Der Krisenberater - eine österreichische Erzählung

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Am 1. Jänner trat das Bundes-Krisensicherheitsgesetz in Kraft. Doch ohne die Regelung der Bund-Länder-Schnittstelle ist es im Ernstfall eine Katastrophe in sich. Ein Gastkommentar.

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Am 1. Jänner trat das Bundes-Krisensicherheitsgesetz in Kraft. Doch ohne die Regelung der Bund-Länder-Schnittstelle ist es im Ernstfall eine Katastrophe in sich. Ein Gastkommentar.

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Wieder beginnt ein neues Jahr, und wieder ist Österreichs Regierung auf der Suche nach neuen Beratern, die sich wie Don Quijote auf den Weg machen, um das Unlösbare zu lösen. Kein Wunder in Anbetracht der Krisen, die sich nach der Pandemie nun wieder kriegerischen Auseinandersetzungen zuwenden: Das afghanische „Vietnam II“ im August 2021, die russische Invasion in der Ukraine 2022 und der jüngste Ausbruch des Hamas-Israel-Kriegs gehören nicht nur für den scharfen geopolitischen Analysten Herfried Münkler zu den größten Herausforderungen: „Die Welt ist in Aufruhr“, konstatiert er.

Wir leben in einer Ära geopolitischer Verschiebungen, der Multipolarität und des Wettbewerbs der Weltordnungen. Die Polarisierung nimmt zu, Freiräume schließen sich, und Menschenrechte werden weltweit ausgehöhlt. Laut einer Studie von IDEA Stockholm aus dem Jahr 2023 leben bereits 72 Prozent der Weltbevölkerung in autokratischen Systemen, verglichen mit 46 Prozent vor zehn Jahren. Das schafft auch Platz für disruptive Aspekte in den sozialen Medien: mit ultra­crepidarianism (so nennt man es, wenn Personen kritisieren, beurteilen oder Rat geben auf einem Gebiet, auf denen sie keine Experten sind), mit dem Zusammenbruch unserer traditionellen Geschäftsmodelle für freie Information, der Verbreitung von Falsch- und Fehlinformationen, der Vereinnahmung der Medien durch staatliche Behörden und große Tech-Cluster sowie subtilen Formen von Autoritarismus. All das lässt Vertrauen schwinden.

Heikle Umsetzungsphase

Aber ohne Information keine Handlungs­fähigkeit, geschweige denn Krisenbewältigung. Kommen wir also zum Thema: Bereits am 8. November 2022 hat die Regierung den Entwurf eines neues Bundes-Krisensicherheits­gesetzes (B-KSG) vorgestellt. Gegenstand: der Krisenfall. Unscharf, aber anwendungsfreundlich beschrieben: eine Gefahr außergewöhnlichen Ausmaßes für Leben und Gesundheit, öffentliche Ordnung, Sicherheit, Umwelt oder das wirtschaftliche Wohl, deren Abwehr dringend erforderlich ist. Mehr als zwei Jahre später, am 1. Jänner 2024, trat das Gesetz in Kraft. Am 8. Jänner endete die Bewerbungsfrist für die Funktion des Regierungsberaters, der Regierungsberaterin – kaum bemerkt von der Öffentlichkeit und wohl noch mit einem Fragezeichen zum Zeitpunkt der tatsächlichen Besetzung versehen. Gleichzeitig ist die geplante Diskussion des Entwurfs einer neuen Österreichischen Sicherheitsstrategie im Parlament am 26. Jänner geplatzt. Wie lang war es doch gleich bis zu den Wahlen?

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