Die Augen zu und CDU!

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Da kann sonst noch was passieren, da werden die CDU wählen", kommentierte der in Lübeck ansässige Literatur-Nobelpreisträger Günter Grass das Wahlergebnis in Schleswig-Holstein. Der mit Rot-Grün im Land sympathisierende Schriftsteller hat sich ein Strafgericht für die Christdemokraten erwartet. Aus dem wurde nichts.

Eigentlich haben bei dieser ersten Landtagswahl nach Bekanntwerden der CDU-Finanz- und Lügenaffäre alle gewonnen: Die SPD konnte ihre Mehrheit ausbauen, und das obwohl es noch vor wenigen Monaten nicht so rosig für Landesmutter Heide Simonis ausgesehen hat. Die FDP profitierte von der Krise der Christdemokraten, den Grünen blieb ein Debakel erspart. Und die CDU, für die es bei dieser Wahl um fast alles ging, hat zwar von den angetretenen Parteien am meisten verloren, doch paradoxerweise damit noch den größten Erfolg errungen.

Die moderaten Verluste (zwei Prozent) der Christdemokraten bestätigten den tragisch-komischen Wahlslogan: "Augen zu, CDU!", und beweisen, daß die Mitglieder und Stammwähler nach wie vor zu ihrer Partei stehen. Die CDU wurde für ihr rechtliches und politisches Fehlverhalten abgestraft, bleibt jedoch nach wie vor das bestimmende bürgerliche Lager in Deutschland.

Ein weiterer Gewinner der Wahlen im Norden ist die Demokratie selbst. Nach Monaten, in denen sich Politik nur mehr als Skandal, Lüge und Heuchelei präsentierte, sind die Wähler zurecht enttäuscht, aber nicht politikverdrossen. Die Wahlbeteiligung war so wie immer.

Auch eine andere Befürchtung hat sich zumindestens in Schleswig-Holstein nicht bestätigt: der Aufstieg einer rechtspopulistischen Partei aus der Asche einer bürgerlichen Sammlungspartei. Die Extremen auf beiden Seiten bleiben nach wie vor marginalisiert und lassen die Warnung von Bundeskanzler Schröder vor einem deutschen Haider als das erscheinen, was sie ist: wirkungsvolle Wahlkampfrhetorik, um die eigenen Anhänger zu mobilisieren.

Dabei braucht sich Schröder nicht zu fürchten. Das Parteiensystem in Deutschland ist nach wie vor stabil, und außerdem stimmt die zitierte Analyse von Günter Grass, und die ist nicht nur für Deutschland anwendbar: "Da kann sonst noch was passieren, die wählen doch die ... !"

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