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Im Grenzgebiet der Seele

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Das Buch wäre eine sehr gute Einführung in die Probleme der Parapsychologie und der okkulten Phänomene, wenn es nur auf eine Darstellung des Tatsächlichen ankäme. Da aber der Verfasser Wert darauf legt,, auch eine Deutung zu seinem Tatsachenbericht zu geben, können wir einer kritischen Auseinandersetzung mit den geistigen Grundlagen seiner Deutung nicht ausweichen.

Der Tatsachenbericht umfaßt wohl das Gesamtgebiet der „Grenzzustände des menschlichen Seelenlebens“, somit Dinge von recht heterogenem Charakter: Von Gaukler- und Taschenspielertricks sogenannter „Magier“ bis zu den Wunderheilungen von Lourdes und den Phänomenen von Konnersreuth, den Problemen der Naturheilkunde und

Volksmedizin, den Fragen der Hypnose und ihrer therapeutischen Anwendung sowie der posthypnotischen Aufträge und ihren Mißbrauch zu kriminellen Zwecken bis zu den Fragen des Spiritismus, der Geister- und Spukerscheinungen, der Materialisationsphänomene, des automatischen Schreibens, des Tischrückens, des „Zungenredens“ (Glossolalie), der Telepathie (Telekinese, Cevitation) usw., ist ziemlich alles enthalten, was bisher an okkulten Phänomenen beschrieben und diskutiert . worden ist. Der Verfasser bemüht sich, zu einer Erklärung derartiger immerhin außergewöhnlicher Phänomene zu gelangen. Er gibt zu, daß Betrug in manchen Fällen eine Rolle spielt, aber durchaus nicht in allen. Sein Erklärungsversuch ist ein vorwiegend psychologischer: Daß es sich bei den „medialen“ Persönlichkeiten um solche mit gesteigerter Sensitivität, bei den okkulten Kräften um durchaus natürliche, aber noch zuwenig erkannte und erforschte Kräfte handelt.

Soweit es sich um diese Darstellung handelt, ist gegen das Buch kein wesentlicher Einwand zu erheben. Die Einwände beginnen dort, wo der Verfasser sich auf das Grenzgebiet metaphysisch-religiöser Probleme begibt. Hier zeigt es sich, daß er über Fragen des katholischen Lebens mit einer Un-informiertheit urteilt, die bei einem sonst ernst zu nehmenden Gelehrten in Erstaunen setzt. Er macht überhaupt keinen Unterschied zwischen Phänomenen der Mystik und des Okkultismus; eine Unterscheidung zwischen echter Mystik und Pseudo-mystik wird überhaupt nicht versucht. Er setzt mystische Phänomene einfach mit den „parapsychologischen“ Phänomenen auf eine Linie, als ob es sich um Erscheinungen der gleichen Ebene handelte. Hierin war das Mittelalter mit seiner Unterscheidung. zwischen Erscheinungen der M a g i a alba und der Magia nigra zweifellos der richtigen Deutung mancher Phänomene näher. Seine Informationen über Lourdes müssen aus sehr unzuverlässigen Quellen stammen, sonst könnte er nicht über die Tätigkeit des dortigen „Bureau de constatation“ schreiben: „Strenggläubige katholische Aerzte untersuchen die Patienten vor und nach dem Besuch. Alle Wunder werden sorgfältig aufgezeichnet und bei der Propaganda benutzt.“ In Wirklichkeit kann jeder diplomierte Arzt ohne Unterschied seines Glaubens oder Nichtglaubens an den Untersuchungen der Kommission teilnehmen und ungehindert seine Einwände machen. Die Protokolle werden in Archiven verwahrt und sind jedem Arzt stets zugänglich. Eine „Propaganda“ findet ebensowenig statt wie die Erzeugung der „suggestiven Atmosphäre“, die der Verfasser betont (p. 67ss; 75). Sein Gewährsmann scheint lediglich Axel M u n t h e zu sein. Desgleichen urteilt er über Therese N e u m a n n (p. 109, 144 ss), als ob die Konnersreuther Phänomene auf nichts anderem beruhen würden als auf „Psychometrie“.

Daß ihm für die Problematik der Mystik die geistige Voraussetzung fehlt, kann nicht wundern. Denn seinem Versuch zu einer Deutung der okkulten Phänomene fehlt das allein tragfähige Fundament der philosophia perennis, speziell der scholastischen Seelenlehre. Infolge der mangelhaften philosophischen Grundlage stoßen wir stellenweise auf Formulierungen, die dem tieferen Wesen der Dinge nicht entsprechen, zum Beispiel p. 147: „Die neuere Physik hat den alten Substanzbegriff aufgelöst“; ebenda, als ob das Denken ein bloßes Produkt der Hirnzellen wäre; die Gleichsetzung von Materie und Energie an Stelle des scholastischen Hylomorphinismus (p. 149). Der Lösung seiner Probleme würde der Verfasser mit Hilfe der Scholastik sicher näherkommen (vgl. hierzu Wiesinger, Okkulte Phänomene, Styria, Graz 147).

Das Katrenbuch. Ein Brevier. Von Rösli und Edgar Schumacher. Fretz & Wasmuth-Verlag, Zürich. 216 Seiten mit zahlreichen Bildtafeln und Textzeichnungen.

„Der Mensch schätzt in seiner ungemessenen Eitelkeit die anderen Geschöpfe nach dem Maß der Ergebenheit, die sie ihm bezeugen.“ So hat er vielfach die edlen Anlagen des Hundes verdorben. Bei der Katze ist ihm dies nicht gelungen — sie ist sich selbst treu geblieben. Sie läßt sich weder durch Schmeicheleien noch durch Strenge gewinnen „und schenkt ihre Gunst als völlige Gnade ohne jede bindende Verpflichtung“. Sie läßt sich aber auch von niemandem schlecht behandeln. Ein eigenständiges Geschöpf, irgendwie stets befremdlich für den Menschen, der gewohnt ist, sich jede Kreatur zu unterwerfen, ist sie noch nach dem Ablauf der Jahrtausende, die sie in der Umgebung des Menschen verbracht hat, geblieben. Auch wer sich mit diesen eigenwilligen Tieren bereits mehr befaßt hat, ist erstaunt, im „Katzenbuch“ eine solche Fülle von literarischen und künstlerischen Darstellungen und Erwähnungen der Katze zu finden. Sie liegt zu Füßen des ersten Menschenpaares auf dem Gemälde Albrecht Dürers. Sie sitzt funkelnden Auges vor uns in der herben, spannungsgeladenen Plastik aus Altägypten. Und sie erscheint in wahrhaft zahllosen dichterischen und darstellenden Werken, teils episodisch durch das Geschehen huschend, teils als handelnde Figur. Wir sehen und lesen in diesem sehr gepflegten, an kulturhistorischen Kenntnissen und feinen Beobachtungen, reichen Buche so vieles, das die „Katzenfreunde“ ansprechen wird, daß diese recht zahlreiche Gemeinde an ihm zweifellos großen Gefallen finden wird.

Carl Peez

Schiller. Eine Einführung in Leben und Werk. Von Benno von Wiese. Verlag Redam, Stuttgart. 87 Seiten. Preis -.60 DM.

Der bekannte Literaturhistoriker und Geschichtsschreiber der Tragödie legt hier im Umfang einer Reclamnummer eine Einführung in Leben und Werk Schillers vor, die auf knappem Raum das Lebensepos Schillers nachzeichnet. Man darf sagen, daß alles unbedingt Nötige gebracht ist und daß auch der Kenner manch feinen Wink zur Deutung der Werke mitbekommt. Der Anfänger, dem es um die Materie selbst zu tun ist, wird vielleicht an mancher allzu knappen Stelle vor Rätseln stehen. Als Ganzes beurteilt, hat hier Wiese eine gute, auf der Höhe des modernen Schiller-Bildes stehende Einführung gegeben, die als populär und wissenschaftlich zugleich angesprochen werden darf. L. K.

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