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„Keine guten Dienste in Nahost“

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„Furche“-Gespräch mit Exminister Ilhani Sancar , Volkspartei

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„Furche“-Gespräch mit Exminister Ilhani Sancar , Volkspartei

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FURCHE: Der Regierungspartei wird angekreidet, daß .sie dem. Wiedererstarken religiöser islamischer Gruppen und der damit verbundenen Gefahr der politischen Einflußnahme jener Kreise zu tolerant gegenübersteht. Wie denkt man in Ihrer Partei über dieses Problem?

SANCAR: Wir wehren uns entschieden gegen eine Politik der Geistlichen und sind gegen jede Verwendung religiöser Ideen zu politischen Zwecken.

FURCHE: Es wird vielfach behauptet, daß die starke innenpolitische Stellung der Armee einem Damoklesschwert über der türkischen Demokratie gleicht. Dennoch sind die Militärs in der Volksgunst höher eingestuft als etwa die Polizei.

SANCAR: Die Armee wird von fast allen Türken als der erste Garant des demokratischen Regimes, sowohl nach innen als auch

nach außen, angesehen. Die Popularität des Militärs im Verhältnis zur Polizei fußt vor allem darauf, daß bei letzterer Vertrauensleute, die im Interesse der Regierungspartei handeln, zu großen Einfluß gewonnen haben, so daß die Kader oft nicht in guten Händen sind.

FURCHE: Sie wissen, daß im westlichen Ausland der türkischen Verwaltung eine besonders starke Korruptionsanfälligkeit nachgesagt wird?

SANCAR (mit ungläubigem Staunen): Ich glaube nicht, daß

Mrkisqljen Beamten, kojrup- (igiiöp fölJ er, sind als die in anderen Staaten. Gerade bei uns wird gegen den Amtsmißbrauch mit drakonischen Strafen vorgegangen, wenngleich nicht zu leugnen ist, daß egoistische Tendenzen doch recht häufig sind. Aber ich glaube, das ist überall so.

FURCHE: Ergeben sich Ihrer Meinung nach, nach dem panislamischen Gipfel, neue Probleme bezüglich einer Änderung des quasi neutralistischen Kurses der Türkei im Nahostkonflikt? SANCAR: Ich denke nicht. Die Volkspartei war gegen eine Teilnahme an der panislamischen Konferenz; doch auch die aus ägyptischen Pressestimmen zu lesende Betrübnis über die türkische Haltung scheint mir nicht bedenklich.

FURCHE: Halten Sie es für denkbar, daß die Türkei „gute Dienste" zur Vermittlung in Nahost anbieten wird?

SANCAR: Nein. Diesbezüglich sind wir mit der Gerechtigkeitspartei einer Meinung; ebenso haben wir uns gegen eine eigene Ostmittelmeerflotte der NATO ausgesprochen.

FURCHE: Man spricht gerne von einer Verringerung des NATO- Engagements der Türkei im Zusammenhang mit gegen die USA gerichteten Demonstrationen. SANCAR: Für die Verteidigung des Landes sind nur einheimische Kräfte vorgesehen. Die Truppen der NATO-Stützpunkte werden nur im Alarmfall eingesetzt.

FURCHE: Was bezeichnen Sie als Alarmfall?

SANCAR: Bitte, ersparen Sie mir die Antwort. Zu den antiamerikanischen Demonstrationen möchte ich nur sagen, daß es eine Provokation war, ausgerechnet am Befreiungstag die 6. Flotte nach Izmir zu entsenden.

Ilhani Sancar ist im Hauptberuf Rechtsanwalt, gehörte der türkischen Regierung von 1961 bis 1965 als Verteidigungsminister an und schloß das erste Militärabkommen der Türkei mit der deutschen Bundesrepublik ab.

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