Das ist nun einer der "bedauernswerten Einzelfälle", von denen maßlos überraschte Manager und Betreuer im ÖSV reden, wenn ein Sportler des Dopings überführt wird. Johannes Dürr hat sich mit Martin Prinz einen Co-Autor besorgt, mit dem gemeinsam er seine Geschichte des sportlichen Aufschwungs und des Untergangs, den Wandel vom Strahlemann zur Hassfigur schreiben konnte. Nein, die beiden winden sich nicht heraus, der Langläufer wird nicht als Opfer herausgeputzt, der von Bösewichten für nationale Zwecke missbraucht wurde. Von einem arglosen Burschen, der sich nur sportlich an
Die Frage ist nicht, ob er es wieder macht, die Frage ist, wen es diesmal erwischt. Ein Michel Houellebecq, der es nicht auf Provokation anlegt, macht etwas falsch. Dazu braucht er Gegner, die findet er, wählerisch ist er nicht, überall in der Gesellschaft. Er besetzt die seltsame Rolle eines einzelgängerisch intellektuellen Scheusals, der den Leuten Grobheiten auf den Kopf zusagt, die dann nach einigem Zögern finden, dass ganz so falsch dieser Wüstling des Denkens gar nicht liegt. Als er im vorigen Roman "Unterwerfung" das Denkspiel betrieb, was geschieht, wenn in der nahen Zukunft die
In Salzburg wird noch bis Februar eine umfassende Schau gezeigt, die
durch die Fokussierung auf zeithistorische Bezüge die Wandlung im
druckgrafischen Werk Oskar Kokoschkas nachvollziehbar macht.
Die österreichische Literatur arbeitet kräftig gegen den Verlust des historischen Bewusstseins an. Autorinnen und Autoren begeben sich in die Archive und suchen sich jene Stoffe in der Vergangenheit, an denen wir zu würgen haben, weil sie nie richtig aufgearbeitet worden sind. Literatur ist gefährlich geworden. Das zeigt sich am Beispiel von Hanna Sukare, die sich in ihrem Roman "Schwedenreiter"(Otto Müller) der Geschichte der Deserteure im fiktiven Ort Stumpf annimmt. Die Vorlage dazu liefert Goldegg, das 1944 zum Ort eines Deserteur-Dramas wurde. Sukare beschäftigt sich kaum mit dem
Die Werke von sechs Künstlerinnen und Künstlern verschiedener
Sparten, die durch ihre Emigration einen Bruch in ihrer Biografie
erlitten, stellt das Museum der Moderne Salzburg in den Fokus einer
Ausstellung.
Sie gehen nicht, sie schreiten. Sie reden nicht, sie deklamieren. Das Geschehen vollzieht sich in Zeitlupe, fünfzig Seiten Text werden auf vier Stunden gedehnt. Die Sprache wird durch Musiker in einen Rhythmus übertragen, der von den Darstellern aufgenommen wird. Und wenn es sich besonders zuspitzt, nimmt nicht nur die Lautstärke Rockband-Stärke an (für Empfindsame werden Ohrstöpsel ausgegeben), dann sammeln sich Darsteller auch noch zu einem Chor, um die Wucht noch einmal zu steigern. Wiederholungen wirken dabei wie Rituale zur Stärkung der Aussage. Das alles sind Signale, dass das,
In seinem epochalen Werk "Die letzten Tage der Menschheit" führte
Karl Kraus vor 100 Jahren drastisch vor, wie die Sprache als Dienerin
der Macht ihre gefährliche Arbeit der Verharmlosung und
Verniedlichung betreibt.
Es bedarf keiner ausgeklügelten Bühne, um das Drama seelischer
Verletzungen aufzuführen. Die Aufmerksamkeit gehört den Darstellern,
in Dusˇan David Parˇízeks Festspiel-Inszenierung von "Kommt ein Pferd
in die Bar".
Die Salzburger Festspiele eröffnen den Schauspielreigen mit Heinrich
von Kleists "Penthesilea" - von Johan Simons eingedampft - und
"Hunger", einer Frank-Castorf-Inszenierung basierend auf Romanen von
Knut Hamsun. Großes Theater? Nicht weit davon entfernt!
Marko Feingold hat dieses Vertrauen in die Jungen, dass sie informiert genug sind, um politischen Wegelagerern nicht so schnell auf den Leim zu gehen.Er wurde mit dem Goldenen Ehrenzeichen des Landes Salzburg und dem Ring der Stadt Salzburg ausgezeichnet, seit dem Jahr 2008 darf er sich Ehrenbürger der Stadt Salzburg nennen, fünf Jahre später wurde ihm das Große Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich umgehängt. In diesem Jahr kam noch der Toleranzpreis der Europäischen Akademie der Wissenschaften dazu. Man sieht, Marko Feingold, der am 28. Mai seinen 105. Geburtstag
Um spirituelle Erfahrungen zu machen, ist man nicht von Religion abhängig. Musikalische Erfahrungen schaffen es durchaus, einen seiner Erdenschwere zu entheben. Die australisch-norwegische Band "The Necks" entwickelt ihre eigene Form von Minimal Music - das Trio war für eines von mehreren großartigen Konzerten verantwortlich, die von Donnerstag bis Sonntag im Rahmen des 38. Internationalen Jazzfestivals gegeben wurden."The Necks" fangen langsam und bedächtig an, um in einem behutsam fortschreitendem Prozess der Improvisation in kleinen Schritten Verlauf und Richtung einer Vorgabe zu
Eine, die in der Männerwelt nichts darstellt als Verführung, hebelt
die Gesetze der Gesellschaft aus: Frank Wedekinds "Lulu" bei den
Salzburger Festspielen, inszeniert von der amerikanisch-griechischen
Regisseurin Athina Rachel Tsangari, hält starke Momente bereit.
Es ist Oktoberfest, die Stimmung ist aufgeräumt. Bei Horváth lässt sich ein Zeppelin blicken, eine Ablenkung für die von der Wirtschaftskrise von 1929 arg gebeutelte Bevölkerung.In der Inszenierung von "Kasimir und Karoline" des amerikanischen Regie-Duos "600 Highwaymen" bei den Salzburger Festspielen werden daraus ein "Scheiß-Zeppelin" und eine "Scheiß-Ablenkung". Das zum Thema Subtilität im Umgang mit einem Text, der mit äußerster sprachkritischer Sorgfalt dem Bewusstsein und den Gefühlen der kleinen Leuten, um die sich niemand kümmert, Rechnung trägt und sie ernst nimmt, indem
Am 28. Juli erhält Karl ove Knausgård in salzburg den Österreichischen staatspreis für Europäische literatur. Eine Vorab-Würdigung von laudator anton Thuswaldner.
Geld, Geld, Geld - und mitten drin der Mensch. Eine kleine Reise
durch literatur mit Blick auf die Wirtschaft und ihre Folgen - von
Thomas Mann bis Jonas lüscher.
Werk und Einfluss der US-amerikanischen Cellistin und
Performancekünstlerin Charlotte Moorman zeigt das Museum der Moderne
Salzburg mit "Ein Fest des Staunens" und macht politische Kunst der
1960er und 70er auch für das Heute erlebbar.
Ländliche Idylle - mehr Schein als Sein, muss Mona nach ihrem Umzug
aufs Land feststellen. Als Außenseiterin im Mikrokosmos Dorf erlebt
die Heldin in Marlen Schachingers "Martiniloben" politisch raues
Klima. Ein dystopischer Roman - der sich als Thriller entpuppt.
Eine Neuinszenierung und eine Ausstellung verweisen auf Thomas Bernhards Beziehung zu den Salzburger Festspielen, die von Erfolg und Zerwürfnis geprägt war.
Wenn der Sturm tobt, ist das Publikum mittendrin. Auf der Leinwand im Hintergrund toben die Wellen derart gewaltig, dass einem die Unbezwingbarkeit der Natur unmittelbar einleuchtet. Kein Wunder, dass es Schiffbrüchige gibt, die dann wie abgeräumte Traumschiff-Passanten über Prosperos Insel torkeln. Die meiste Zeit jedoch sehen wir eine beruhigte Seelandschaft mit Endlos-Horizont und Wolkenband. Die Natur ist wild und schön, lässt uns Regisseurin Deborah Warner wissen, aber sie ist bei weitem nicht alles. Deshalb wird das Naturereignis von mathematischen Formeln überlagert. Und die
Plakate um 1900 waren Kunstwerke. Passanten defilierten an Arbeiten
von Alfons Mucha, Gustav Klimt, Henri de Toulouse-Lautrec vorbei und
bekamen wie nebenbei Unterricht in der Ausbildung des guten
Geschmacks. Das zeigt das Museum der Moderne Salzburg.
Was treibt eigentlich, wer sich literarische Texte vornimmt, um
darüber zu grübeln und zu schreiben? Jan Philipp Reemtsma legt einen
Literatur-Grundkurs vor.
Vor 90 Jahren wurde siegfried lenz geboren. Mit seinem Roman
"Deutschstunde" schaffte er den Durchbruch, dem Thema Pflicht widmete
sich auch jener Roman, der nun postum erschienen ist.
Drei Fachmänner für Literatur, drei höchst unterschiedliche Bücher
über ihr Leben mit Büchern: Karlheinz Rossbacher legt Essays vor,
Markus Gasser versucht eine Weltgeschichte in 33 Romanen und Ulrich
Greiner erzählt sein Leben als alphabethischen Roman.
ER GEHÖRT ZU DEN LEISEN IM LITERATURBETRIEB. AUCH SEINE FIGUREN
VERABSCHEUEN DIE SELBSTINSZENIERUNG, WIDERSETZEN SICH DEM ZWANG,
ETWAS DARSTELLEN ZU MÜSSEN.
Kunst ist Selbstverwirklichung ohne Anpassung an die Herrschenden, ohne Anpassung an die Beherrschten", schrieb Peter Rosei 1982 in seinem Essayband "Versuch, die Welt zu kritisieren". Von diesem Insistieren auf Unabhängigkeit und der Verpflichtung des Schriftstellers auf seinen eigenen Standpunkt ist er bis heute nicht abgerückt.DIE FURCHE: 1972 erschien Ihr erstes Buch, der Erzählband "Landstriche". Der fiel in eine Zeit, als die junge Literatur einen ungeheuren Aufschwung erlebte.Peter Rosei: Als ich angefangen habe, habe ich mich im Verlagswesen so überhaupt nicht ausgekannt, dass ich
"Das wirkliche Ich ist wahrscheinlich der Fritz Mandelbaum": Am
Montag verstarb Frederic Morton, amerikanischer Schriftsteller aus
Wien, am Vorabend einer geplanten Lesung in Wien. Ein Nachruf.
Reales und Fantastisches vermischt der deutsche Schriftsteller
Stephan Groetzner in seinem neuesten Prosa-Band "Tote Russen". Eine
Gattungsbezeichnung muss für diesen anspielungsreichen und
unvorhersehbaren Text erst erfunden werden.
Als erste Institution präsentiert das Museum der Moderne in Salzburg
das vielseitige Werk von Etel Adnan. Gezeigt werden nicht nur ihre
malerischen Arbeiten, sondern auch eine Auswahl ihrer Publikationen.
Die Künstlerin feiert am 24. Februar ihren 90. Geburtstag.
Er macht sich lustig über die anderen und sich selbst. Worüber immer Mark Twain (eigentlich Samuel Langhorne Clemens, 1835-1910) auch schreibt, es will ihm nicht gelingen, ernst zu bleiben. Das ist gut so, denn damit verbirgt er, dass er als kritischer Geist an der Substanz der Gesellschaft rüttelt. Er traut den Menschen nicht besonders viel zu. Politiker, an denen er Gefallen findet, sind rar, Zeitungsschreiber, denen er Glauben schenkt, gibt es wenige, dem Glauben an Fortschritt misstraut er zutiefst. Alles unangenehme Einsichten, die er seinen Lesern auftischt, und die kaufen ihm das
Kurz vor seinem 28. Geburtstag beendete Jack London im Jahr 1904 die Arbeit an seinem Roman "Der Seewolf“. Zu dieser Zeit war er bereits hoch angesehen. Im Jahr zuvor war "Der Ruf der Wildnis“ erschienen, der die Schriftstellerkarriere schlagartig auf Erfolgskurs gebracht hatte. Von jetzt an wollte die Öffentlichkeit genauer wissen, was diesem tollkühnen Erzähler noch einfallen würde. Dabei waren die Bedingungen in einem mitunter recht prüden Amerika nicht ideal. Die konservative Monatsschrift Century bestand für einen Vorabdruck von "Der Seewolf“ auf Abschwächungen, um ihre Leser
Ruth Landshoff-Yorck (1904-1966) brauchte nicht viel Fantasie, um Geschichten erzählen zu können. Ihr Roman "Sixty to Go", 1944 in New York erschienen und jetzt zum ersten Mal ins Deutsche übertragen, greift zurück auf Erfahrungen, die ihr vertraute Menschen zu machen gezwungen waren. Die Entwicklungen in Deutschland während der dreißiger Jahre formten sie zu einem politischen Wesen, bemüht, literarisch jene Stoffe aufzugreifen, die das wüste 20. Jahrhundert charakterisieren. Sie schreibt von Menschen, die aus der Bahn geworfen wurden, nicht resignieren und den Kampf aufnehmen gegen
Sie gilt als eine der bedeutenden Klassikerin des 20. Jahrhunderts, die nur deshalb wenig bekannt ist, weil sie zu ihrem Verhängnis ihre Bücher auf Katalanisch schrieb. Noch immer haben es Autorinnen und Autoren, die ihr Werk in europäischen Randsprachen veröffentlichen, schwer, sich international durchzusetzen. Dabei tun sich Leser, die an ganz echter Literatur interessiert sind, selbst nichts Gutes, wenn sie sich nicht ein bisschen umschauen in den Seitenwegen, die von der heillos überlasteten Hauptstraße der Literatur unvermutet abzweigen. Aber jetzt bekommen wir noch einmal die
Lucien Chardon trägt wie so viele Helden aus dem Roman-Kosmos des Honoré de Balzac das Zeug zum Aufstieg in sich. Er ist begabt, ist von einnehmendem Auftreten, versteht es zu blenden, könnte ein Mann von Welt werden, wenn er nur die Chance dazu bekäme. Sein Makel besteht darin, dass er aus der Provinz stammt und damit in Paris über keine guten Karten verfügt. Immerhin schafft er es, wenn schon nicht als Dichter, dann als Journalist zu Ansehen und Einkommen zu gelangen. Dass das auf Dauer nicht gut geht, ahnt jeder, der sich schon einmal mit Balzac beschäftigt hat. Denn der kennt keine
Er führte das Leben eines Revolutionärs. Victor Serge (1890-1947), eigentlich Wiktor Lwowitsch Kibaltschitsch, Sohn eines russischen Offiziers und einer polnischen Kleinadeligen, kam in Brüssel, wo seine Eltern ins Exil gezogen waren, zur Welt. Schon als Jugendlicher schließt er sich radikalen linken Bewegungen an und macht früh die prägende Erfahrung eines Gefängnisaufenthalts. Als in Russland die Revolution ausbricht, tritt er den Bolschewiki bei, schafft es aber nicht, die Entscheidungen der Partei bedingungslos mitzutragen. Er versucht das Unmögliche, möchte ein Linker bleiben und
Den "Ulysses“ hatte er abgeschlossen, das nächste Großprojekt "Finnegans Wake“ noch nicht begonnen. 1923 schrieb James Joyce Prosaminiaturen, die unmittelbar auf die irische Geschichte und Mythologie Bezug nehmen. Es handelt sich dabei um kleine Kunststücke die Wirklichkeit verdrehenden Charakters, die weniger zur Erhellung denn zur Verrätselung der Welt beitragen. Aber was heißt schon die Wirklichkeit verdrehen. Das würde bedeuten, sich im Besitz der Hoheit zu wähnen, Wirklichkeit so und nicht anders zu deuten. Solch eine Haltung hat nichts mit dem Anspruch von Joyce zu tun, der
Am 5. April 1728 bricht der Rechtsgelehrte und Philosoph Montesquieu von Paris zu einer Reise auf, die ihn eineinhalb Jahre lang durch Österreich, Deutschland und Italien führt. Der knapp Vierzigjährige schreibt Briefe und führt Tagebuch, in denen alle Merkwürdigkeiten verzeichnet sind, die einem wachen Geist in der Fremde auffallen. Als glänzender Stilist kleidet er seine Beobachtungen in bestechende Worte, oft ironisch und distanziert, Bewunderung ist seine Sache nicht. Seine Haltung ist beiläufig spöttisch, er bildet einen heiteren Nebenbei- Sarkasmus aus. "Die Deutschen sind zu
Jean Genet (1910-1986) war der klassische Skandal-Autor. Aber wie es Autoren so häufig ergeht, die zu ihrer Zeit angefeindet, wenn nicht gar geächtet wurden, kam es auch im Fall Genet spätestens nach seinem Tod zur Rehabilitation. François Mauriac, einflussreicher Schriftsteller der Nachkriegszeit, wollte "mit so einer anrüchigen Figur möglichst nichts zu tun haben", schreibt Andreas J. Meyer, Verleger der deutschen Werkausgabe. Das ließ sich damals gleich doppelt begründen. Sein Leben war schon Skandal genug. Er war kriminell, homosexuell, desertierte aus der Armee und schlug sich als
Sein Leben stand unter keinem guten Stern. Es fiel in die Zeit gleich zweier despotischer Herrscher, nämlich Caligula und Nero. Keine guten Aussichten für Seneca (1 v. Chr.? - 68), der seine Aufgabe in der (Herzens-)Bildung von Herrschern sah. Unter Claudius wurde er wegen angeblichen Ehebruchs nach Korsika verbannt. Sein Schicksal böte allen Grund, mit seinen Widersachern zu hadern und Klage zu führen über die Ungerechtigkeit der Welt. Nichts davon ist zu spüren. Als Stoiker empfand er es als Pflicht und Bedürfnis, sich der Philosophie als Anweisung zu einem glücklichen Leben zu
Zehn Jahre nach Alfred Döblins "Berlin Alexanderplatz" erschien 1939 in London "Leb wohl, Berlin" des Engländers Christopher Isherwood (1904-1986). 1929 kam er in Berlin an und hielt sich dort auf bis Hitler an die Macht kam. Von da an war für einen bekennenden Homosexuellen in Deutschland kein Bleiben mehr. Wie sich das Land veränderte, bekam er hautnah mit. Gewiss ist das Buch aus sechs Erzählungen, die sich allenfalls locker zu einem Roman fügen, aus eigenen Erfahrungen hervorgegangen.Der Erzähler tritt auf unter dem Namen Christopher Isherwood, um so mit Nachdruck festzuhalten, dass
Klassiker leben, weil wir auf die Fragen, die sie stellen, noch keine
Antworten gefunden haben: Plädoyer für die Wieder-Lektüre von Werken,
die auch heute noch verstören.
Wer sich in der Geschichte auskennt, braucht keine Horrorgeschichten. Monster, Vampire und aggressive Wesen, die unvermutet und ohne ersichtlichen Grund auf der Bildfläche erscheinen, werden ihm kindisch vorkommen angesichts dessen, was der Mensch seinesgleichen anzutun bereit ist. Die britische Gruppe 1927, die mit ihrer Version des "Golem"-Stoffes eingeladen wurde, ihr Stück im Rahmen der Salzburger Festspiele als Uraufführung vorzustellen, muss sich schon etwas Besonderes einfallen lassen, um die Aufmerksamkeit zu rechtfertigen. Es gelingt ihr tatsächlich auf eine außerordentliche
Eine Gruppe von Besuchern wird in einen Raum geführt, wo das letzte Gedicht von Georg Trakl, "Grodek" rezitiert wird, ein finsterer Nachruf auf eine untergehende Welt. "Ein zürnender Gott" verbreitet hier ebenso Schrecken wie "das vergossne Blut" und der Schmerz, der "die ungebornen Enkel" meint. Es wird im Abstand mehrere Male von Band gespielt, dazwischen könnte betretene, angespannte Stille sein, wenn nicht im Hintergrund ein dezenter an Gefechtslärm gemahnender Geräuschpegel an so etwas wie Krieg erinnerte. Das sei nicht der Originalton einer tobenden Schlacht aus dem Ersten
Franz Schuh ist kein sanfter Zeitgenosse, nur erkennt man das nicht auf den ersten Blick. Er spricht gewandt, bedient sich einer vertrackt hintersinnigen Sprache, in der Abgründe verborgen sind. Sein Zugang zur Literatur von anderen zeichnet sich durch genaue Kenntnis des Textes und dessen Hintergründe aus, dazu kommt ein individueller Ton, der etwas Unerwartetes, Überraschendes aus den literarischen Vorgaben zieht.Karl Kraus ist kein sanfter Literat, und das erkennt man auf den ersten Blick. Für Franz Schuh ist er ein Satiriker der aggressiven Art, die Sprachattacke ist seine persönliche
Ana Mendieta war eine herausragende Figur der amerikanischen
Performance und Konzeptkunst. Ihre eigenwilligen Arbeiten sind nun im
Salzburger Museum der Moderne Mönchsberg zu sehen.
Wer sagt, dass Leben und Werk Franz Kafkas so weit erforscht sind, dass keine bedeutsamen Entdeckungen mehr zu machen sind? Wissen wir nicht bereits alles über ihn und haben nicht Exegeten jeder Weltanschauung all ihre Energien daran gesetzt, um auch noch solche Deutungen über die Romane und Erzählungen zu breiten, die diesen gar nicht entsprechen?Hartmut Binder, Jahrgang 1937, der sich ein Forscherleben lang mit Kafka beschäftigt hat, denkt selbst, dass viele Interpretationen viel zu weit gegangen sind, sobald sie das Werk auf einen religiösen oder ideologischen Nenner zu bringen
WinterreiseUnmittelbar nach dem Interview mit Anton Thuswaldner ging Markus Hinterhäuser Klavierspielen: Er wird im Rahmen der Wiener Festwochen Franz Schuberts "Winterreise" spielen.BluthausDas Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen dem Komponisten Georg Friedrich Haas und Händl Klaus: Die Oper "Bluthaus" wird im Theater an der Wien zu hören und zu sehen sein.MacbethKongolesische Flüchtlinge finden im Dschungel alte Aufnahmen von Giuseppe Verdis "Macbeth": Brett Bailey inszeniert Verdis "Macbeth", musikalisch bearbeitet von Fabrizio Cassol.Into the CityDas russische Künstlerkollektiv Chto
Historisch bewusstlos: "Vor dem Fest“ von Saˇsa Staniˇsi´c erscheint in einer Liebenswürdigkeit, die auf Verdrängung schließen lässt.Das also kommt heraus, wenn man einen historischen Roman als Dorfgeschichte schreibt: ein hybrides literarisches Wesen, das die große Geschichte im Milieu der Betulichkeit und der konservativen Kleinkrämerei verankert. Die Figuren sind verschroben, gemütlich und beschränkt, liebenswert allesamt, selbst in ihrer angedeuteten Abgründigkeit.Aber von dieser will Saˇsa Staniˇsi´c in seinem vor Gutmütigkeit platzenden Roman nicht allzu viel wissen. Er
Für einen 15-Jährigen gestaltet sich das Leben offen, und alle Erfahrungen wirken besonders wuchtig. Die Erinnerung vergrößert das Erlebte noch einmal. Vor allem das erst im Ansatz Erfahrene, all das Gewünschte, Erhoffte, das weitgehend offen Gebliebene, was einem das Leben noch nicht zugestanden hat, wird ins Unermessliche gesteigert. Ein kleines, unerfahrenes Wesen im Taumel des unmittelbaren Erlebens, das macht die Jugend zu etwas Besonderem. Dieses von Gefahren, Anfechtungen und Verheißungen umstellte Terrain, im Abstand von drei Jahrzehnten betrachtet, erweist sich als das
Haruki Murakami hat ein sicheres Gespür für Geschichten und für die Sehnsucht der Leser nach Sinn und Bedeutung. Das zeigt auch sein jüngster Roman.Wer denkt, dass Haruki Murakami recht ordentliche Unterhaltungsliteratur schreibt, aber für außerordentliche Ansprüche nicht in Frage kommt, wird aus seinem jüngsten Roman jene Indizien ziehen, die ihm recht geben. Als Kandidat für den Nobelpreis wird er auf einen Rang gehoben, der ihm nach Sichtung seines Werks nicht zusteht.Murakami ist der Mann für das große Publikum, das gern an Schicksalen teilhat, die mit dem eigenen Leben nichts
Europa ist unbeherrschbar geworden. Die politischen Kräfte sind außer Rand und Band geraten und mittendrin befindet sich ein Schwarzer aus Uganda, der sich durch einen Krieg schlagen muss, der mit ihm überhaupt nichts zu tun hat. Er weiß selbst nicht so recht, wie ihm geschieht, was nicht erstaunlich ist: Selbst die jungen Soldaten, die verheizt werden für eine Sache, an der ihnen nichts gelegen ist, wissen nicht, wofür das Schlachten gut sein soll. In Max Blaeulichs Roman "Gatterbauerzwei oder Europa überleben“ (2006) lesen wir einen Abgesang auf die Werte der Aufklärung, die den
Im Jahr 1957 ist die Welt für Doris Lessing zwar keineswegs in Ordnung, aber sie steht auf einem festen Fundament, von dem aus sie Zeit und Gesellschaft inspiziert. Es sieht nicht gut aus, das muss sie mit Schaudern erkennen, aber die Hoffnung lässt sie sich nicht nehmen. Sie bekennt sich zur engagierten Literatur, immerhin versteht sie sich selbst als Marxistin. Das ist zu dieser Zeit nicht mehr selbstverständlich, zumal im Jahr zuvor der Aufstand in Ungarn niedergeschlagen worden war. Vom klassischen Parteimarxismus hat sie sich in Unfrieden getrennt, das zeigt sich schon darin, wie sie
Das Salzburger Museum der Moderne Rupertinum zeigt 200 Beispiele aus
der herausragenden Sammlung Fotografis der Bank Austria, die bis in
die Frühzeit der Fotogeschichte zurückreicht.
Nein, freundlich geht es nicht zu, wenn junge Theatermacher darangehen, ein Bild von unserer Gegenwart zu entwerfen. Runterziehen lassen sie sich dennoch nicht, das geben sie uns nachdrücklich zu verstehen in ihren Produktionen, die sich im Rahmen des Young Directors Projects dem Wettbewerb um den seit 2002 von Montblanc gestifteten Preis stellen. 10.000 Euro und ein Montblanc-Füllfederhalter werden vergeben.Alle legen es darauf an, handfeste Geschichten zu erzählen. Alle sind sichtlich bemüht, den Finger an den Puls der Zeit zu legen und dafür eine Theatersprache zu finden, die aus dem
Martin Schwab im Gespräch über sich als Schauspieler, die Rolle des Theaters und die Zusammenarbeit mit Größen wie Peymann oder Zadek.Martin Schwab, 1937 in Möckmühl/Baden Württemberg geboren, debütierte 1986 am Burgtheater; seit 1987 ist er festes Ensemblemitglied, seit 2009 Ehrenmitglied. Bekannt wurde er u.a. bei den Salzburger Festspielen als Darsteller in zeitgenössischen Stücken. Er begleitete zahlreiche Uraufführungen, darunter Werke von Thomas Bernhard, Peter Handke und Elfriede Jelinek. Sein Werdegang war nicht unbedingt vorgezeichnet, viele seiner Vorfahren waren Pfarrer,
Ein Album der Gruppe "Byrds“ aus dem Jahr 1967 gibt den Titel für eine Ausstellung junger Kunst zum dreißigjährigen Jubiläum des Salzburger Museums Rupertinum: "Younger than Yesterday“. - Eine rundum gelungene, faszinierende Geburtstagsschau.Als im Februar vor dreißig Jahren das Rupertinum in Salzburg eröffnet wurde, sollte ein neues Zeitalter für die Gegenwartskunst anbrechen. Endlich gab es ein Museum, das die Sammlungen des Landes angemessen präsentieren und in Form ständig wechselnder Ausstellungen über den Stand der Gegenwartskunst informieren würde. Und die Salzburger? Sie
10.000 Euro und ein Max-Reinhardt-Pen eines Edelfeder-Herstellers winken dem Sieger des Young Directors Project. Heuer eine enttäuschende Sache.Es war kein gutes Jahr. Dabei hat die Idee etwas ungeheuer Bestechendes. Seit elf Jahren treten im Rahmen der Salzburger Festspiele junge Theaterrebellen aus der ganzen Welt auf, denen man zutraut, dass sie in Zukunft das Geschehen auf der Bühne mitgestalten werden. Der von Montblanc gestiftete Preis in der Höhe von 10.000 Euro und ein wertvoller Max-Reinhardt-Pen sichern einen guten Start. Im Vorjahr bestand die Reihe aus einer Ansammlung von
Das Salzburger Museum Rupertinum zeigt die Ausstellung "Merce Cunningham Dance Company - Fotografien einer Tanzbewegung“. So umfassend war in einem Museum das Lebenswerk des US-amerikanischen Tänzers und Choreografen noch nicht zu sehen.Er verkörperte die typische Künstlergestalt des 20. Jahrhunderts. Nie wäre es Merce Cunningham eingefallen, einen Pakt mit dem Publikum zu schließen. Dieses sollte sich gefälligst anstrengen, mit seinen Bemühungen, den Tanz zu einer absoluten Kunstform zu erheben, intellektuell mitzuhalten. Er legte es nicht darauf an, den Leuten zu gefallen, er war
Das Museum der Moderne auf dem Salzburger Mönchsberg richtet dem vor allem als Komponisten bekannten Künstler John Cage zu dessen 100. Geburtstag im September eine Ausstellung aus, die seine unkonventionelle Auffassung von Kunst deutlich macht.Als am letzten Samstag im Salzburger Museum der Moderne die große John-Cage-Schau eröffnet wurde, kam eine seiner Kompositionen zur Aufführung, ein Stück geschrieben für die weißen Tasten eines Spielzeugklaviers. Diese freiwillige Selbstbeschränkung brachte kein außerordentliches Musikereignis hervor, dem gebannt lauschend man sich gerne
Das Museum der Moderne Salzburg widmet sich zwei großen Expressionisten: Auf dem Mönchsberg sind Aquarelle und Grafiken von | Emil Nolde zu sehen, das Rupertinum präsentiert Oskar Kokoschka als Zeichner mit Arbeiten aus der Sammlung Willy Hahn.Emil Nolde war mit 46 Jahren keineswegs mehr jung, als er im Herbst 1913 zu einer Reise in die Südsee aufbrach. Das Schwärmen hatte er dennoch nicht verlernt. Er war zivilisationsmüde geworden, bei den Naturvölkern dachte er, auf das reine, unverfälschte Leben zu stoßen. Auf der Suche nach dem Urtümlichen meinte er, auf Deutsch-Neuguinea
Was mache ich eigentlich hier? Das fragte ich mich, als ich dem Theaterabend "The Dinner Club“ der schwedischen Gruppe "Poste Restante“ beiwohnte. Selten kam ich mir derart deplaciert vor wie in der Villa Karin in Salzburg, wo früher die türkische Botschaft untergebracht war. Jetzt fand hier eine Performance statt, in der ich selbst zum Akteur wurde. Ach, wenn es nur so gewesen wäre. Ich war nicht Akteur, es wurde über mich verfügt, eine eigene Meinung, eine eigene Haltung gab ich ab, als ich das Haus betrat. Ein merkwürdig steifes Personal empfing die Besucher, die in Gruppen
Das Museum der Moderne auf dem Salzburger Mönchsberg thematisiert anhand von Grafiken, Fotografien, Videos und Installationen von über achtzig Künstlern die komplexe Frage nach Identität und Ich jenseits vormoderner Gewissheiten und Zuschreibungen.Das waren noch Zeiten, als einer "Ich“ sagte, und jeder wusste, was damit gemeint ist. Es ist das Kennzeichen des naiven Zeitalters, dass es keine Trennung gibt zwischen dem, was einer in der Gesellschaft darstellt, und dem, wie er sich fühlt. Die Grenzen zwischen den Milieus, den Klassen, den Geschlechtern sind in diesem System
Das ist ein Buch für den somnambulen Leser. Der Rationalist, der Analytiker, der Systemdenker, sie alle fliegen raus. Peter Waterhouse hat keinen Begriff davon, wie es um unsere Welt bestellt ist, nie hat er die Wirklichkeit fest im Griff. Bevor er einen Satz hinschreibt, der einer Aussage gleichkommt, fallen ihm hundert, ach was, tausend Fragen ein. Es gibt keine Theorie, der er Vertrauen schenkt, kein Denkmodell, das er zu seinem eigenen machen würde, kein System, in dem er sich souverän bewegt, das wäre eine risikofreie Sache. An jeder Ecke ist doch ein Schutzpolster montiert, sodass
Die Produktion „Notre terreur“ von Sylvain Creuzevault ging heuer als Sieger beim Young Directors Project der Salzburger Festspiele hervor.„Wir fördern Charaktere“, so formuliert Thomas Oberender das Ziel des Young Directors Projects, das seit dem Jahr 2002 zum festen Bestandteil der Salzburger Festspiele zählt. Hier bekommt das junge, unabhängige, wilde Theater seine Öffentlichkeit. Nicht das Bewährte, gut Abgehangene wird aufgeführt, sondern unabhängige Theatergruppen, in denen sich möglichst der unbedingte Wille zur Freiheit bemerkbar macht, erhalten ihre Chance. Der
Claudio Magris im Gespräch über seinen Weg zur österreichischen Literatur, seine Bewunderung für den Schriftsteller Joseph Roth sowie die banal-kitschige Faszination und Glorifizierung des Bösen.Der italienische Schriftsteller und Germanist Claudio Magris begann seine Laufbahn mit einem Buch über den habsburgischen Mythos in der österreichischen Literatur.FURCHE: Kommen wir zu Ihren Anfängen. Wie kommt ein vierundzwanzigjähriger Triestiner in den frühen sechziger Jahren dazu, sich mit österreichischer Literatur und dem darin aufgehobenen Habsburger-Mythos zu beschäftigen? Hängt
Am 31. Oktober erhält Walter Kappacher den renommierten Georg-Büchner-Preis. Die Jury hat damit eine ausgesprochen gute Entscheidung getroffen.Was ist das Schlimmste, was einem Schriftsteller passieren kann? Vielleicht, dass er ein schlechtes Buch schreibt, das von der Kritik nach Strich und Faden zerrissen und von der Lesern ignoriert wird. Die Auflagenzahlen stagnieren, das Interesse der Öffentlichkeit sinkt, einer, der einmal als Talent gefeiert wurde, droht vor die Hunde zu gehen. Das ist schlimm, sehr schlimm sogar, aber es wirkt immer noch harmlos gegenüber dem, was Hugo von
Claudio Magris ist vom Geist der Unruhe heimgesucht. Das macht ihn unberechenbar und stets aufs Neue überraschend. Mit seiner Dissertation „Der Habsburger Mythos in der modernen österreichischen Literatur“ gelang es ihm 1964, die germanistische Szene mit einem Paukenschlag in Aufruhr zu versetzen. Am Werk von Stefan Zweig und Joseph Roth, von Robert Musil und Heimito von Doderer führte er den Nachweis, dass die Monarchie als Erinnerungsreservat stets lebendig blieb. Er, der sich als neugieriger Leser den Texten zuwendete, entdeckte in den Erben der versunkenen Zeit das Potenzial für
„Young Directors Project“ bei den Salzburger Festspielen: Mit konventionellem Theater hat das Projekt „You Are Here“ des niederländischen Regisseurs Dries Verhoeven wenig zu tun. Zum eigentlichen Helden seiner Performance wird das Publikum selbst. Die prominent besetzte Jury zeigte sich begeistert: Sie wählten seine Arbeit zu der besten Produktion.Wir sind eine große Solidargemeinschaft. Der niederländische Regisseur Dries Verhoeven will es so, und wir spielen alle mit. Mit konventionellem Theater hat sein Projekt „You Are Here“, im Rahmen des Young Directors Projects der
Im Rahmen des Young Directors Project bei den Salzburger Festspielen kam es zu zwei Aufführungen, die unterschiedlicher nicht hätten sein können: Viktor Bodó bringt Lewis Carrolls Kinderbuch „Alice“ auf die Bühne, „Temporary Distortion“ bedient sich amerikanischer Mythen.Die Produktionen des Young Directors Project, so ist es gedacht, sind das wilde, ungebändigte Probeforum der Salzburger Festspiele, wo Regisseure, denen die Zukunft offen stehen sollte, das Unerhörte ausprobieren dürfen. Alles ist möglich, große, überraschende Momente ebenso wie mickrig-verkorkste Ideen.
Wegen ihrer NS-Vergangenheit und der als nicht unmissverständlich kritisierten späteren Distanzierung davon blieb sie bis zuletzt umstritten. Mit ihrer tief im Katholizismus wurzelnden Literatur stellte sie sich gegen den Trend der Zeit. Zum Tod der Schriftstellerin Gertrud Fussenegger.Die Moderne ist Gertrud Fussenegger ein Leben lang fremd geblieben. Bewusst nahm sie eine Haltung ein, die sich vehement gegen die Zerstörung eines edlen Menschenbildes verwahrte. Dabei war sie keine naive Literatin, in all ihrem Schreiben ging sie mit höchstem Bewusstsein ans Werk. Sie wollte noch einmal
Er machte sich selbst und seinen Körper zum Kunstwerk: Günter Brus. Das Rupertinum in Salzburg widmet dem steirischen Künstler anlässlich seines 70. Geburtstages eine Retrospektive.Engel stammen leider vom Menschen ab." So steht es in einer Radierung aus dem Zyklus "Große Erdangst" (1982) in dünnen Lettern geschrieben. Damit ist das ganze Dilemma der Menschheit, so wie es Günter Brus sieht, definiert. Kein Heil in Sicht, nirgends. Die Welt ist ein Ort der Erdenbewohner, und damit ist es mit dem Frieden vorbei. Im Zentrum der Radierung befindet sich ein gewaltiges Tor, das, so massiv,
In den erinnerungen Julien Greens kann man weniger nachlesen, was dem Autor widerfahren ist, denn wie er zum Schriftsteller geworden ist.Seltsam, da schreibt einer Romane, die zum Düstersten gehören, was das 20. Jahrhundert hervorgebracht hat, und kaum breitet er sein eigenes Leben aus, strahlt dieses vor Glück.Dabei sind Julien Greens Erinnerungen an Kindheit und Jugend kein Werk abgeklärt-verklärten Alters. Als sie veröffentlicht wurden, war er noch keine 42 Jahre alt. Die Besetzung Frankreichs durch die Nazis nahm er zum Anlass für diese Aufzeichnungen. Er, der als Sohn
Im Furche-Exklusiv-Interview spricht der türkische Literaturnobelpreisträger Orhan Pamuk über seine schwierige Heimatstadt Istanbul, ihre Stimmen, Geräusche und ihre Humanität. Und vor allem über seinen neuen Roman "Das Museum der Unschuld", der kommende Woche auf Deutsch erscheint.Die Furche: Ihr jüngster Roman "Das Museum der Unschuld" ist eine Liebesgeschichte in Istanbul. Was unterscheidet sie von einer Liebesgeschichte in Moskau oder Wien?Orhan Pamuk: Städte formen uns, Kulturen formen uns, und bei einer Liebesgeschichte in Istanbul handelt es sich um eine Liebesgeschichte in
Eine amerikanische und eine japanische Produktion beim Young Directors Project in Salzburg mit einer fragwürdigen Preisverleihung.In Franz Kafkas "Amerika"-Roman steht Karl Rossmann an einer Straßenecke vor einem Plakat, auf dem das "Naturtheater von Oklahoma" um Akteure wirbt: "Wer Künstler werden will, melde sich! Wir sind das Theater, das jeden brauchen kann, jeden an seinem Ort! Wer sich für uns entschieden hat, den beglückwünschen wir gleich hier!" So etwas muss dem Nature Theater of Oklahoma, einer jungen Truppe aus den USA, vorgeschwebt haben, als sie daranging, sich auf Theater
Das junge Theater sucht Anleihen bei den Meistern von damals: Der Beginn des Young Directors Projects in Salzburg.Das politische Theater von heute ist das politische Theater von gestern und vorgestern. Bevor die junge Generation in die Zukunft sieht, Utopien kennt sie nämlich nicht, blickt sie zurück in die Vergangenheit. Das führt zu seltsamen Ergebnissen. Zwei davon waren im Rahmen des Young Directors Projects der Salzburger Festspiele zu sehen, das aufstrebenden Regisseuren ein Forum bietet.Mit dem Drama "Der Stein" schrieb Marius von Mayenburg ein Stück, das an jene Zeit erinnert, als
Hinter der Kulisse des Alltags wuchert der Wahn: Berta Marsés Geschichten misstrauen der Idylle, schüren den Zweifel und stellen der Gegenwart eine katastrophalen Befund aus.Diese Autorin schlägt nicht Alarm, dafür ist es zu spät, sie schlägt zu. Etwas ist faul in der Gesellschaft, deshalb kennt sie, die mit Leidenschaft im Alltag stochert, keine Nachsicht, Milde ist ihr fremd. Sie denkt, dass wir in einer erbärmlichen Welt leben, und das teilt sie uns in jeder Zeile ihrer Erzählungen mit.Berta Marsé kommt aus Barcelona, aber das darf nicht in den Schlaf der Beruhigung versetzen. Ihre