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Strategien
In der Schweiz macht man sich Gedanken über die nationale Identität der Willensnation Schweiz. Welche Folgen wird die Europäische Integration auf den „Sonderfall Schweiz“ haben?
Die Schweizer setzen alles daran, im wirtschaftlichen Bereich „europafähig“zusein, sie sind aber, im Gegensatz zu Österreich, nicht besonders „europawillig“.
Die Schweizer fragen sich, wie sie ihr Erbe im Kommunikationszeitalter und in der rasanten Entwicklung Europas bewahren sollen: Die genossenschaftliche Form der Demokratie, also die Einbeziehung aller in möglichst viele politische Entscheidungen, den Föderalismus und die Neutralität. Diese drei Faktoren bestimmen wesentlich die Schweizer Identität.
Im Schweizer Bundesrat gibt es eine „Groupe de reflexion“ Schweiz-Europa, und erst jüngst hat sich Minister Walter B. Gyger in der „Neuen Zürcher Zeitung “ auf einer ganzen Seite mit der Frage beschäftigt, was denn passieren werde, wenn ab 1992 der „Kulturraum Schweiz“ einem „europäischen Kulturmarkt“ gegenüberstehen wird. Die Außenpolitik der Schweiz müsse künftig dem Kultursektor eine besondere Beachtung schenken, betont der Minister, der eine eigene Strategie fordert, um den kulturellen Beziehungen mit dem Ausland entsprechenden Platz zu sichern. Gleichzeitig aber gehe es um den inneren Zusammenhalt der Willensnation Schweiz in einer Umbruchsphase.
Die Schweizer verharren aber keineswegs in einer Nabelbeschau, sondern erkennen auch die Herausforderung, der sich Europa weltweit gegenübersieht. Und da genüge es nicht, meint zum Beispiel Minister Walter B. Gyger, vergan-genheitsbezogen die europäisch-abendländische Identität zu beschwören, sondern es müßten klare Zukunftsperspektiven erarbeitet werden.
Zwar gibt es in der EG keinen politischen Willen zu einem Kulturzentralismus, aber ab 1992 wird es sicher auch eine begrenzte EG-Kultur-Innenpolitik und eine begrenzte Kultur-Außenpolitik geben. Diese Entwicklung macht sich jetzt schon in verschiedenen Bereichen, wie audiovisuelles Material, Medien, Kulturstadt Europa, Erhaltung des architektonischen Erbes undso weiter bemerkbar.
Die Schweizer sind wachsam. Sind wir es auch? Angesichts der Nachdenklichkeit beim neutralen Nachbarn und dessen Bemühungen, sich Herausforderungen zu stellen, wirken die heimischen Anstrengungen, unsere Identität über dem AutoAuspuff orten zu wollen, wahrhaft lächerlich: Andere haben Reflexionsgruppen-du, glückliches Österreich, hast deine Diskussion um die Hundertwasser-Nummerntafeln.
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