"Es fehlt nicht an EU-Broschüren, aber das Gespräch geht ab"

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Außenminister Michael Spindelegger über die Lehren aus seiner EU-Zuhörtour, seine Vorschläge für eine bürgernahe Europäische Union und wie er den "Schwarzen Peter" nicht nach Brüssel weitergibt. Das Gespräch führte Wolfgang Machreich

Michael Spindelegger kennt die EU aus eigener Anschauung. 1995/96 gehörte er zu den ersten österreichischen EU-Abgeordneten.

Die Furche: Herr Bundesminister, Sie haben in den letzten Monaten eine "Zuhörtour" zu EU-Themen gemacht. Was haben Sie gelernt?

Michael Spindelegger: Das Gespräch über Europa ist der Schlüssel, damit die Europäische Union bei den Bürgerinnen und Bürgern besser ankommt. Es fehlt nicht an schönen EU-Broschüren, es fehlt nicht an Medienberichten über die EU, aber es fehlt der Dialog. Die Menschen wollen das direkte Gespräch. Dazu muss es uns gelingen, Gesprächspartner auf allen Ebenen - Bund, Länder, Gemeinden - anzubieten.

Die Furche: Woran denken Sie?

Spindelegger: Mir ist wichtig, dass wir das Gespräch über Europa institutionalisieren und regionalisieren. Etwa durch Europaforen als Dialog-Drehscheibe in allen Bundesländern. Die Landtagsabgeordneten sind näher am Bürger - das sollten wir nützen und auf Landtagsebene eine Plattform anbieten. Mit dem Gemeindebund gibt es Gespräche, damit wir so etwas wie einen Europa-Gemeinderat einführen. Es gibt heute Gemeinderäte für Umwelt, Jugend … - warum nicht auch für Europa?

Die Furche: Im Internet bieten Sie unter www.europafreunde.at eine überparteiliche EU-Lobby an.

Spindelegger: Das ist eine gute Grundlage, aber die gehört verbreitert. Die interessierten Bürgerinnen und Bürger brauchen europäisch informierte Gesprächspartner. Das müssen wir konsequent Stück für Stück - und nicht nur vor Wahlen - aufbauen. Ich stelle mich selbst in diesen Dienst, starte ab Herbst eine Dialog-Tour durch Österreich. Die EU-Kommission habe ich eingeladen, sich dieser Dialog-Tour anzuschließen. Alle Ebenen gehören involviert.

Die Furche: Auch die Bundesregierung selbst? - Bislang war es eher so, dass man bei ungeliebten Entscheidungen den Schwarzen Peter nach Brüssel abgegeben hat.

Spindelegger: Mag sein, dass diese Kritik da und dort stimmt. Das ist uns ja leider auch in Österreich nicht fremd: Die Gemeinden sagen auch oft, das Land hat nichts gemacht. Und das Land sagt, der Bund macht nichts.

Die Furche: Und wie auf EU-Ebene aus diesen Schuldzuschreibungen rauskommen?

Spindelegger: Meine Vorstellung ist, dass man den österreichischen Standpunkt im EU-Ministerrat deutlicher sichtbar macht. Ich zum Beispiel mache nach meinen Ratssitzungen in Brüssel ein Statement via Video - ich erkläre, was uns wichtig war, was wir eingebracht haben, wie wir abgestimmt haben und was das Ganze für Europa bewirkt … Über die Außenministeriums-Homepage ist das für alle Interessierten zugänglich.

Die Furche: Und Ihre Empfehlung für die Wahlen?

Spindelegger: Hingehen und wählen! Man kann mehr bewirken, als man glaubt. Gerade wenn die Wahlbeteiligung nicht so groß ist, zählt jede Stimme umso mehr.

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