6820490-1973_33_05.jpg
Digital In Arbeit

Für ein paar Narren

Werbung
Werbung
Werbung

Obwohl die letzten Kärntner Wahlgänge noch in unmittelbarer Erinnerung sind, bereiten sich die Parteispitzen aus dem Süden schon wieder auf einen kommenden Urnengang vor: Auf die spätestens im Frühjahr 1975 fälligen Landtagswahlen. Unterschiedlich ist freilich die Art und Weise der Vorbereitungen. Während sich die SPÖ bemüht, ihren Hans Sima endgültig in die Versenkung zu schicken, um dessen programmierten Nachfolger Leopold Wagner frühzeitig im vollen Glanz präsentieren zu können, suchen die beiden Minderheitsparteien FPÖ und ÖVP noch nach Personen und Wegen.

Personelle Umschichtungen könnte es vor allem auch bei der FPÖ geben, die durch ihre Ortstafelpolitik bei den letzten Gemeinderatswahlen voll in den großen braunen Bereich des Sonnenlandes getroffen hat. Doch trotz dieses Wahlerfolges hielt sich parteiintern die Meinung, daß man die Landtagswahlen mit einen neuen Spitzenkandidaten führen müßte. Die Ansicht des derzeitigen Parteichefs und Bürgermeisters von Feldkirchen (wo die Geschichte verbreitet wird, man würde den Bürgermeister an den Tisch geschickt bekommen, sobald man in einem Lokal einen „kleinen Braunen“ bestellt, zumal in erster Linie die Körpergröße von etwa 1,60 Meter den Betroffenen vom Verdacht entbindet, ein SS-Mann gewesen zu sein), Oskar Huber, er werde die Landtagsliste von Scrincis Leibstandarte anführen, wird von dessen Parteifreunden mit einem müden Lächeln quittiert. Man rechnet in Kärnten allgemein damit, daß Huber noch in diesem Herbst bei einem außerordentlichen Landesparteitag eines Besseren belehrt werden soll.

Bei der Kärntner ÖVP dürfte die Frage nach dem Spitzenmann geklärt sein. Wenngleich es von der Basis großes Unbehagen zu vermelden gibt, scheint die Führerrolle von LHStv. Herbert Bacher in den Spitzengremien nicht ernstlich in Frage gestellt zu werden. Wenn die Kärntner Volkspartei auch relativ erfolglos funktioniert — die Ausschaltung der Basismeinung durch die Spitzengremien klappt seit der (erst 1970 an Bacher übergegangenen) Obmannschaft Karl Schleinzers angeblich vorzüglich.

Die Probleme der ÖVP hinsichtlich der Landtagswahlen liegen daher auch an einem anderen Punkt: man versucht neue Wählerkreise anzukei-len. Ein Erfolgsrezept scheint schon gefunden worden zu sein. Unüberseh- und hörbar setzten sich die Schwarzmacher auf die Spur des gesunden Volksempfindens. Dabei verrieten sie sogar einen Sinn für Aktualität, als man jene „alternativen Lebensformen“ unter die Leute brachte, die (allerdings von der anderen Seite her) das „Musikforum“ in Viktring erarbeiten wollte.

Der erste Konflikt zwischen den „Musikforum“-Veranstaltern und dem „Musikforum“-Totengräber Fritz Gulda war noch nicht ausgestanden, als Bacher bereits vor Parteijugendlichen die Stimme erhob und die nach Viktring überwiesenen Landessubventionsmillionen wiederhaben wollte, da dieses Geld dort nur „für ein paar Narren“ (wie es der Berichterstatter der „Kleinen Zeitung“ notierte) verwendet würde.

Nachdem die ÖVP einmal entdeckt hatte, daß sie auf ihrem schwächsten Gebiet, der Kulturpolitik, am eindruckvollsten rechten Stammesgeist demonstrieren kann, blieben auch gleich alle am Ball. Bacher selbst, der noch vor zwei Jahren (offenbar in einem Stadium opportunistischer Verunsicherung) beim Musikforum in Ossiach den liberalen Weltmann hervorkehrte, indem er eine Diskriminierung von Langhaarigen ausdrücklich nicht befürwortete, zeigte schon wenige Tage später abermals alternative Lebensformen auf: das bislang dem Musikforum zugeflossene Geld solle für Blasmusiker und Trachtenträger verwendet werden, postulierte er markig.

Für die ÖVP wenigstens wird das diesjährige Musikforum also sicherlich ein Erfolg gewesen sein und Gulda kam unversehens in die Rolle des VP-Wahlhelfers. Wieviel diese Wahlhilfe helfen wird, muß freilich abgewartet werden.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung