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JOSEF HERMANN DUFHUES / EIN MINISTER GEHT IN DIE POLITIK

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Daß ein Politiker die Parteiarbeit nur als Durchgangsstadium und Sprungbrett für eine Karriere in Regierung und Verwaltung ansieht, ist heute besonders in unseren Breiten durchaus üblich. Je höher er sich hinaufturnt, desto olympisch-kühler pflegt er auf den schmutzigen Tageskampf herabzu-blicken. Der umgekehrte Weg ist seltener.

Der Westfale Josef Hermann Dufhues ist dabei, ihn sehr konsequent zu gehen. Wenn nicht im letzten Augenblick gewisse

Gruppen der Christlich-Demokratischen Union Deutschlands, denen diese große Sammelpartei in ihrem jetzigen diffus-bequemen Zustand aus durchsichtigen Gründen ganz recht ist, seine Wahl zu verhindern vermögen, dann wird er auf dem Parteitag dieses Frühsommers zum geschäftsführenden Obmann der CDU gewählt werden. Er wird seinen Schreibtisch im Düsseldorfer Innenministerium räumen und in das nicht eben repräsentative Parteihaus in der Nassestraße zu Bonn einziehen. Mit einem Wort des guten Kaisers Franz an den auf seine patriotischen Verse pochenden Dichter Collin zu sprechen: „Niemand schafft ihm das an!“

Niemand hat schon Anno 1945 dem als Oberleutnant aus dem Krieg heimgekehrten, damals noch nicht einmal vierzigjährigen Juristen, dem die Anwalts- wie die Richterkarriere offenstand, „geschafft“, politische Arbeit und Verantwortung zu übernehmen. Finanzielle Gründe waren es kaum: denn er hatte, nachdem die Bomben Kanzlei und Wohnung in Berlin zerstört hatten, im Zentrum des hochindustriellen Ruhrgebiets, in Bochum, eine Advokatur, die ihren Mann nicht nur ernährte, sondern sehr schnell auch zu wirtschaftlichem Einfluß brachte. Ehrgeiz? Warum sollte ihn dieser sicher und ruhig Schritt für Schritt setzende Westfale nicht haben? Aber der von vielen angetretene atemlose Wettlauf nach Bonn in die Hofluft der Adenauerischen Residenz reizte ihn nicht. Er blieb in der Landespolitk jenes neuen viel-gesichtigen Staatswesens Nordrhein-Westfalen, das der deutsche Publizist Wolfram Köhler in seiner großen Monographie „Land im Schmelztiegel“ genannt hatte. Auch in der CDU interessierten Ihn die repräsentativen Amter ebensowenig wie die der stets reisebereiten, wortreichen Kongressisten und Spesen-Europäer. Sein Feld war zunächst einmal die „Junge Union“. Alles andere ist diese freilich eher als eine Jugendbewegung mit Fahne und Heimabend, die man da und dort in ähnlichen Parteien „aufzog“. Dort wurde ohne lästige Honoratioren offenherzig und hart debattiert und im Ernstfall — wie etwa bei den Bundestagswahlen oder in der Abwehr kommunistischer Tarnveranstaltungen im Industrierevier — auch zielsicher gehandelt.

Mit der Untergrundtätigkeii der verbotenen KPD hatte es Dufhues auch als Innenminister zu tun. Er hat gezeigt, daß mit ihm nicht zu spaßen ist. Aber er ist weit davon entfernt, sich zum Polizeiminister abstempeln zu lassen, wie das manche seiner Gegner, denen der wortkarge Westfale zu wenig „verbiud-lidt“ erscheint, versuchten.

Der Kampf gegen den Kommunismus ist für ihn nicht nur eine Sache der Exekutive. Man muß ihm.

auch wenn er zur Stunde in der westdeutschen Wohlstandsgesellschaft fast jede Anziehungskraft verloren hat, ein lebenststarkes Gegenbild, eine politische Alternative gegenüberstellen, die nicht nur auf der Praxis des Wirtschaftswunders beruht. Eine demokratische, gegenwartsnahe Partei mit unverrückbarem, weltanschaulichem Fundament scheint ihm für diese Aufgabe der einzige, heute mögliche Rahmen zu sein. Deshalb sein Interesse an der CDU, seine Bereitschaft, ihr die vor ihm liegenden besten, reifen Mannesjahre — Dufhues ist heute vierundfünfzig — zu widmen.

Er weiß aber auch, daß diese durch den Wählerentscheid zur führenden gemachte Partei eine über ihren Interessenhorizont hinausgehende staatspolitische Aufgabe zu erfüllen haben wird: dem deutschen Volk die Wahrheit zu sagen, ihm auch dann, wenn Adenauer nicht mehr sein sollte, mit der Nüchternheit des „Alten“ klaren Wein einzuschenken und damit dem hektischen Treiben der da und dort laut werdenden Demagogen, die auf eine mögliche Krise als „große Chance“ warten, entgegenzuwirken. Mühsame, unbe-dankte und noch gar nicht ganz übersehbare Aufgaben warten auf ihn.

Er hat sie selbst gesucht.

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