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Poesie mit dem Pinsel

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Was durch Generationen sorgsam gehüteter Schatz japanischer Privatsammlungen war, unentdeckt von der Kunstgeschichte und nur einer kleinen Gemeinde von Sachverständigen und Liebhabern bekannt, findet zur Zeit im Oesterreichischen Museum für a n g e w andte Kunst — zum erstenmal in Europa — einen selten eindrucksvollen Weg. ins Bewußtsein-der Oeffentlichkeit: Die Malerei des Zen-Buddhismus in Japan. Graphik mag man es nennen, das Wort Karikatur drängt sich einem auf, Ausdrucksbilder würden wir sagen, Sinnbilder, gemalte Aphorismen, mit spontanem Pinselstrich unmittelbar in unser Bewußtsein drängende Abstraktion — und das alles kommt diesen Meisterwerken — Wurzel und Ursprung aller ostasiatischen Tuschmalerei — sehr nahe, vermag aber nur sehr unvollkommen jenen Hauch von Poesie anzudeuten, der über den Blättern lagert. Da ist eine Stille, eine Harmonie der Andeutung, der Ausgeglichenheit und der gläubigen künstlerischen Erleuchtung, die nur einiger weniger Striche, der geringfügigsten Andeutung bedarf, da sind dynamische, spontane, in Ständiger Bewegung fließende Charakterisierungen des offenkundig Menschlichen, das von der ausdrucksstarken Darstellung ins Symbolhafte entweicht: sei’s in die Entrückung subtiler Imagination, sei’s in die herbe Groteske, von der die „Z e n g a"-Kunst die prachtvollsten Beispiele der malerischen Klassik liefert.

Die Ausstellung zeigt Blätter aus der Hochblüte der Zenga-Malerei vom 16. bis zum 19. Jahrhundert. Sie umfaßt neben den Altmeisterwerken des zarten, hauchartigen Takuan Soho (1573 bis 1654), des flüchtig - symbolisch - gegenständlichen Ungo Kiyo (1582 bis 1659) und kräftig, flächig arbeitenden Isshi Bunshu (1608 bis 1646) Porträts, Landschaften und Figuren der namhaftesten Vertreter der Zen- Kultür: Toreji Enjis sanfte Abstraktionen (1721 bis 1792) und die erzählerischen Motive Siuo Eibokus (1716 bis 1789) kontrastieren zu der drastischen, gewaltigen, gewalttätigen Vortragskunst von Hakuin Ekaku (168 5 bis 1768) und dem skurrilen, barocken Witz von Sengai Gibon (1750 bis 1837).

Im Foyer des Koa.zerthauses hängen satirische Zeichnungen von Ernst Haupt-Stummer. Daran ist nichts mehr zu ändern. Da ist nur zu fragen, nach welchen Gesichtspunkten diese altmodisch manirierten Federzeichnungen, die eine Art deutschtümelnden Bierkneipenhumors verbreiten, wie er in den dreißiger Jahren „modern“ gewesen sein mag, wohl ausgewählt worden sind. Ob die Plumpheit maßgebend war, der derbe, kraftmeierische Witz und die gewalttätige Situationskomik? Oder war es der glatte, biedermännisch-akademische Vortrag, der die Charakterisierung des Gesichtes nicht im entferntesten beherrscht? Die gute Karikatur zeichnet sich durch das Funkeln einer subtilen Ironie, aber auch durch jenen entwaffnenden Charme aus, der sich fallweise auch unbeschadet in die Nähe heikler Themen begeben kann. Den Zeichnungen Emst Haupt-Stummers ist nichts davon anzumerken.

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