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Analyse des Falles
Von Max Hirschberg. Fischer Bücherei, 1962. Preis 2.40 DM.
Max Hirschberg scheint einer der wenigen zu sein, denen Recht etwas mehr ist als ein theoretisches Anliegen oder eine praktische Notwendigkeit. Für ihn ist Recht ein menschliches Anliegen. Seine Durchsetzung sowohl als auch seine Leugnung, der Rechtsbruch, bewegen ihn wie einen, der selbst davon betroffen ist. Zumindest aber wie einen, der einsichtigerweise stets mitbetroffen ist. Jahrelange Praxis als Verteidiger in deutschen und amerikanischen Gerichten gab ihm Gelegenheit, die Licht- und Schattenseiten strafrechtlicher Theorie und Praxis in zwei mächtigen und repräsentativen Rechtsordnungen zu studieren. Dabei konfrontiert er deren Zweck, daß nämlich Recht geschehe, mit deren oftmaligen, bedauerlichen Ergebnissen, daß nämlich Unrecht getan wird. Er geht aus von einzelnen, aktenmäßig belegten Fällen, an Hand welcher er ganz allgemein die Quellen der Fehlurteile demonstriert. Bei dieser Analyse kommt er auf eine Fülle von Ursachen, wie unkritische Bewertung von Geständnissen, Sachverständigengutachten und Zeugenaussagen, falsches Wiedererkennen, Lüge als Schuldbeweis, und anderes mehr.
Die Vorwürfe richten sich hier konkret gegen Richter und Staatsanwälte, aber auch gegen ihre Ausbildung beziehungsweise Weiterbildung. Auch das Gesetz bleibt nicht verschont, seine Mängel liefern weitere Ursachen zu Fehlurteilen. Von der Theorie nimmt er sich besonders die forensische Psychologie vor, an der er zum Beispiel den fast völligen Mangel einer Psychologie der Richter kritisiert. Brisant, aber kurz, ist am Schluß ein Teil über politische Fehlurteile. Sonst ist er bei allem gründlich und belegt seine Darstellung sowohl mit Literatur als auch mit dem praktischen Beispiel. Wenn man auch mit manchen seiner Schlüsse, mit manchen Anschauungen nicht übereinstimmen wird, so muß man doch seinem Bemühen den größten Erfolg wünschen. Denn das Buch stellt die Möglichkeiten einer gerechteren Rechtssprechung, die insbesondere die Wissenschaft anbietet, zur Diskussion. Eine solche Diskussion kann gar nicht öffentlich genug werden. Recht darf keine Angelegenheit öffentlicher Surrogate werden, es darf sich nicht in öffentlichen Ämtern, umgeben von Interesselosigkeit und höchstens gelegentlichen Leidenschaften, beschränken, sondern es muß, um nicht nur Recht zu heißen, sondern auch Recht zu sein, in der Öffentlichkeit und durch sie leben.
Christian Walderdorff
MEDITATIVE BAUKUNST. Ale/ir als 100 vorzügliche Photos und einige Zeichnungen von alten javanischen Bauten ordnet Werner Blaser unter die Begriffe „Sensibilität“ („Für den Japaner ist die Oberfläche des Hohes das gleiche wie die Haut eines Kindes.“), „Flexibilität“ („... erlaubt es, das Haus offen zu halten und den Garten vo//:'g ii den Wohnraum miteinzubeziehen, ... aber auch, den Innenraum ganz gegen die Außenwelt abzuschließen.“) und „Integration“ („Struktur und Gestalt des Raumes... fordern vom Menschen... die gleiche edle Gesinnung zurück“). Neben Bauten dienen ihm Hausgeräte und Gärten als Beispiel. (Werner Blaser: „Struktur und Gestalt in ) a p a n“, Artemis-Verlag und Verlag für Architektur, Zürich, 1963, 208 Seiten). Der Begriff „Meditation“, den Blaser nur nebenbei verwendet, sagt etwas über die Methode dieser Arbeiten, über das Verhältnis von Plan und Ausführung. Es besteht wohl eine Grundvorstellung davon, wie ein Problem zu lösen sei, aber in der Realisierung verändert und entwickelt sie sich. An Bauernhäusern ist vorzüglich gezeigt, wie klare Baugedanken auch bei weniger sorgfältiger Ausführung erhalten bleiben. Unser Bild: Der Dachstuhl des Kyoto-Palastes. Das Konzept der Ecklösung bleibt gleich; die handwerkliche Ausführung fand jedoch für jede Ecke ein anderes Detail.
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