrika weiterhin darauf, plan- und ziellos Unruheherde zu schaffen oder Unruhen zu schüren. Auch Saudi- Arabien und die anderen arabischen Ölkrösusse hätten sich bislang nicht um die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der scbwarzafrikani- schen Staatenwelt gekümmert. Von seiten der arabischen Liga hätten die Schwarzafrikaner lediglich einen einzigen ganz normalen Kredit von 130 Millionen Dollar für ihre Entwicklungsbank erhalten.

Besonders betroffen ist man in Schwarzafrika über die erst jetzt in ihrem ganzen Ausmaß sichtbar werdenden Auswirkungen der arabischen Ölpreispolitik des Vorjahres auf die eigenen Entwicklungsprojekte. Kein schwarzafrikanischer Staat erreichte einen Preisnachlaß für das an ihn gelieferte arabische Rohöl. Die Folge war, daß die ohne hin devisenschwachen Länder ihre Devisenreserven vornehmlich für das verteuerte öl drangeben mußten, daß überall lebenswichtige Entwicklungsprojekte verteuert wurden, steckenhlieben oder aufgegeben werden mußten.

In den letzten Monaten haben mehrere schwarzafrikanische Regierungen Israel vertrauliche Versöhnungssignale gegeben. Kenia und Senegal sind an der Wiederaufnahme der israelischen Entwicklungshilfe interessiert. Die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen macht man in den afrikanischen Hauptstädten zwar noch vom weiteren Verlauf der Genfer Nahostverhandlungen abhängig, bis dahin dürfte der Judenstaat in Schwarzafrika jedoch schon wieder den Fuß in der Tür haben. Im Kairoer Ligahauptquartier fürchtet man, diese Entwicklung werde sich nachteilig auf die arabische Position in der UN-Vollversammlung auswirken. Das könne man nur durch eine planmäßige diplomatische und finanzielle Großoffensive veihindern. Doch die Ligakassen sind chronisch leer.

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