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Hoffnungsbund

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Das Comeback der großen Koalition samt historischem Hintergrund schildert Otmar Lahodynsky in dem dieser Tage erschienenen Buch „Der Proporzakt“ (Ueber- reuter-Verlag). Bei der Lektüre fiel mir eine gewisse Ahnungslosigkeit in den Passagen auf, die sich mit dem ideologischen Profil der OVP befassen. Das ist aber, so vermute ich, nicht so sehr Schuld des jungen Autors, sondern eine Konsequenz der Tatsache, daß die Volkspartei ihre ideologischen Wurzeln ziemlich unbekümmert verdorren läßt.

Lahodynsky erweckt den Eindruck, als habe die OVP nach ihrer Gründung im Jahre 1945 verzweifelt nach irgendeiner Ideologie gesucht und sei dabei auf den etwas obskuren und exotischen Begriff .ßolidaris- mus“ verfallen. Kein Wort davon, daß das die Bezeichnung ist, die der Jesuit und Nationalökonom Heinrich Pesch (1854-1926) gewählt hatte, um damit die Katholische Soziallehre zu benennen.

Namen wie Karl Kummer oder Karl Lugmayer, die maßgeblich am wirklich revolutionären Programm des OAAB im Jahr 1946 mitgearbeitet hatten, sind, trotz des noch existierenden Kummer-Institutes, heute in der breiten Schicht des Parteivolkes vergessen. Damit rückte auch der sozialreformatorische Anspruch in den Hintergrund. In der Programmatik taucht er zwar noch auf, in der politischen Praxis aber spielt er kaum noch eine Rolle. Der ideologische Kompromiß zwischen Wirtschaftsliberalismus und Katholischer Soziallehre hat die OVP in der Sozialpartnerschaft in die Rolle des Arbeitgeberexponenten gedrängt, und die Volkspartei hat nie Ernsthaftes unternommen, aus diesem Eck herauszukommen.

Die Zeiten haben sich eben geändert: Sehr früh schon gab es einen „Klub der ÖVP- Direktoren in der verstaatlichten Industrie“ (hauptsächlich OAAB-Mitglieder) und Josef Taus, einer der hoffnungsvollsten Karl Kummer-Schüler, wurde Industriemanager. Die Chefs des OAAB, ob auf Bundesebene oder in den Ländern, waren auch nicht immer der Typus des dynamischen Arbeitnehmervertreters.

Der OAAB wurde immer als ,.Hoffnungsbund“ der Volkspartei bezeichnet. Und das ist er bis heute auch geblieben. Allerdings sind die Hoffnungen auf ein Minimum gesunken, daß er die in ihn gesetzten Erwartungen eines Tages auch erfüllen könnte.

Der Name des derzeitigen OAAB-Obmannes ist vor allem als der des Verteidigungsministers bekannt, und ganz ist der Eindruck nicht von der Hand zu weisen, daß die OVP den Weg zur Mittelpartei schon seit längerem eingeschlagen hat.

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