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Mock nach Afrika
Außenminister Alois Mock fahrt nach Afrika: Eine Neuordnung der österreichischen Entwicklungshilfepolitik ist im Werden. Sie ist überfällig.
Daß wir voriges Jahr statt der vom UN-Entvoicklungs-hilfeausschuß geforderten 0,7 Prozent des Wertes aller in Osterreich erzeugten Güter und Dienstleistungen nur 0^8 Prozent als öffentliche Entwicklungshilfe leisteten und damit OECD-Schlußlicht sind, ist oft genug beklagt worden.
70 Prozent unserer Leistungen sind „inlandswirksam“, heißt: nützen uns selbst mehr als den Unterstützten. Solch knausrige Tölpelschläue versperrt uns jede EG-Tür.
Aber die Neuordnung der Entwicklungspolitik ist nicht nur aus österreichischer Schuld notwendig, sondern weil weltweit die Erkenntnis dämmert, daß wir in der Vergangenheit vieles falsch gemacht haben: durch Forderung unsinniger Industrialisierung, Mithilfe an der Umweltverwüstung in der Dritten Welt, Mißachtung der geistigen und kulturellen Eigenständigkeit anderer Völker, Zerstörung gewachsener Strukturen. Die Sündenliste der „Geberländer“ ist auch im nachkolonialen Zeitalter lang.
Heute wissen loir: Wir müssen zuerst den Zugang zur Seele eines Volkes und dann erst zu seinen materiellen Bedürfnissen suchen. Wir müssen hinhören und selber lernen, ehe wir andere belehren. Projekte, die eine Regierung in Afrika oder Lateinamerika betreibt, nützen oft nur der Regierung, aber keineswegs dem Volk. Wie aber durch Projektförderung dem Volk helfen, ohne gleichzeitig das Verbot der Einmischung in innere Angelegenheiten zu verletzen?
So viele Fragen wie Probleme. Erst wenn solche Voraussetzungen geklärt sind, kann man zum Konkreten kommen: Soll die öffentliche Hilfe vor allem den an der Schwelle zur Industrialisierung stehenden Ländern zugute kommen (was der Beirat der Sozialpartner empfiehlt) oder besonders den ärmsten der armen Völker (was die SPO verlangt)? Oder können wir (was am schönsten wäre) das eine tun und das andere nicht lassen? Welche geografischen und fachlichen Schwerpunkte unserer Hilfe (besser: Entwicklungszusammenarbeit) bieten sich an?
Neue Wörter allein ändern noch nichts. Eine neue Gesinnung ist fällig. Freilich: viel mehr noch bei den Regierenden als beim Volk.
1988 bejahten 77 Prozent der Osterreicherinnen und Österreicher Entwicklungshilfe, nur 22 Prozent waren entschieden dagegen. Bei den Politikern dürfte das Verhältnis umgekehrt sein.
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