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Ein Präsident im Stile Figaros?
Was kann (sollte) unser Herr Bundespräsident mehr tun, als uns Österreicher nach außen zu repräsentieren? Wer wollte gegen diese Aktivität ernstlich etwas einzuwenden haben? Nach den sechs finsteren Jahren, in denen das Bild, das wir so gerne „der Welt” von uns zeichnen und vorhalten, Grautöne und Risse bekommen hat, muß seit nun 15 Monaten ein selbstbewußter Thomas Klestil nicht mehr den Blick vor dem erhobenen Zeigefinger „des Westens” senken wie sein Vorgänger.
Klestil wird aller menschlichen Voraussicht nach noch elf Jahre an der Spitze des Staates agieren - eine zweite Amtsperiode darf vom gegenwärtigen Standpunkt aus als sehr wahrscheinlich angenommen werden. Das heißt: mit ihm hätte Österreich - anders als mit den Regierungen - einen bedeutenden Faktor der Stabilität und Kontinuität.
Aber Klestil will außenpolitisch - nur dem Volk, das ihn direkt wählte, verantwortlich - selbständig agieren. Die Verfassung gibt ihm da einen Spielraum, den es auszufüllen gilt. Die Frage ist aber auch, wie die Rolle des Bundespräsidenten in einem Fünf parteiensystem - trotz der jetzt durch eine Gallup-Umfrage erneut bestätigten Akzeptanz der großen Koalition durch eben dieses Volk - innenpolitisch über appellative Äußerungen hinaus gestaltet werden kann.
Marschiert Österreich realpolitisch in Richtung präsidentiale Republik? Oder ist es nur das Image des gegenwärtigen Präsidenten, das es so erscheinen läßt? Die vermeintliche Dynamik, die zu vielen Zwischenrufen in der Tagespolitik verleitet, könnte in eine Amtsführung nach dem Stile Figaros - Figaro da, Figaro dort - abgleiten, die nicht mehr ernst genommen wird.
Eine inhaltlich klare politische Linie Klestils ist ja noch nicht so deutlich erkennbar: innen- und außenpolitische Fragen wie Sozialprobleme, Ausländerbehandlung, Arbeitslosigkeit, desgleichen Österreichs EG-Kurs und künftige Neutralitätspolitik - um nur einige zu nennen - lassen sich nicht in Seitenblicke-Manier abhandeln. Auch ein populistisches Schielen nach dem Willen des Volkes - zugegeben, es hört sich gut an, vom Staatschef immer bestätigt zu bekommen, er fühle sich nur ihm verpflichtet - wird Österreich nicht weiterhelfen.
Es wäre schädlich - gerade in der gegenwärtigen Entscheidungssituation Österreichs - , würde ein Bundespräsident durch seine Äußerungen die allgemeine Politik- und Politikerverdrossenheit anheizen, gleichzeitig sich selbst aber als starken Ombudsmann gegen Regierung und Parlament anbieten. Bis jetzt ist es nur die Optik, aber Klestil macht mit der Optik Politik.
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