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Spanische Religionsfreiheit

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Im Madrider Ständeparlament sind die Ausschußberatungen über das Gesetz zum Schutze der religiösen Freiheit in Spanien abgeschlossen worden. Die Cortes werden- nun in ihrer nächsten Sitzungsperiode, noch vor Beginn des Sommers, endgültig über den Entwurf der Regierung und die Abänderungsanträge, deren Zahl weit über zweihundert beträgt, zu entscheiden haben. Alles deutet jedoch darauf hin, daß die Veränderungen, die das Parlament vornimmt, nur relativ gering sein werden und die Regierungsvorlage in ihren Grundlinien ohne wesentliche Eingriffe zur Annahme kommen wird.

Nach Jahren der innenpolitischen Machtkämpfe um das in Spanien seit jeher umstrittene Problem der religiösen Einheit des Landes, werden die nichtkatholischen Glaubensgemeinschaften hinter den Pyrenäen damit volle staatsrechtliche Legitimität und den Schutz des Gesetzes erhalten. Sie werden, was ihnen zwar hier und dort stillschweigend gestattet, jedoch formell verwehrt war, Besitz haben, Schulen einrichten, aktive Sozialhilfe betreiben und ihren Seelsorgemachwuchs ausbilden dürfen. Ihre Gottesdienste werden öffentlich angekündigt werden können und ihre religiöse Arbeit wird nicht mehr ausschließlich auf das Innere ihrer Kirchen und Kapellen beschränkt bleiben.

Allerdings wird diese neue Freiheit Einschränkungen und Bedingungen unterworfen werden. Das Gesetz sieht vor, daß die nichtkatholischen Kirchen einer neugeschaffenen Behörde über ihren Besitz und ihr Einkommen Rechenschaft abzulegen haben. Die Zahl der Studierenden auf Ihren Seminaren soll in großen Linien ihrem Mitgliederstand angepaßt werden und ihre Missionstätigkeit wird davon abhängig gemacht, daß sie weder die Gefühle der katholischen Mehrheit des Landes tatsächlich verletzt noch Störungen der öffentlichen Ruhe und Ordnung auslöst. Aber auch mit solchen Begrenzungen und Einschränkungen stellt das Gesetz nicht nur einen entscheidenden Fortschritt, sondern eine grundlegende Umgestaltung im religiösen und damit gleichzeitig im geistigen Leben Spaniens dar.

Diese Entwicklungen sind nicht ohne Überwindung starker Widerstände möglich gewesen. Die Resistenz gegen das neue Gesetz kam und kommt dabei weit weniger aus der Kirche selbst als aus den politisch autoritären Gruppen des Regimes, die in der religiösen Geschlossenheit des Landes eine Garantie für seine politische Einheit sehen. Man muß sich dabei vergegenwärtigen, daß Spanien kein kultureller Nationalstaat wie die Mehrheit der anderen europäischen Länder ist. In seinen Grenzen werden vier Sprachen gesprochen, und vier Volksgruppen und Kulturen sind unter einer Flagge zusammengeschlossen. Was sie verbindet, sind Gesetze geographischer, strategischer und wirtschaftlicher Qemeiiusamkeiit, die allerdings durch die modernen Entwicklungen so stark geworden sind, daß jeder Separatismus Selbstmord bedeuten würde.

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