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Freud und Leid mit den Präsidentschafts-Kandidaten

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Nichts liegt einem Journalisten bekanntlich femer als Eitelkeit. Aber gibt es außer meiner ironischen Empfehlung von früher - nämlich gleich Jörg Haider aufzustellen - irgendeine andere Erklärung dafür, daß blitzartig gleich drei Präsidentschafts-Kandidaten wie Kaninchen aus dem Hut gezaubert werden?

Doch Schluß mit dem Spott über ein scheinbar ungeliebtes Amt und seine so schnell vermehrten Kandidaten - vom blauen Hasen der FPÖ über'den roten Land-Streicher der SPÖ bis zum schwarzen Kleb-Stil der brüchigen ÖVP! Sobald die Herrschaften für das höchste Amt im Staate kandidieren und sich nichts Unfeines oder Undemokratisches zuschulden kommen lassen, sind sie auch vom Ausland zu respektieren. Aber die gröbsten Fouls im Wahlkampf werden ohnehin meist von übereifrigen Wahlhelfern mit Femschüssen aus den hinteren Reihen begangen.

Schade ist es eigentlich nur, daß in diesem Farbenspektrum der österreichischen Parteien jetzt nur die Grünen fehlen. Sollte denn ausgerechnet das Staatsoberhaupt keiner alternativen Interpretation der Amtsführung bedürfen? Wieso hat sich eigentlich Frau Meißner-Blau schon nach nur einem vergeblichen Anlauf entmutigen lassen? Gegen den kühlen Industriemanager Streicher hätte sie mit ihrem heißen Herzen für die österreichische Demokratie doch gar keine schlechten Chancen!

Wir in Deutschland haben zwar noch bis 1994 einen Bundespräsidenten, doch auch um ihn gibt es mehrere Diskussionen. Die einen denken bereits jetzt laut über mögliche Nachfolge-Kandidaten nach, was gegenüber dem Amtsträger nicht gerade sehr taktvoll ist. Die anderen kritisieren den Bundespräsidenten, weil er sich in letzter Zeit mehrmals deutlich zum Problem der massenweisen Asylbewerber geäußert hat.

Die demokratiepolitischen Fragen dabei lauten: Darf sich der Bundespräsident in tagespolitische Themen zugunsten dieser oder jener Parteien einmischen und wenn ja, darf dann die andere Partei sich auch kräftig dagegen wehren und sagen, daß der Bundespräsident ihrer Meinung nach von den Problemen in der Praxis keine Ahnung hat und deshalb dazu Unsinn verzapft?

Die Frage wurde bei uns in strenger und gerechter deutscher Interpretation der Verfassung so ausgelegt: Die Führungsspitzen der SPD und FDP, die sich vom Bundespräsidenten - im Gegensatz zur eigenen Parteibasis - in ihrer politischen Taktik bestätigt fühlen, sind entschieden der Meinung, daß der Bundespräsident nicht nur das Recht sondern sogar die Pflicht hat sich in den Parteienstreit einzumischen.

Die Union, aus der Weizsäcker kommt und der deshalb seine Profilierungssuche bei der Linken gewaltig braucht, ist dagegen ganz anderer Meinung, er solle sich nämlich raushalten oder zurücktreten. Da seht Ihr Österreicher jedenfalls einmal, daß ein Bundespräsident immer Probleme schafft - ob man so einen hat oder gar keinen.

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