Nußbaumer - © Foto: APA / EXPA / Sebastian Pucher

Heinz Nußbaumer wird 80: Weltgeschichte in Geschichten

19451960198020002020

Journalist, Präsidentensprecher, Brückenbauer zwischen Religionen und Kulturen: Heinz Nußbaumer, langjähriger Mitherausgeber und Kolumnist der FURCHE, wird am 16. Juli 80 Jahre alt. Eine Würdigung.

19451960198020002020

Journalist, Präsidentensprecher, Brückenbauer zwischen Religionen und Kulturen: Heinz Nußbaumer, langjähriger Mitherausgeber und Kolumnist der FURCHE, wird am 16. Juli 80 Jahre alt. Eine Würdigung.

Werbung
Werbung
Werbung

Heinz Nußbaumer gehört zu einer Art Journalist, von der es heute nicht mehr viele gibt. Für ihn war der Beruf ein lebenslanger Auftrag, in die Welt hinauszugehen – und zwar buchstäblich. Und jeder, der Nußbaumer begegnet ist, weiß, dass Journalismus nicht nur das Aufspüren, Aufbereiten und Einordnen von Fakten bedeutet. Sondern der gute Journalist ist auch ein guter Geschichtenerzähler. In Bezug auf Heinz Nußbaumer muss man hinzufügen: ein begnadeter. Nicht nur, dass er in seiner Tätigkeit Weltgeschichte miterlebt hat. Ebenso wichtig war: Er wusste und weiß davon so zu erzählen, dass dies seinen Leser(inne)n, Zuhörer(inne)n, Zuschauer(inne)n auch bewusst wurde. Vielleicht hat diesen, heute nicht immer anerkannten Aspekt des Journalismus auch die Liebe zum Orient, in den es Nußbaumer wieder und wieder hinverschlagen hat, befördert. Wer je einen Abend mit ihm verbringen durfte, weiß, wie faszinierend Weltgeschichte in erlebten Geschichten sein kann. In einem Buch wie „Meine große kleine Welt“ (2011/18) ist manches dazu nachzulesen.

FURCHE-Leserinnen und -Leser erhielten von 2008 an regelmäßig Einblick in „Nußbaumers Welt“. Die darin vermerkten welthistorischen Miniaturen reichten vom Kreml bis ins Weiße Haus, führten durch Paläste von Königen und Präsidenten, verweilten auf dem Berg Athos, umkreisten immer wieder die „Causa Waldheim“, die er aus nächster Nähe miterlebt hatte, und kamen oft und gern auf seine vier großen Vorbilder zurück: Kardinal Franz König, Heinrich Harrer, Hermann Gmeiner – und Hugo Portisch. Letzterem war er bis zu dessen letzten Lebensmomenten in tiefer Freundschaft verbunden. „Kein anderer Österreicher ist mir begegnet, für den Heimatliebe, Europa-Bewusstsein und Weltbürgertum so untrennbar zusammengehört haben wie für Dich“, schrieb er „Dem toten Freund“ im April 2021 in der FURCHE.

Schwund an Solidarität

Dass Portischs journalistisches Vermächtnis weitergegeben wird – u. a. durch den „Hugo PortischPreis“, erstmals vergeben an den ORF-Journalisten Peter Fritz –, war ihm ein Herzensanliegen. An Portischs Seite habe er gelernt, dass „mangelndes Weltwissen immer von einem Schwund an Solidarität und globalem Humanismus begleitet ist – und auch unsere Demokratiefähigkeit schwächt“. Umso leidenschaftlicher war Nußbaumers Eintreten für journalistische Kompetenz und Medienvielfalt: Bis zuletzt protestierte er gegen die Einstellung der Wiener Zeitung, die Hugo Portisch als „Weltkulturerbe“ bewahren wollte.

Auch die FURCHE hat er nach Kräften unterstützt: Nicht nur mit seinen Kolumnen und Texten, sondern auch mit seinem tatkräftigen Einsatz auf FURCHE-Leser(innen)reisen – sowie seinem unermüdlichen Werben für diesen Solitär in der österreichischen Medienlandschaft. Seit 1945 sei diese Zeitung „ihrem Auftrag treu geblieben, das Bleibende und Versöhnende, das Solidarische und Existenzielle atmen zu lassen“, schrieb Nußbaumer bei seinem Abschied als Herausgeber und regelmäßiger Kolumnist im Februar dieses Jahres. Sie habe „Samenkörner des Anstands, der Weltoffenheit und Empathie in die Furchen unserer Republik gelegt“.

Herausgeber im Ehrenamt

Dass dies möglich war und ist, verdanken wir wesentlich auch ihm. 2003 hat Heinz Nußbaumer nach seiner Karriere als weitgereister Kurier-Journalist und Berater sowie Sprecher von Kurt Waldheim und Thomas Klestil Neuland betreten, als er – auf Einladung von Geschäftsführerin Gerda Schaffelhofer und gemeinsam mit Wilfried Stadler – das Ehrenamt des FURCHE-Herausgebers übernahm. Wie diese Schnittstelle zwischen der verlegerischen Geschäftsführung und der journalistischen Redaktion ausgeübt wird, liegt stets im persönlichen Ermessen. Heinz Nußbaumer wusste aus eigener Erfahrung, wie lähmend Begehrlichkeiten – seien sie politischer oder ideologischer Natur – für journalistische Arbeit sein können. Journalismus muss Mächtigen auch wehtun, wenn er seiner Aufgabe nachkommt. Von daher ist es notwendig, einer Redaktion den Rücken freizuhalten.

Genau das hat die FURCHE-Redaktion in den 20 Jahren ihres Herausgebers Heinz Nußbaumer erfahren. Manchmal hat er uns wissen lassen, dass es solche Versuche der Einflussnahme gegeben hat, meistens wohl nicht. Die Redaktion dankt ihm dieses Engagement bis heute.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung